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Die Hueterin der Geheimnisse

Die Hueterin der Geheimnisse

Titel: Die Hueterin der Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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dahingemetzelt worden waren, in
dem Dunkel jenseits des Grabes verblieben waren und Rache herbeigesehnt hatten. Er würde sie ihnen verschaffen, in vollem Maße und im Überfluss. Sie würden sich ihr Recht zurückholen, und das Land würde unter seinen rechtmäßigen Besitzern aufblühen. Die Menschen des alten Blutes - seines Blutes - würden wieder in Freiheit leben, und er würde dafür verantwortlich sein.
    Um die Geister der Toten zum Leben zu erwecken, musste er ihre Namen kennen. Für den Fall, dass er die Namen der Toten nicht durch seine seherischen Fähigkeiten erkennen würde, hatte er den Schädel des Mannes namens Owl aus Spritford mitgebracht. Aber das war gar nicht notwendig. Er spürte die Gegenwart der Geister schon und war davon überzeugt, dass sie reagieren würden, wenn er eine Litanei von Wanderernamen vortrug.
    Nichtsdestotrotz legte er Owls Schädel in den Eingang der Höhle. Der Mann verdiente es, vom Tod abberufen zu werden, und er war ein guter Anführer. Saker verkündete die Namen mit Freude: »Ich strebe Gerechtigkeit an für Owl, Juniper, Maize« - er dachte kurz an seine Tante Maize, die von einem Gefolgsmann des Kriegsherrn erschlagen worden war -, »Oak, Sand, Cliff, Tern, Eagle, Cormorant …« So nah am Meer gab es viele Namen von Meeresvögeln und sogar Fischen: Dolphin, Cod, Herring …
    Fast jeder Namen löste jenen leisen Ruck in seinem Körper aus, der bedeutete, dass jemand, der diesen Namen trug, hier begraben lag. Und bei einem von zehn trat ihm ein Bild dazu vor Augen: Männer, Frauen, Großmütter, Großväter jeden Alters und jeder Verfassung, die alle nur eines gemeinsam hatten, nämlich hier zu sein und wütend zu sein. Sie alle waren als Geister bereit dazu, Rache für ihren Tod zu üben. Es war Neumond, und er hatte kein Licht benutzt; für die Bewohner der Stadt, die unterhalb des Platzes der Erweckung
der Geister lag, würden diese nicht zu sehen sein. Die Backsteinhäuser der Hafenstadt sahen beeindruckender aus, als sie es tatsächlich waren. Sie würden über die schlafenden Eindringlinge herfallen, bevor diese begriffen, was geschah.
    »Ich strebe Gerechtigkeit an für Oak und Sand und Herring und alle ihre Kameraden.«
    Saker legte eine Pause ein. Er spürte ihre Wut, das Verlangen nach Rache, das sich unter ihm zusammenbraute, hier auf der Anhöhe oberhalb des Hafens. Diese Wut war gefährlich, für ihn genauso wie für die Eindringlinge. Er erinnerte sich daran, wie die Geister von Spritford am Fluss zwei Wanderern begegnet waren. Einen Augenblick hatte er dabei befürchtet, sie würden sie niederstrecken, ihr eigenes Volk nicht erkennen. Sie hatten es nicht getan. Doch weil dies ein nächtlicher Angriff sein würde, bei dem Wanderer und Eindringlinge in der Dunkelheit gleich aussehen und sich auch gleich anhören würden, hatte er Vorsichtsmaßnahmen getroffen. Er fügte den neuen Teil des Zauberspruchs ein.
    »Ich strebe Wiedergutmachung an für ungerechtfertigten Mord, für Landraub, für den Raub von Menschenleben; Rache an den Eindringlingen, gegen das Böse, das aus Actons Hand stammt … lasst nicht zu, dass Wandererblut vergossen wird, lasst keinen Bruder und keine Schwester von unserer Hand fallen. Hört mir zu, Owl und Oak und Sand und Herring und all eure Kameraden. Schmeckt mein Blut und erkennt es wieder: Krümmt denen kein Haar, die es mit mir und mit euch teilen.«
    Die Geister der Toten hörten zu. Der Rest des Zaubers bestand nicht aus Worten, sondern aus Bildern in seinem Kopf, vielschichtig und bedrückend. Farben, musikalische Phrasen, die Erinnerung an einen bestimmten Geruch, das Geräusch eines Schreies … Als er alles zusammengetragen hatte, schaute er auf die Schädel hinab. Er presste sich das
Messer in die Handfläche und drückte es fest hinein. Das Blut quoll im Takt des Schlags seines Herzens heraus und spritzte schwallweise auf die Knochen. Er streckte den Arm weit aus, damit das Blut sich auf so vielen Knochen wie möglich verteilte.
    »Erwachet, Oak und Sand und Herring und all eure Kameraden«, befahl er. »Nehmt eure Rache.«
    Dieses Mal hielt er ein Schwert bereit, das er Owl überreichte und ihn so symbolisch zu ihrem Anführer machte. Die anderen Geister akzeptierten es. Sie schauten sofort auf Owl, und dieser wies strahlend vor Vorfreude mit dem Schwert auf die schlafende Stadt. Dann lief er auf die Häuser zu, und die anderen rannten ihm hinterher, jeder die Waffe haltend, mit der in der Hand er gestorben war: Sense,

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