Die Insel der Albträume und andere unbedingt geheim zu haltende Dinge
Mädchen starrte ihn verständnislos an.
„Schöne Aussicht? Wie bist du denn drauf?“ Sie schüttelte den Kopf und ging weiter.
Rocky schnappte nach Luft und versuchte verzweifelt, mit ihr Schritt zu halten. Aber am Ende hatte sich die Anstrengung gelohnt, denn auf dem Gipfel des Furzföhns war die Aussicht wirklich spektakulär. Allerdings ist damit nicht der Blick auf die Stadt und das Meer gemeint, sondern der hinunter in den Krater. Wahnsinnige 3.718 Meter unter ihnen lag der gigantische Lavasee. Und obwohl die meisten Luftschiffe ausgelaufen waren, ankerten bestimmt hundert oder noch mehr von ihnen an der Kraterwand. Bären und einige Traumwesen, die von hier oben wie Ameisen aussahen, machten sich an ihnen zu schaffen.
„Wow. Cool!“, stellte Rocky ehrlich beeindruckt fest.
„Das Beste kommt noch“, prophezeite das Mädchen mit einem Lächeln, das Angst machen konnte. Sie griff zu einem mittelgroßen Stein, holte weit aus und schleuderte ihn mit voller Kraft in den Krater. Ein beachtlicher Wurf, den Rocky nicht besser hingekriegt hätte.
„Jetzt pass auf!“
Die beiden legten sich an den Kraterrand und schauten dem Stein hinterher. Er fiel und fiel und war bald schon nicht mehr zu erkennen. Es dauerte trotzdem noch eine gefühlte Ewigkeit 23 , bis er in die Lava plumpste. Das wiederum war sehr gut zu erkennen, denn die glühende Masse geriet sofort in Wallung. Es blubberte und gurgelte. Die Lava zog sich zischend zurück, um kurz darauf mit lautem Grollen zu explodieren und nach oben zu steigen. Ein Ausbruch! Die glühende Masse steckte zahlreiche Luftschiffe in Brand, deren Besatzungen sich mit einem Sprung retten mussten. Sekunden später versiegte der Lavastrom wieder, brach in sich zusammen und alles war wie vorher.
„Das ist ja der totale Wahnsinn!“, entfuhr es Rocky.
„Ja, oder? Jetzt bist du dran!“ Das Mädchen drückte ihm einen Stein in die Hand, aber Rocky zögerte.
„Und wenn was passiert?“, fragte er unschlüssig.
„Da passiert schon nichts und Schiffe haben die doch eh genug. Oder traust du dich etwa nicht?“
Rocky sich nicht trauen? Der Junge, der Schulrektorin Frau Hartwig einen Reißnagel auf den Stuhl gelegt hatte? Also ehrlich. Rocky holte aus und schleuderte den Stein mit voller Wucht in den Abgrund. Er und das Glasmurmelmädchen warfen sich sofort wieder auf die Erde und robbten an den Kraterrand, um besser sehen zu können. Rockys Blick folgte gespannt dem Stein, bis er an einer Person, beziehungsweise einem Wesen hängen blieb. Unten auf einem Schiff stand Mopsen. Er hatte die Arme in die Hüften gestemmt und blickte genau in seine Richtung. Rocky glaubte, die roten Äderchen in den wütenden Augen des Eisbären erkennen zu können. Und ich sage euch: Wenn Blicke töten könnten, wäre Rocky jetzt mausetot. Schnell duckte er sich.
„Verdammt! Mopsen! Er hat mich gesehen.“
„Mopsen?!?“, fragte das Mädchen alarmiert. „Das ist schlecht. Wir sollten abhauen.“
Wieder nahm sie Rocky bei der Hand und zog ihn mit sich. Der Abstieg war um einiges leichter als der Aufstieg. Trotzdem musste er sich konzentrieren, bei diesem Tempo nicht zu stolpern, was unweigerlich in einer Katastrophe geendet hätte. Außerdem beschäftigte ihn das, was das Mädchen über Mopsen gesagt hatte.
„Was ist mit dem Eisbären?“
„Dem geht man besser aus dem Weg. Er ist echt böse.“ „Ach, wirklich?“
„Ja, er ist ziemlich bissig, und wenn er zubeißt – Gute Nacht.“
Rocky musste unweigerlich schlucken.
„Er ist der Chef der Navigatoren und der Liebling von Hornbläser. Aber irgendwie habe ich den Eindruck, dass er nicht ganz sauber ist. Trifft sich immer heimlich mit so ein paar finsteren Grizzlybären.“
„Was, wenn er uns erwischt?“
„Er darf uns nicht erwischen. Wir müssen vor ihm unten sein.“ Das Mädchen legte noch einen Zahn zu. Bald darauf erreichten sie die Stadt und mischten sich schnell unter die Passanten. Gerade als sie sich verdünnisieren wollten, flog das Tor zum Vulkan auf. Mopsen! Er baute sich in voller Größe auf und schaute sich um. Das Mädchen zog Rocky schnell in eine Seitengasse. Mopsen schnupperte.
„Wo sind sie?!?“, rief er mit seiner donnernden Donnerstimme. Ein kleinwüchsiges Wesen, das so winzig war wie eine Feldmaus, aber ganz und gar nackt und mit lila Pusteln übersät, richtete sich auf.
„Wo ist wer?“, fragte es interessiert. Mopsen wischte das Wesen mit einem mächtigen Hieb seiner Pranke beiseite und
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