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Die Hyperion-Gesänge

Die Hyperion-Gesänge

Titel: Die Hyperion-Gesänge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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haben euch gebaut, Kumpel. Und wir werden euren Core finden. Und dann reißen wir euch die Siliziumärsche auf!
    [Ich habe keinen Siliziumarsch/Organe/Verdauungsapparat]
    – Und noch was , schreit Brawne, die den Megalithen mit Händen und Fingernägeln attackiert. Du bist ein gotterbärmlicher Geschichtenerzähler. Kein Zehntel der Dichter, der Johnny ist! Du könntest keine zusammenhängende Geschichte erzählen, wenn dein KI-Arsch davon abhängen …
    [Geh weg]
    Ummon der KI-Megalith lässt sie fallen, sodass ihr Analogon sich überschlagend durch die höhen- und tiefenlose, knisternde Unermesslichkeit der Megasphäre stürzt.
    Brawne wird von Datenverkehr herumgeschubst, von KIs so groß wie der Erdmond fast niedergetrampelt, aber selbst während sie von den Winden der Datenströme hin und her geweht wird, spürt sie ein Licht in der Ferne, kalt, aber lockend, und weiß, weder das Leben noch das Shrike sind mit ihr fertig.
    Und sie nicht mit ihnen.
    Brawne Lamia folgt dem goldenen Leuchten nach Hause.

34
    »Alles in Ordnung, Sir?«
    Ich stellte fest, dass ich auf dem Sessel zusammengeklappt war, die Ellbogen auf den Knien liegen hatte, die Finger in mein Haar krallte und die Handflächen an die Schläfen presste. Ich richtete mich auf und sah den Archivar an.

    »Sie haben geschrien, Sir. Ich habe mir gedacht, es könnte vielleicht etwas nicht stimmen.«
    »Nein«, sagte ich, räusperte mich und versuchte es noch einmal: »Nein, alles in Ordnung. Nur Kopfschmerzen.« Ich sah verwirrt nach unten. Jedes Gelenk in meinem Körper schmerzte. Mein Komlog musste eine Fehlfunktion haben, denn es zeigte an, dass acht Stunden vergangen waren, seit ich die Bibliothek betreten hatte. »Wie spät ist es?«, fragte ich den Archivar. »Netz-Standard?«
    Er sagte es mir. Es waren acht Stunden verstrichen.
    Ich rieb mir das Gesicht, meine Finger waren schweißnass. »Die Öffnungszeit muss längst vorbei sein«, sagte ich. »Tut mir leid.«
    »Kein Problem«, sagte der kleine Mann. »Ich halte die Archive gern für Gelehrte geöffnet.« Er verschränkte die Arme. »Besonders heute. Bei dem ganzen Durcheinander hat man wenig Lust, nach Hause zu gehen.«
    »Durcheinander«, sagte ich und vergaß für einen Augenblick alles – alles außer dem Alptraum von Brawne Lamia, der KI namens Ummon und dem Tod meines Doppelgängers, der anderen Keats-Persönlichkeit. »Ach so, der Krieg. Wie ist die Lage?«
    Der Archivar schüttelte den Kopf und sagte:
    »Alles fällt auseinander, die Mitte hält nicht mehr;
Bare Anarchie bricht aus über die Welt.
Blutgeblendete Strömungen sind losgelassen. Allenthalben
Wird der heilige Vorgang der Unschuld überschwemmt.
Den Besten erlahmt der Glaube, und die Schlimmsten
Sind voll von leidenschaftlicher Heftigkeit.«
    Ich lächelte den Archivar an. »Und glauben Sie, dass eine rauhe Bestie, deren Stunde endlich gekommen ist, nach Bethlehem schlampt in ihre Geburt?«

    Der Archivar lächelte nicht. »Ja, Sir, das glaube ich.«
    Ich stand auf, ging an den Vakuumschaukästen vorbei, an meiner neunhundert Jahre alten Handschrift auf Pergament. »Sie könnten recht haben«, sagte ich. »Sie könnten wirklich recht haben.«
     
    Ich war spät dran; der Parkplatz war verlassen, abgesehen vom Wrack meines gestohlenen Vikken Scenic und einer einzigen prunkvollen EMV-Limousine, die eindeutig hier auf Renaissance Vector von Hand gefertigt worden war.
    »Kann ich Sie irgendwo absetzen, Sir?«
    Ich atmete die kühle Nachtluft und nahm den Geruch von Fisch und ausgelaufenem Öl des Kanals wahr. »Nein danke, ich ’caste nach Hause.«
    Der Archivar schüttelte den Kopf. »Das dürfte schwierig werden, Sir. Alle öffentlichen Terminexe wurden unter Kriegsrecht gestellt. Es ist zu … äh … Aufständen gekommen.« Das Wort hatte für den kleinen Archivar, der offenbar Ordnung und Kontinuität über alles zu stellen schien, einen negativen Beigeschmack. »Kommen Sie«, sagte er, »ich bringe Sie zu einem privaten Farcaster.«
    Ich sah ihn blinzelnd an. In einem anderen Zeitalter wäre er auf der Alten Erde Vorsteher eines Mönchsklosters gewesen, das sich der Erhaltung weniger Überbleibsel der klassischen Vergangenheit verschrieben hatte. Ich betrachtete das Archivgebäude hinter mir und begriff, dass er genau das war.
    »Wie heißen Sie?«, fragte ich und achtete nicht mehr darauf, ob ich das wissen sollte, weil es der andere Keats-Cybrid gewusst hatte.
    »Edward B. Tynar«, sagte er und betrachtete

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