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Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion

Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion

Titel: Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Gürtel, derbe Schuhe, Gehstock und eine zottelige Pelzmütze, die er abnahm, als sie näher kam.
    Brawne blieb keinen Meter von ihm entfernt stehen. »Aber sicher«, sagte sie kaum lauter als flüsternd. Sie wollte ihn berühren, aber ihre Hand ging durch ihn hindurch, wenn auch ohne das Flackern oder Verschwimmen eines Holos.
    »Dieser Ort verfügt immer noch über üppige Metasphärenfelder«, sagte er.
    »Hm-hmm«, stimmte sie zu, obwohl sie nicht die geringste Ahnung hatte, wovon er sprach. »Sie sind der andere Keats. Johnnys Zwillingsbruder.«
    Der kleine Mann lächelte und streckte eine Hand aus, als wollte er ihren runden Bauch berühren. »Das macht mich zu einer Art Onkel, Brawne, oder nicht?«
    Sie nickte. »Sie haben das Baby gerettet – Rachel – richtig?«
    »Haben Sie mich gesehen?«
    »Nein«, hauchte Brawne, »aber ich spürte, daß Sie da waren.« Sie zögerte für einen Augenblick. »Aber Sie waren nicht der, von dem Ummon gesprochen hat – der Empfindungs-Teil der menschlichen HI?«
    Er schüttelte den Kopf. Seine Locken leuchteten im kargen Licht. »Ich habe festgestellt, daß ich der Zuvor Kommende bin. Ich bereite den Weg für den Lehrenden, und ich fürchte, mein einziges Wunder war, daß ich ein Baby genommen und gewartet habe, bis jemand vorbeigekommen ist, der es mir abnehmen konnte.«
    »Sie haben mir nicht geholfen ... mit dem Shrike? Beim Schweben?«
    John Keats lachte. »Nein. Und Moneta auch nicht. Das waren Sie allein, Brawne.«
    Sie schüttelte heftig den Kopf. »Das ist unmöglich.«
    »Nicht unmöglich«, sagte er leise. Er streckte wieder die Hand aus, als wollte er ihren Bauch berühren, und sie stellte sich vor, sie könnte den Druck seiner Handfläche spüren. Er flüsterte: »Du noch unberührte Braut der Stille,/Du Pflegekind von Stille und Langsamer Zeit ...« Er sah zu Brawne auf. »Die Mutter der Lehrenden kann doch sicherlich ein paar Wunder bewerkstelligen«, sagte er.
    »Die Mutter der ...« Plötzlich mußte sich Brawne setzen und fand gerade noch rechtzeitig eine Bank. Sie war in ihrem ganzen Leben noch nicht unbeholfen gewesen, aber im siebten Monat konnte sie sich unmöglich anmutig hinsetzen. Sie mußte zusammenhanglos an das Luftschiff denken, das heute morgen angelegt hatte.
    »Die Lehrende«, wiederholte Keats. »Ich habe keine Ahnung, was sie lehren wird, aber es wird das Universum verändern und Denkmodelle in Gang setzen, die in zehntausend Jahren noch Gültigkeit haben werden.«
    »Mein Kind?« brachte sie heraus und rang ein wenig nach Luft. »Das Kind von Johnny und mir?«
    Die Keats-Persönlichkeit rieb sich die Wange. »Die Verschmelzung von menschlichem Geist und KI-Logik, die Ummon und der Core so lange gesucht haben, und die sie nun doch vor ihrem Tod nicht verstehen konnten«, sagte er. Er kam einen Schritt näher. »Ich wünschte nur, ich könnte dabei sein, wenn sie lehrt, was sie lehren muß. Um zu sehen, welche Auswirkung es auf die Welt hat. Diese Welt. Andere Welten.«
    Brawnes Gedanken wirbelten, aber sie hatte etwas in seinem Tonfall gehört. »Warum? Wo werden Sie sein? Was ist los?«
    Keats seufzte. »Der Core ist nicht mehr. Die Datensphären hier sind so klein, daß sie mich nicht einmal in meiner reduzierten Form aufnehmen können – abgesehen von den KIs der FORCE-Schiffe, und ich kann mir nicht vorstellen, daß es mir dort gefallen würde. Ich war noch nie gut darin, Befehle auszuführen.«
    »Und sonst gibt es nichts?« fragte Brawne.
    »Die Metasphäre«, sagte er und sah hinter sich. »Aber die ist voller Löwen und Tiger und Bären. Und ich bin noch nicht bereit.«
    Brawne ging nicht weiter darauf ein. »Ich habe eine Idee«, sagte sie. Sie schilderte sie ihm.
    Das Ebenbild ihres Geliebten kam näher, legte die Arme um sie und sagte: »Sie sind ein Wunder, Madame.« Er wich wieder in die Schatten zurück.
    Brawne schüttelte den Kopf. »Nur eine schwangere Frau.« Sie legte die Hand auf die Rundung unter dem Kleid. »Die Lehrende«, murmelte sie. Dann, zu Keats: »Na gut, Sie sind der Erzengel, der alles verkündet. Welchen Namen soll ich ihr geben?«
    Als sie keine Antwort bekam, blickte Brawne auf.
    Die Schatten waren verlassen.
     
    Brawne war am Raumhafen, bevor die Sonne aufging. Es war nicht gerade eine fröhliche Gruppe, die zum Abschied gekommen war. Abgesehen von der üblichen Traurigkeit eines Abschieds, litten Martin, der Konsul und Theo an einem Kater, da die Tag-danach-Pillen auf Hyperion ausgegangen waren. Nur

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