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Die Hure von Bremen - historischer Kriminalroman

Die Hure von Bremen - historischer Kriminalroman

Titel: Die Hure von Bremen - historischer Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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tut mir leid.«
    Versöhnlich nickte er, und sie fasste sich ein Herz. »Wohin bringst du mich?«
    Er warf ihr einen kurzen Seitenblick zu und atmete tief durch, so als überlegte er, ob er antworten sollte oder nicht. »In ein Haus, in dem Frauen leben und arbeiten.«
    Fast meinte sie, Bedauern in seinem Gesicht zu lesen, doch sie musste sich täuschen. Er hatte nie besonders viel für sie übrig gehabt, was wohl daran lag, dass sie nicht seine Tochter war. Zu ihren Brüdern war er zwar streng, aber auch geduldig und gütig, und oft hatte Lena die Buben darum beneidet. Doch sie hatte sich in ihr Schicksal gefügt und sich so gut es ging von ihm ferngehalten. Man wusste nie, wann er wütend genug war, um sie grundlos zu schlagen. Dafür hatte Lena ein besonders herzliches Verhältnis zu ihrer Mutter und zu Kurt, was ihr genügte.
    »Werde ich zurückkehren?« Sie versuchte, mit fester Stimme zu sprechen, obwohl sich ein dicker Kloß in ihrem Hals gebildet hatte.
    »Nein.«
    Ihr war, als würde ihr jemand einen Stein aufs Herz legen. In ihren Ohren begann es zu summen, und sie blieb stehen, um die aufsteigende Übelkeit mühevoll hinunterzuschlucken. »Ich werde euch nie wiedersehen? Mutter, Kurt, Martin, Hubert und dich?«
    Ihr Stiefvater blieb ebenfalls stehen. Sein Kiefer mahlte einen Moment, dann schüttelte er den Kopf. »Komm jetzt.« Damit drehte er sich wieder um und schritt schneller aus als zuvor.
    Lena atmete tief ein, schluckte kräftig und eilte ihm nach.
    Nach und nach wurde die Wolkendecke dunkler, und bald begann es zu regnen. Erst ein paar einzelne Tropfen, dann wurde es schnell mehr.
    »Gleich kommt ein Unterstand mit einer Futterkrippe. Dort können wir übernachten.« Er deutete in den dunklen Wald vor ihnen, und Lena war verwundert, dass er in der Nacht und bei dem Regen noch erkennen konnte, wo diese Stelle war. Für sie wiederholten sich in der Finsternis nur die Umrisse der Bäume und die Schatten.
    Tatsächlich erreichten sie nach kurzer Zeit eine kleine Lichtung mit der besagten Krippe. Das Dach bestand zwar nur aus Zweigen, Blättern und Moos, aber es hielt den meisten Regen ab. Rasch hatte ihr Stiefvater ein kleines Feuer entfacht, denn er hatte immer etwas trockenes Stroh in der Tasche. Lena kauerte sich in eine Ecke und deckte sich mit ihrem nassen Umhang zu. Sie war durchgefroren, aber das knisternde Feuer wärmte sie zumindest von einer Seite.
    Ihr Stiefvater hockte sich auf die gegenüberliegende Seite der Feuerstelle und sah sie an. Sie vermochte den sonderbaren Blick nicht zu deuten, aber er war ihr unangenehm.
    »Vater?«, fragte sie ängstlich in die Dunkelheit, und es schien, als kehrte er dadurch in die Gegenwart zurück.
    »Schlaf jetzt.« Damit zog er seinen Mantel enger um die Schultern. Nach kurzer Zeit hörte sie ihn leise schnarchen.
    Um selbst in den Schlaf zu finden, war Lena viel zu durcheinander, und so lauschte sie dem prasselnden Regen und den Geräuschen, welche umherstreunende Tiere verursachten. Mal war ein Fiepen zu hören, mal ein leises Rauschen wie von einem kreisenden Greifvogel. Die von den Blättern fallenden Regentropfen dämpften jeden Laut, und alles kam ihr unwirklich vor. Noch vor Kurzem hatte sie ein warmes Zuhause gehabt, mit einer Mutter, die sie liebte, mit ihren Brüdern, die manchmal rechte Plagegeister waren, und einer vertrauten Umgebung. Jetzt befand sie sich auf dem Weg in ein anderes Leben, und sie hatte keinerlei Ahnung, wie es aussehen würde.
    Einigen Mädchen aus Riede, so wie Gesine und Brunhilde, waren als Mägde bei reichen Herrschaften in den Dienst gegangen. Viele andere Mädchen aus ihrer Gegend verrichteten jedoch die gleiche Arbeit wie ihre Mütter oder waren inzwischen verheiratet. Lenas Mutter hatte ein paar Pfennige mit Näh- und Stickarbeiten hinzuverdient und hatte ihr das eine oder andere beigebracht. Nach anfänglichen Schwierigkeiten war Lena dabei zusehends geschickter geworden und hatte immer mehr Arbeiten übernommen, zumal ihre Mutter immer schlechter sah.
    Vielleicht würde sie Näherin in Bremen werden. Lena hatte es als selbstverständlich betrachtet, dass sie eines Tages genau das Gleiche tun würde wie ihre Mutter, hatte aber nie damit gerechnet, dass sie dafür fortgehen müsste.
    In diesem Augenblick schwor sie sich, dass ihr Stiefvater nicht recht behalten sollte. Sie würde ihre Mutter und ihre Brüder wiedersehen.
    Lena lag noch lange wach und fiel erst in den Schlaf, als die Nacht schon weit vorangeschritten

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