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Die Huren des Apothekers

Die Huren des Apothekers

Titel: Die Huren des Apothekers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Stöckler
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Herausforderung und diskutierte so lange mit ihr, belegte seine Meinung mit Zitaten und hastig aufgeschlagenen Büchern, bis sie sich einig wurden – wobei nicht immer Lukas gewann.
    »Herrin, nur die Zitronen für die Fingerschalen reichen vielleicht nicht.«
    Lautlos verfluchte Luzia die Verhältnisse auf den Straßen. Herrschten die Scharmützel denn nicht schon lange genug? Wann würden die Landesherren endlich ihre Soldaten dafür benutzen, die Handelswege zu sichern, statt sich gegenseitig die Köpfe einzuschlagen, weil sie sich nicht einigen konnten, ob die Beichte zu jedem Gottesdienst gehörte oder nur bei Bedarf abgehalten werden musste? Die letzte Lieferung von Zitronen hatte der Händler abgeschrieben. Räuber oder Marodeure waren verantwortlich, dass die Kiepe mit den Früchten vom Wagen gefallen und, unter den Hufen ihrer Pferde zu Mus zerquetscht, im Graben lag – gar nicht weit entfernt auf der Heerstraße. »Was schlägt Nesse vor?«
    »Da wir Besteck aufgelegt haben, wird es nicht so häufig nötig sein, die Schalen zu wechseln. Und sollte das Fingerwasser tatsächlich nicht genügen, muss ich Kamillenaufguss reichen. Nesse stellt ihn vorsichtshalber bereit.«
    »Gut.«
    Wie froh konnte Luzia sein, so erfahrene Mägde zu beschäftigen! Trine diente Lukas schon seit seiner Zeit in Amorbach, Nesse hatte Magdalene erst in Marburg als Köchin ausgesucht, aber mit dieser Wahl auch wieder ihren untrüglichen Instinkt bewiesen. Wie aufwändig es doch war, einen Hausstand zu gründen! Nach fast einem Jahr im Herrensitz auf dem Lahnberg suchte Magdalene noch immer Personal. Gestern hatte sie sich sehr schwergetan, die Bewerbung des jungen Burschen anzunehmen, der sie von der Gefälligkeit der Nachbarin befreite und sich fortan um das Gespann und die Kutsche kümmerte. Die zwei Pferde standen seit ihrem Umzug aus Amorbach nutzlos auf der Koppel, nur notdürftig von Frau Mechthilds Knechten betreut, und rissen ein nicht unbeträchtliches Loch für Futter in den Haushaltsplan. Mit eigenem Kutscher würden die beiden Damen des Hauses viel öfter Gesellschaft in der Stadt suchen und dabei nicht mehr auf die Nachbarin vertrauen müssen.
    Sogleich lohnte sich die Einstellung des neuen Kutschers, Ewalt, rief Luzia sich seinen Namen ins Gedächtnis. Er war schon unterwegs, Lukas‘ Kollegen Theodor Weinzier und seine Gemahlin Hilde zum Mittag abzuholen. Lukas brauchte Gesellschaft, jemanden, mit dem er Akademisches diskutieren konnte, der ihm wissenschaftlich das Wasser reichte, sonst setzte sich in ihm der Trübsinn fest. So freute auch er sich auf das gemeinsame Essen mit Gästen. Weinzier lehrte Theologie an der Universität, würde also Lukas‘ Erkenntnisse in ganz anderem Licht sehen und dadurch frischen Wind in seine Thesen bringen.
    Nur leider bewies sich Luzias Nutzen bei diesem Bankett darin, Frau Hilde zu unterhalten. Deren einzige Leidenschaft bestand in dem Wissen über die Verfehlungen ihrer Nachbarn in der Stadt. Auch wenn die Gattinnen der Professoren aus dem Kollegium ein falsches Wort oder einen unrechten Blick verloren, ergötzte sie sich. Da Luzia kaum jemanden von ihnen kannte, fiel ihr das Mitreden schwer, außerdem regte sie sich ungern über Gerüchte auf, welche wiederum für Hilde einen unerschöpflichen Quell der Konversation darstellten. Noch vor kurzer Zeit hatte Luzia gerne Klatsch gelauscht, weil durch nichts besser die Verhältnisse ihrer Mitmenschen dargestellt wurden. Die Geltungssucht der Bürger und der Neid der Nachbarn verrieten jedem Dieb, wo es etwas zu holen gab. Jetzt allerdings hatte Luzia das nicht mehr nötig. Nicht nur, dass sie Lukas unendlich beschämen würde, sollte man sie bei einer Gaunerei erwischen, sie würde es sich auch selbst nicht verzeihen. Und da sie wegen mangelnder Übung ihre Geschicklichkeit verlor, mochte jede ungesetzliche Handlung vor dem Richter enden.
    »Wann erwarten wir die Gäste?«, fragte sie bei Trine nach, mehr um die Kammerfrau zu ermahnen, als sich selbst daran zu orientieren.
    »In …« Ein dumpfer Schlag der Turmuhr unterbrach Trine. Beide warteten sie ab, bis die Glocke zehnmal schlug. »… zwei Stunden«, beendete Trine schließlich ihren angefangenen Satz.
    Wie auf ein Stichwort betrat Alheit, Magdalenes Zofe, den Raum. Anmut, Witz und Würde, gemeinhin die Attribute einer Kammerjungfer, besaß Alheit nicht im Geringsten. Laut rumste die Tür hinter ihr zu.
    »Es wird Zeit, Herrin«, polterte sie und hielt demonstrativ das dunkle

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