Die Hueterin der Geheimnisse

Titel: Die Hueterin der Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman

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erinnerte sich daran, auf dem Tisch der Quelle der Geheimnisse gelegen zu haben, der Körper von brennendem Fieber ergriffen, der Arm stark schmerzend. Dann war sie … bewusstlos geworden? Gestorben.
    Doch statt im Haus der Quelle der Geheimnisse zu sein, war sie in Maryroses Vorderzimmer gewesen, und dort hatte Maryrose tot gelegen, neben ihr Merrick, ebenfalls tot, und sie wusste, dass es kein Traum war. Sie war froh gewesen, selbst auch tot zu sein, und hatte Maryrose zugerufen: »Warte auf mich!«, damit sie gemeinsam zur Wiedergeburt schreiten konnten. Sie war froh, heraus aus allem zu sein, froh darüber, von ihrem Schicksal befreit worden zu sein, was immer die Götter für sie vorgesehen hatten.

    Erneut rief sie: »Warte auf mich , Maryrose!«, und dies genau auf dieselbe Art, wie sie es ihrer großen Schwester zugerufen hatte, als sie noch ganz klein war und Maryrose auf ihren längeren Beinen zu schnell für sie gewesen war.
    Und wie damals hatte Maryrose auf sie gehört und war zu ihr zurückgekommen. Sie - ihr Geist - erschien irgendwie, als sei sie aus einem anderen Raum durch eine Tür, die nicht da war, gekommen und schaute Bramble mit derselben liebevollen Verärgerung an, wie sie es als Kind getan hatte.
    »Was tust du hier?«, fragte sie.
    Bramble war einen Moment überrascht. Geister sprachen üblicherweise nicht. »Ich bin tot«, sagte Bramble.
    »Blödsinn.«
    »Doch, bin ich wohl!«
    »Nun, das solltest du aber nicht. Noch nicht. Du musst noch etwas erledigen.« Sie wies auf ihren eigenen Körper, der schlaff auf dem Boden lag. »Du sollst dafür sorgen, dass so etwas nicht mehr passiert.«
    Sie streckte die Hände aus und drehte Bramble so um, dass diese die Tür vor Augen hatte. Dabei sollten Geister gar nicht im Stande sein, etwas berühren zu können, nicht einmal einander. »Mach dich auf den Weg. Geh zurück dorthin.«
    Bramble zögerte. Sie drehte sich zu ihr um. »Mama und Papa? Opa?«
    »Es geht ihnen gut. Sie sind wegen der Hochzeit von Witwe Farli mit dem Schmied nach Wooding zurückgekehrt. Sie sind von allem hier nicht betroffen.«
    »Mar…«
    »Ach, mach dir keine Sorgen«, sagte Maryrose, ganz die große Schwester. »Ich werde auf dich warten. Das werden wir beide.« Bramble lächelte, und Maryrose erwiderte ihr Lächeln, wobei Liebe ihre Verärgerung verdrängte. »Tu, was dir gesagt wird, und geh zurück.«

    Dann schob Maryrose sie an beiden Schultern voran, und Bramble machte zwei Schritte und war schon aus der Tür heraus, noch bevor sie protestierend »O Maryro-ose« zu Ende gesagt hatte. Dann war nichts mehr, bis sie hier, unter dieser grünen Zimmerdecke erwacht war.
    Sie zwang sich dazu, sich wieder zu entspannen. Maryrose war tot. Jemand hatte sie ermordet. Es war Brambles Aufgabe, ihn aufzuhalten, wer immer es war. Wenn das also das Schicksal war, das die Götter für sie vorgesehen hatten, dann würde sie es annehmen. Sie würde die Mörder finden und ihnen den Bauch aufschlitzen.
    Sie starrte zur Decke. Schließlich hob sie vorsichtig die linke Hand, um ihre Schulter zu berühren. Ihr Verstand erinnerte sich an den Druck, den Schmerz, an das Brennen, die Übelkeit und dass das , was mit diesem geschwollenen Arm geschehen war, nicht mit rechten Dingen zugegangen war. Aber ihr Körper erinnerte sich nicht. Es war alles verschwunden. Behutsam, da sich in ihrem Kopf alles drehte, stand sie auf und untersuchte ihren Körper. Nicht einmal eine Narbe. Sie hatte einen Mordshunger, ihr Körper verlangte wütend nach Ersatz für die Energie, die er verloren hatte.
    Plötzlich jedoch war ihr Hunger verschwunden, und Ehrfurcht trat an seine Stelle. Welcher Mensch konnte so etwas bewirken, heilen, ohne eine Narbe zu hinterlassen? Zu heilen war die eine Sache, aber das Fleisch wieder in einen Zustand verwachsen zu lassen, in dem es sich nicht daran erinnerte, verletzt worden zu sein … das hieß mit Kräften zu arbeiten, die noch tiefer gingen als die der einheimischen Götter.
    Das Zimmer hatte drei Betten, die mit grünen, zu den hellen Farben der Wände passenden Decken bezogen waren. Es war, als befände man sich in einem Wald. Das hätte sie eigentlich beruhigen, hätte sie froh darüber machen sollen,
noch am Leben zu sein. Zweimal schon war sie durch die Macht der Götter dem Tod entrissen worden, und dieses Mal mithilfe von Maryrose.
    Beim ersten Mal, als der Rotschimmel sie während des wilden Sprungs über den Abgrund vor Wooding gerettet hatte, war sie in den Zustand