Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Roman

Roman

Titel: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katy Regan
Vom Netzwerk:
Prolog
    September 2008
    Ich wusste in dem Moment, als ich am Morgen die Augen aufschlug und die Sonne durch die Lamellen unserer Fensterläden drang und Streifen auf Martins Gesicht zeichnete, dass heute der Tag war. Ich drehte mich um und betrachtete ihn. Seine Züge waren im Schlaf entspannt, sein Kopf lag seitlich auf dem Kissen, sein Mund stand offen.
    Das war’s, beschloss ich mit Tränen in den Augen, ich hatte das Ende des Weges erreicht. Ich konnte das einfach nicht mehr. Es brachte mich um. Nicht sanft wie in dem Lied, sondern langsam und qualvoll, es quetschte mir das Leben aus dem Leib wie Hände, die um meinen Hals lagen.
    Ich griff zu ihm hinüber und schob ihm vorsichtig (wahrscheinlich schuldbewusst wegen dem, was noch kommen würde) sein dunkles Haar – das ganz feucht war von der Altweibersommer-Nacht – aus dem Gesicht, sodass es hochstand und seine Geheimratsecken enthüllte. Ich hatte gesehen, wie sie entstanden waren. Dieses tiefer werdende V war wie eine Messlatte für die vierzehn Jahre, die wir zusammen verbracht hatten. Manchmal erschien es mir, als hätten sich meine Gefühle mit seinen Haaren zurückgezogen. Vierzehn Jahre. Mehr als ein Drittel meines Lebens. Wusste ich überhaupt noch, wer ich ohne ihn war? Mein Herz klopfte nervös.
    »Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, meine Schöne«, murmelte er halb verschlafen, bevor er einen seiner Arme schwer über meine Brust legte.
    Ich schluckte. Ich hatte das Gefühl, als würde ich einen Mundvoll vertrockneter Blätter schlucken.
    »Danke«, erwiderte ich schließlich. Aber es klang schon alles andere als glücklich.
    Das nächste Mal, wenn ich in diesem Bett läge, würde ich allein sein. Was ich da noch nicht vorhersehen konnte, war jedoch, dass ich eigentlich wegen eines Geschenks mit meinem Verlobten Schluss machen würde – dem Mann, den ich in einem Monat heiraten sollte, dem einzigen Mann, den ich je geliebt und der mich je geliebt hatte. Einem Geschenk, das er für mich gekauft hatte.
    »Für dich, Geburtstagskind: ein Blaubeer-Smoothie und Eier Benedikt mit – wie ich zu behaupten wage – einer Sauce hollandaise, die einen Michelin-Stern verdient hat.«
    Es war jetzt zwei Stunden später (von denen er eine damit verbracht hatte, die Hollandaise zu perfektionieren), deshalb war ich inzwischen eine unglückliche Mischung aus so hungrig, dass ich genervt war, und so schuldbewusst, dass ich genervt war. Martin stellte das Tablett auf der Decke vor mir ab, dann setzte er sich aufs Bett. Er zog den Gürtel seines weißen Bademantels aus Waffelpikee straffer, den es bei Boots das Jahr zuvor an Weihnachten kostenlos zu der Magimix-Kaffeemaschine gegeben hatte.
    Ich blickte auf das hohe Glas mit dem Minzezweig, der so liebevoll obendrauf gelegt war, und dann auf sein Gesicht – so ein angenehmes, freundliches Gesicht, das ich so gut kannte: den geraden, schmalen Mund, der tief in ein großzügiges Kinn eingeprägt war, das einem Mann voller joie de vivre gehörte, der die guten Dinge des Lebens liebte; die leicht nach oben gebogene Nase, in der er so gerne herumpopelte, wenn er glaubte, dass ich nicht hinsah; runde Wangen, bei denen man ständig die Hände ausstrecken und reinkneifen wollte, und diese kleinen, doch immer strahlenden dunklen Augen hinter der Hornbrille, ein bisschen zu weit auseinander – wie bei einem Schaf – und doch so voller unerschütterlicher Liebe, dass ich weinen wollte.
    Ich zwang mich zu lächeln. »Danke, Schatz.«
    »Gern geschehen. Und? Möchte das Geburtstagskind jetzt sein Geschenk, während es sein Frühstück isst, oder später?«
    Martin redete gerne in der dritten Person mit mir.
    »Oh, ich glaube, jetzt.«
    »Gute Entscheidung.« Martin griff tief in die Tasche seines Bademantels und holte einen Umschlag heraus, um den eine rote Schleife gewickelt war. Martin war schon immer ein ausgezeichneter Geschenkeverpacker gewesen, ungewöhnlich für einen Mann, wie ich immer dachte. Ein kurzes Aufflackern von Hoffnung: Theaterkarten vielleicht? Ein Gutschein für eine Gesichtsbehandlung? Ein Gutschein für ein Modegeschäft? Es spielte eigentlich keine Rolle, da ich bereits beschlossen hatte, dass ich es nicht behalten konnte.
    »Komm schon, Caro, die Spannung bringt mich um. Willst du es nicht aufmachen?«, sagte er, und seine Augen glänzten.
    Mit zitternden Händen öffnete ich den Umschlag. Ein Prospekt mit dem Bild von einem herbstlich bunten Baum.
    »Ihr Führer für den National Trust« stand

Weitere Kostenlose Bücher