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Die Huren des Apothekers

Die Huren des Apothekers

Titel: Die Huren des Apothekers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Stöckler
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Mechthild sich dort eingeschlossen und fand jetzt nicht mehr heraus?
    »Lass mich!« Sie schob Lukas zur Seite und probierte selbst die Klinke. Am Klang der Tür stellte sie fest, dass die Riegel nicht vorgelegt waren, aber das Schloss zugesperrt. Ohne Lukas zusehen zu lassen, schob sie ihre Haken hinein und entriegelte das Schloss. Die Klinke fühlte sich nicht heiß an, also bestand noch keine Gefahr, dass ihnen Flammen entgegenschlugen. Trotzdem öffnete sie vorsichtig.
    Lukas riss ihr die Tür aus der Hand und stürmte an ihr vorbei. »Mechthild? Nachbarin? Bist du noch darinnen?«
    Eine Rauchwolke wallte Luzia entgegen, die sofort in ihre Augen biss. Hustend und blind zog Luzia sich zurück. Stolpernd gewann sie Abstand zum Haus, um nicht in Gefahr zu geraten, dass etwas vom Dach auf sie fiel. Leise Flüche ausstoßend rieb sie sich die Lider, bis sie wieder etwas sah. Sie musste hinterher und Lukas wieder herausholen! Die geöffnete Haustür würde dafür sorgen, dass auch das Erdgeschoss jetzt geschwind in Brand geriet. In welche Gefahr begab er sich!
    Schneller als sie sich den Ruß aus den Augen wischen konnte, sah sie Lukas schon wieder herauskommen. An seiner Seite führte er eine weiß gekleidete Gestalt. Luzias Blick klärte sich wieder. Sie erkannte ein Nachthemd, also konnte es nicht Mechthild sein. Auch Lukas und die Frau neben ihm husteten. Luzia sprang zu ihrem Mann und half ihm, der Gefahr zu entkommen. Er führte Gertrude, die Köchin, am Arm.
    »Danke, Herr«, keuchte sie. »Ich wachte auf vom Brandgeruch, träumte noch, mir sei das Essen angebrannt. Vor Angst, die Herrin schlüge mich dafür, schreckte ich hoch. Dann irrte ich im Haus umher, suchte einen Ausweg. Die Haustür war abgeschlossen wie der Dienstboteneingang, die Fenster vergittert, nach oben versperrten mir die Flammen den Weg. Danke Herr, dass du mich gerettet hast!«
    »Die Tür war nicht versperrt, nur verklemmt«, beeilte Luzia sich zu versichern. »Herr Lukas hat sie aufgestemmt.«
    Zuerst warf Lukas ihr einen irritierten Blick zu, dann nickte er. Auch ihm würde es nicht gefallen, wenn die Fähigkeiten seiner Frau im Ort herumerzählt wurden.
    »Komm mit, Gertrude, alle anderen sind bei uns im Haus. Auch du solltest dich ausruhen.«
    Gemeinsam gingen sie zurück, wobei sie die Köchin gelegentlich noch stützen mussten. »Nur gut, dass Frau Mechthild das nicht sehen muss«, meinte Gertrude auf halber Strecke, wo sie eine kurze Rast einlegte. »Es würde ihr das Herz brechen. Das Haus war ihr Ein und Alles.«
    »Oh, sie kam vorzeitig zurück«, klärte Luzia sie auf. »Ich sah sie Kisten und Beutel herausschleppen und in ihre Kutsche laden. Jetzt ist sie fort.«
    »Nun, sie wird vor Angst geflohen sein«, setzte Lukas hinzu.
    »Die arme Herrin!«, jammerte Gertrude.
    »Das finden wir alle«, bestätigte Luzia und schob die Köchin die Treppen in ihr Haus hoch.
    ---
    Es dauerte lange, bis Ruhe in den Kreis der jungen Frauen einkehrte, und Elße glaubte fest, dass sie nicht die einzige war, die nicht mehr schlafen konnte. Der Herr sei gewöhnt, wegen seiner anstrengenden Studien in der Nacht lange zu schlafen, hatte die Kammerfrau verkündet, weshalb sie um Ruhe für ihn bat und das Wecken auf neun Uhr morgens festgelegt hatte. Seltsamerweise klang die Turmuhr in diesem Haus weniger laut als von außerhalb, trotzdem hörte Elße das Verstreichen einer Stunde. Lautlos erhob sie sich aus den planlos über den Boden verteilten Mädchen und schlich zur Haustür. Ganz im Gegensatz zu Frau Mechthilds Zuflucht gab es hier nichts, was sie einsperrte.
    Auf dem Weg zum Gesindehaus ging sie am Brunnen vorbei und wusch sich den Ruß vom Gesicht. Für ihr Kleid konnte sie nicht viel tun, was ihr leidtat, denn so ein hübsches Stück würde sie nicht so schnell wieder bekommen. Noch einmal wollte sie sich an den Truhen im Gesindehaus bedienen und dann nicht mehr die Wohltätigkeit der Gelehrtenfrau in Anspruch nehmen.
    Ja, aber was dann? Wo sollte sie ihr Kind bekommen? Elße biss die Zähne zusammen. Alles besser als ihre bisherige Unterkunft. Und wenn sie tatsächlich ihren Sohn oder ihre Tochter wie eine Hündin im Straßengraben zur Welt brachte, dann ging es ihr noch immer besser als bei Frau Mechthild.
    Auf der Wiese erhoben sich zwei saubere Grabhügel mit akkurat errichteten Kreuzen. Am einen hing der Bernstein mit der Ameise, am anderen die schlichte goldene Kette mit dem seltsam geformten Anhänger, der wie ein Bündel Weizen aussah.

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