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Die Hure von Bremen - historischer Kriminalroman

Die Hure von Bremen - historischer Kriminalroman

Titel: Die Hure von Bremen - historischer Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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deine Brüder nicht aufwachen. Ich werde es ihnen morgen erklären.«
    Erkläre es mir, wollte Lena am liebsten schreien, doch stattdessen ging sie mit hängenden Schultern in die Kammer und holte ihren Schal. Sie sah sich ein letztes Mal um. Viel hatte sie nie besessen. Das geschnitzte Holzpferd, das ihre Mutter ihr zu ihrem fünften Namenstag geschenkt hatte, stand auf dem kleinen Tisch. Sie nahm es in die Hand, als ihr Stiefvater zurückkam. Er blieb wartend im Eingang stehen. Rasch legte sie Kurt das Pferd aufs Kissen und schlüpfte leise aus der Kammer.
    »Wir müssen uns beeilen, es sieht wieder nach Regen aus.« Ungeduldig schob der Stiefvater Lena aus der Tür und zog diese dann geräuschvoll hinter sich zu. Feucht schlug ihr der Wind entgegen, während sie sich sehnsüchtig nach der kleinen Hütte umsah, in der sie mit ihrer Familie so lange gelebt hatte. Sie ahnte, dass sie nicht so schnell zurückkehren würde, und prägte sich jedes Detail ein, damit sie sich genau daran erinnern würde. Das kleine Fenster, das mit einer Kuhhaut bespannt war, das strohgedeckte Dach, die schiefe Eingangstür, durch die der Wind immer pfiff, und vor dem Haus der kleine Kräutergarten. All das wollte sie sich merken.
    Ihre Mutter war nicht mit hinausgekommen, es hatte nur einen kurzen Abschied im Haus gegeben. Der Vater sollte nicht sehen, dass sie weinten. »Du bist jetzt ein großes Mädchen, beinahe eine Frau«, hatte ihre Mutter gesagt, und die Worte erfüllten Lena mit Stolz. Eine Frau. Sie nahm sich vor, sich von nun an auch so zu benehmen.
    Je weiter sie sich jedoch von ihrem Zuhause entfernten und je kleiner der schwache Lichtschein aus dem Kammerfenster wurde, desto schwerer fielen ihr die Schritte. Angst und Traurigkeit drohten ihr beinahe den Atem zu nehmen. Immer weiter fiel sie zurück. Als der Stiefvater es bemerkte, drehte er sich zu ihr um.
    »Komm schon!«, rief er streng und setzte unbeirrt seinen schnellen Gang fort. Lena musste rennen, um ihn einzuholen. Schließlich verließen sie den schmalen Pfad und bogen auf die Hauptstraße ab, womit das Licht ihres Heims hinter den alten Eichen verschwand. Sie passierten das Dorf Riede mit der Kirche, in der Lena und ihre Familie so oft gewesen waren, die Messe gehört und gebetet hatten, dann verschwand auch dies aus ihrer Sicht und der Wald umgab sie.
    Für den Wonnemonat war es viel zu kalt. Die Wege waren schlammig und schlecht passierbar, und jeder Schritt barg die Gefahr, auszurutschen. Die Stürme der letzten Wochen hatten sogar kleine bis mittlere Äste von den Bäumen geholt, die nun überall als Stolperfallen herumlagen. Da sich nach Wochen noch immer keine Wetterbesserung andeutete, mussten die Bauern erneut um eine Ernte bangen. Auch Lenas Familie hatte es am eigenen Leib erfahren.
    Im letzten Jahr war im Frühling kaum Regen gefallen, und die jungen Pflanzen waren auf den Feldern verdorrt. Nun drohten sie in der Erde zu verfaulen. Das wäre das dritte Jahr in Folge, in dem es eine Missernte gab, und schon jetzt hungerten viele Menschen und konnten die Abgaben an den Grafen von Hoya nicht mehr bezahlen. Auch passten seine Förster mehr auf als sonst, dass niemand wilderte, und die Strafen dafür wurden verschärft. Nicht selten wurde sogar jemand dafür öffentlich gehängt.
    In der Kirche in Riede sprach man hinter vorgehaltener Hand vom Zorn Gottes, weil dem Grafen von Hoya die Bauern wegliefen. Man munkelte, der Graf müsse eine große Schuld auf sich geladen haben, dass das Wetter ihnen derart übel mitspielte. Auch Lenas Familie gehörte zu den Leibeigenen des Grafen von Hoya, obwohl sie nahe der Stadt Bremen wohnten, doch das Land, welches sie bestellten, gehörte noch zu seiner Grafschaft. Der Stiefvater war Seil- und Pfeilmacher, doch durch das Land war er zum Bauern geworden. Für ihr Auskommen verkaufte er zusätzlich zweimal im Jahr auf dem Bremer Freimarkt Seile und Fackeln, weil er dort mehr Geld dafür bekam als vom Grafen. Zwar war dies nicht gern gesehen, aber die Menschen mussten irgendwie zurechtkommen, und so wurde es still geduldet.
    Nach einer Weile wurde der Wald links und rechts des Wegs dichter und verschluckte beinahe zur Gänze den Himmel, sodass es hier bereits dunkel war. Je länger sie unterwegs waren, desto mehr verließ Lena der Mut, ihren Stiefvater zu fragen, wann sie wieder nach Hause dürfte. Zunehmend strauchelte sie, und zweimal griff er ungehalten nach ihrem Arm, ehe sie fiel.
    »Pass auf, wohin du trittst.«
    »Es

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