Die Hyäne
schreien. In einer reflexhaften Bewegung zuckte ihr rechter Arm nach vorn – und fand einen Widerstand.
Er schrammte über etwas Hartes und an einigen Stellen Kantiges hinweg.
Stein?
Nein, kein Gestein, kein Fels, keine Mauer. Das konnten nur Knochen sein. Der Kopf der Hyäne!
Glenda Perkins wußte, daß er aus gelblichem Gebein bestand. Aus seiner harten Masse, vom Schädel her bis zum Ende der Schnauze, wo sich das Maul befand.
Die eine Berührung hatte ausgereicht, um Glenda in Panik verfallen zu lassen. Aber die Panik lähmte sie. Glenda schaffte es kaum, ihre Hand wieder zurückzuziehen.
Die Augen bewegten sich.
Sie lenkten Glenda von der eigentlichen Sache ab, von dieser kalten, teigigen und dicken Totenhand, die sich flach gegen ihren Körper preßte.
Sie riß den Mund weit auf. Der Schrei blieb in ihrer Kehle stecken. Sie spürte den Druck hinter den Augen. Hörte ihren rasenden Herzschlag, aber sie konnte sich nicht bewegen.
Es war furchtbar. Die Hand klebte wie Blei an ihr. Dann bewegten sich die Finger. Durch das dünne Trikot hindurch drückten sie gegen ihre Haut. Sie fühlten nach, als wollten sie etwas testen, und wenig später begann die Hand mit ihrer Wanderung nach oben.
Für Glenda war es der reine Wahnsinn, von der Hand eines Toten abgetastet und untersucht zu werden. Dieses kalte, alte Fleisch am eigenen Körper zu spüren ließ sie bald verrückt werden. Sie stand unbeweglich. An ihr zog sich alles zusammen, aber die Hand wanderte weiter, und plötzlich war auch eine zweite da, die über ihre linke Brust hinwegfuhr, darauf nicht verharrte, sondern bis zur Schulter glitt. Die Finger krümmten sich dabei. Sie waren schwer, sie stanken widerlich, und die kalten Bernsteinaugen schimmerten dicht vor ihr, denn Glenda wurde beobachtet.
Die zweite Hand hatte ihre Schulter erreicht. Für einen Moment blieb sie ausgestreckt darauf liegen, dann krümmten sich die Finger und wurden zu einer Zange.
Eine Hand reichte aus, um Glenda von der Tür wegzuzerren. Sie war steif wie ein Stück Schilfrohr.
Die Hyäne brauchte kaum Kraft, um sie an sich heranzuziehen.
Glenda tat nichts. Sie war zur Puppe geworden, die sich nicht bewegen konnte. Das Monster griff auch weiterhin zu. Es drückte Glenda auf die Seite, dann kippte der Körper nach hinten und wurde von einem dieser Arme abgefangen.
Glenda lag jetzt auf den Armen der Hyäne. Sie kam sich vor wie eine der Vampirbräute des Blutsaugers Dracula, der sein Opfer gepackt hatte und es wegschaffte.
Auch die Hyäne blieb nicht stehen. Sie drehte sich. Glenda bekam die Drehung natürlich mit. Ihre Beine schwangen dabei zur Seite, aber sie selbst starrte nur in die Höhe.
Über ihr schwebten die beiden gelben Augen. Kalte Lichter ohne einen Funken von Gefühl. Sie strahlten auch keine Helligkeit ab, die über den Schädel hätte fließen können. Das Licht blieb einzig und allein auf die Ovale beschränkt.
Die Hyäne bewegte sich in der Dunkelheit ebenso sicher wie ein Mensch im hellen Licht. Nur Glenda konnte nichts sehen. Sie wurde weggetragen wie ein Paket, das irgendwann zu einer nutzlosen Last wurde.
Plötzlich sank sie nach unten. Ein leiser Schrei löste sich aus ihrem Mund, denn sie rechnete damit, auf den Boden geschmettert zu werden.
Den harten Widerstand spürte sie zwar, aber es war nicht der Fußboden, auf dem sie lag.
Dieser Widerstand war höher. Er mußte sich auf halbem Weg zwischen ihr und dem Boden befinden.
Er war glatt, er war hart, er war aus Stein!
Die kalten und teigigen Totenhände strichen wieder über Glendas Körper hinweg, als wäre dieser eine Decke, wo noch einige Falten geglättet werden mußten. Ständig schaute sie dabei in die Augen hinein, die sie wie Sensoren beobachteten.
Glenda wußte, daß es bald passieren mußte. Sie rechnete mit ihrem Tod, aber dieser Gedanke fachte auch die Flamme des Überlebens in ihr an. Wenn der Griff nicht mehr so hart war, würde sie es versuchen. Sich von dieser Unterlage rollen und…
Zwei Dinge geschahen zur selben Zeit und unterbrachen ihre Gedankenkette.
Im Hintergrund wurde die Tür geöffnet. Zugleich hatte jemand das Licht eingeschaltet.
Ein ungewöhnliches Licht. Von den Lampen an der Wand strahlte es in zwei verschiedenen Farben ab.
Mal grau, mal rot…
Es vereinigte sich in diesem Farbenmischmasch und war unheimlich zu nennen. Aber hell genug, um erkennen zu lassen, was an der Tür passierte. Zudem hatte Glenda den Kopf gedreht und sich leicht aufgerichtet. Sie
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