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Die Widmung: Roman (German Edition)

Die Widmung: Roman (German Edition)

Titel: Die Widmung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brunonia Barry
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Prolog
    Als sie mit zweitem Vornamen noch Turbostress hieß, stahl Zee notorisch Boote. Ihr Vater kam nie auf die Idee, dass sie irgendetwas anstellen könnte. Nach dem Tod ihrer Mutter ließ er ihr zunächst viel Freiraum. Er hatte als Piratendarsteller genug zu tun – eine ungewöhnliche berufliche Veränderung für einen Mann, der sein Leben lang Literaturwissenschaftler gewesen war. Aber sie hatten es schwer zu dieser Zeit und waren beide müde davon, beständig ihren Verlust zu tragen, ohne ihn je ablegen zu können, außer in den kurzen Momenten, wenn es ihnen gelang, sich ganz auf etwas einzulassen, das außerhalb der Reichweite ihrer Erinnerungen lag.
    In ihrer Fantasiewelt, der Welt, in der Zee sich verzeihen konnte, was in diesem Jahr passierte, malte sie sich gerne aus, Finch, ihr Vater, wäre stolz auf ihre Meisterschaft als Diebin gewesen. In ihren wildesten Träumen war er Teil ihres Abenteuers, kaum vorstellbar für den Professor, durchaus aber für den Piraten, in den er sich gerade so rasch verwandelte.
    Rennboote stahl sie am liebsten. Alles, was über dreißig Knoten machte, wurde Teil ihres Spiels. Damals gab es kaum Sicherheitsvorkehrungen. Die Schlüssel (so überhaupt vorhanden) waren meistens irgendwo auf den Booten versteckt, und für gewöhnlich auch noch an den nächstliegenden Stellen.
    Das Spiel ging ganz einfach. Sie wählte sich ein Boot aus, das schnell und schnittig aussah. Innerhalb von genau fünf Minuten musste sie sich Zugang verschafft und den Motor angelassen haben, um sofort aus dem Hafen hinaus aufs Meer zu fahren. Sobald sie die Grenzen von Salem verlassen hatte, gab sie Gas und richtete den Bug direkt auf Baker’s Island. Später in der Nacht brachte sie das Boot zurück.
    Es galt nur eine Regel: Sie durfte das Boot nie an den Liegeplatz zurückbringen, von dem sie es gestohlen hatte. Das war eine gute Regel, nicht nur, weil sie eine zusätzliche Herausforderung darstellte, sondern aus ganz praktischen Gründen. Wenn sie das Boot zum selben Liegeplatz zurückbrachte, war es viel wahrscheinlicher, dass sie erwischt wurde. Ein guter Dieb sollte nie wieder den Ort des Verbrechens aufsuchen, das wusste schließlich jeder.
    Normalerweise machte Zee das Boot an einem der zahlreichen öffentlichen Piers im Hafen von Salem fest. Oft war es der Pier vor dem Vergnügungspark Salem Willows, der erste bei der Einfahrt in den Hafen. Doch als die Polizei irgendwann doch nach ihr zu fahnden begann, ließ sie die Boote zunehmend an weniger augenfälligen Stellen zurück. Manchmal benutzte sie einfach einen fremden Liegeplatz. Oder sie vertäute das Boot am Derby Wharf. Von dort aus konnte sie leicht verschwinden, denn sie wohnte ganz in der Nähe.
    Nur ein einziges Mal verpatzte sie um ein Haar das Spiel, weil sie den Benzinstand falsch eingeschätzt hatte. Sie war schon bis zum Singing Beach in Manchester gefahren, da starb der Motor ab. Zuerst konnte sie es gar nicht glauben, dass ihr das Benzin ausgegangen sein sollte. Aber als sie den Benzinstand noch einmal überprüfte, stand fest, dass ihr ein Fehler unterlaufen war. Sie bekämpfte die aufsteigende Panik und versuchte, sich etwas einfallen zu lassen. Sie konnte leicht zum Ufer schwimmen, doch dann würde das Boot entweder aufs Meer hinaustreiben oder an den Felsen zerschellen. Zum allerersten Mal hatte sie Angst, erwischt zu werden. Irgendwie war sie seltsam froh, dass keine anderen Boote in der Nähe waren, niemand, den sie um Hilfe rufen konnte. Da sie keine Ahnung hatte, was sie sonst machen sollte, ließ sie das Boot einfach treiben.
    Sie blickte hinauf in den mondlosen Himmel. Die Sterne strahlten heller denn je, und ihre Spiegelung im Wasser um das Boot herum löste sich auf wie eine Brausetablette, die auch Zees Panik aufzulösen schien. Und während sie so mit der Strömung dahintrieb und in den Himmel hinaufsah, wusste sie, dass alles gut werden würde.
    Als sie wieder nach unten zum Horizont schaute, um sich zu orientieren, stellte sie fest, dass sie aufs Ufer zugetrieben worden war. Seitlich nahm sie einen dunklen Umriss wahr, und als sie sich in diese Richtung wandte, zeichnete sich ein Pier ab und auf dem Hügel dahinter ein abgedunkeltes Haus. Sie schnappte sich ein Ruder und steuerte damit das Boot Richtung Ufer. Mit Hilfe der einsetzenden Flut wurde es breitseits an den Pier getrieben. Sie nahm die Bugleine und sprang, rutschte aber aus und verknackste sich ein wenig den Knöchel, doch es gelang ihr zu verhindern,

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