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Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion

Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion

Titel: Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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langweilig sein. Hier pulsiert das Leben.« Silenus brachte einen Trinkspruch auf sich selbst aus.
    Brawne wurde bewußt, daß das in gewissem Sinne zutraf. Hyperion war die Begegnungsstätte von Ousters und ehemaligen Bewohnern der Hegemonie. Allein die Zeitgräber bedeuteten künftigen Handel und Tourismus und Reisen, da sich das Universum der Menschen an ein Leben ohne Farcaster anpassen mußte. Sie versuchte sich die Zukunft vorzustellen, wie die Ousters sie sahen, mit gewaltigen Flotten, die die Horizonte der Menschheit ausdehnten, mit genetisch veränderten Menschen, die Gasriesen und Asteroiden und grimmigere Welten als den terraformten Mars oder Hebron besiedelten. Sie konnte es sich nicht vorstellen. Es war ein Universum, das ihr Kind vielleicht erleben würde ... oder ihre Enkelkinder.
    »Was denken Sie, Brawne?« fragte der Konsul, als das Schweigen sich in die Länge zog.
    Sie lächelte. »An die Zukunft«, sagte sie. »Und an Johnny.«
    »Ah, ja«, sagte Silenus, »der Dichter, der Gott hätte sein können, es aber nicht wollte.«
    »Was meinen Sie, ist aus der zweiten Persönlichkeit geworden?« fragte Brawne.
    Der Konsul machte eine Handbewegung. »Ich weiß nicht, wie er den Tod des Core überlebt haben könnte. Sie?«
    Brawne schüttelte den Kopf. »Ich bin nur eifersüchtig. Eine Menge Leute scheinen ihn gesehen zu haben. Sogar Melio Arundez hat gesagt, er wäre ihm in Jacktown begegnet.«
    Sie brachten einen Trinkspruch auf Melio aus, der vor fünf Monaten mit dem ersten SpinSchiff aufgebrochen war, das Richtung Netz startete.
    »Alle haben ihn gesehen, nur ich nicht«, sagte Brawne, betrachtete stirnrunzelnd ihr Glas und dachte, daß sie vor dem Schlafengehen noch einige pränatale Antialkoholpillen nehmen mußte. Sie stellte fest, daß sie ein bißchen betrunken war; das Zeug konnte dem Baby nicht schaden, wenn sie die Pillen nahm, aber sie selbst hatte es eindeutig erwischt.
    »Ich gehe zurück«, verkündete sie, stand auf und umarmte den Konsul. »Muß früh beizeiten raus, wenn ich Ihren Start bei Sonnenaufgang nicht versäumen will.«
    »Sind Sie sicher, daß Sie die Nacht nicht im Schiff verbringen wollen?« fragte der Konsul. »Vom Gästezimmer hat man eine herrliche Aussicht über das Tal.«
    Brawne schüttelte den Kopf. »Alle meine Sachen sind im alten Palast.«
    »Wir reden noch miteinander, bevor ich aufbreche«, sagte der Konsul, dann umarmten sie einander noch einmal schnell, bevor einer Brawnes Tränen zur Kenntnis nehmen mußte.
    Martin Silenus begleitete sie zur Stadt der Dichter zurück. In der hell erleuchteten Galerie vor ihrem Apartment blieben sie stehen.
    »Waren Sie wirklich an dem Baum, oder handelte es sich nur um ein Stimsim, während Sie im Palast des Shrike geschlafen haben?« fragte Brawne ihn.
    Der Dichter lächelte nicht. Er griff sich an die Brust, wo ihn der Stahldorn durchbohrt hatte. »War ich ein chinesischer Philosoph und habe geträumt, ich wäre ein Schmetterling, oder war ich ein Schmetterling und habe geträumt, ich wäre ein chinesischer Philosoph? Ist das Ihre Frage, Mädchen?«
    »Ja.«
    »Es ist richtig«, sagte Silenus leise. »Ja. Ich war beides. Und beides war Wirklichkeit. Und beides hat höllisch weh getan. Und ich werde Sie für alle Zeiten lieben und verehren, weil Sie mich gerettet haben, Brawne. Für mich werden Sie immer auf Luft wandeln können.« Er nahm ihre Hand und küßte sie. »Legen Sie sich gleich hin?«
    »Nein, ich glaube, ich gehe noch einen Moment im Garten spazieren.«
    Der Dichter zögerte. »In Ordnung. Glaube ich. Wir haben Wachen – mechanische und menschliche –, und unser Grendel-Shrike hat sich seither nicht wieder sehen lassen ... aber seien Sie vorsichtig, okay?«
    »Vergessen Sie nicht«, sagte Brawne, »ich bin der Grendelkiller. Ich wandle auf Luft und verwandle sie in Glaskobolde, die zerschellen.«
    »Hm-hmm, aber verlassen Sie den Garten nicht. Okay, Mädchen?«
    »Okay«, sagte Brawne. Sie strich sich über den Bauch. »Wir sind vorsichtig.«
     
    Er wartete im Garten, wo das Licht nicht ganz schien und die Überwachungskameras nicht ganz hin reichten.
    »Johnny!« keuchte Brawne und tat einige rasche Schritte auf dem Kiesweg.
    »Nein«, sagte er und schüttelte den Kopf, möglicherweise ein bißchen traurig. Er sah wie Johnny aus. Genau dasselbe rotbraune Haar, die Mandelaugen, das markante Kinn, die hohen Wangenknochen und das sanfte Lächeln. Er war etwas seltsam gekleidet, dicke Lederjacke, breiter

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