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Die Insel der Albträume und andere unbedingt geheim zu haltende Dinge

Die Insel der Albträume und andere unbedingt geheim zu haltende Dinge

Titel: Die Insel der Albträume und andere unbedingt geheim zu haltende Dinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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Leschnikov.
    „Wohin?“, wollte Rocky wissen. Bis eben schienen die beiden noch alle Zeit der Welt zu haben.
    „Zur Arbeit!“ Leschnikov und Conan grinsten breit.
    „Ihr seid doch krankgeschrieben“, entgegnete Rocky.
    Er freute sich zwar, das Glasmurmelmädchen zu sehen, aber er wollte auf gar keinen Fall allein mit ihr sein. Die Sache mit dem Kuss war ihm noch wahnsinnig peinlich. Aber die beiden Nachtmahre gingen überhaupt nicht darauf ein und verließen fluchtartig das Zimmer.
    „Sprich mit ihr“, flüsterte Leschnikov noch und schloss die Tür. Das Glasmurmelmädchen setzte sich.
    „Willst du dich nicht setzen?“, fragte Rocky, deutlich zu spät. Das war nicht sein Tag heute.
    „Ich habe nachgedacht“, begann sie.
    „Aha. Und worüber?“ Das war Rockys erste gute Frage.
    „Ich will dir helfen, von hier wegzukommen.“
    „Woher weißt du, dass ich von hier wegwill?“ Rocky war sichtlich erstaunt.
    „Das ist doch klar. Du bist ein Mensch und gehörst hier nicht her. So schade das ist.“
    „Und du kannst mir helfen, ja?“
    „Wenn du das Forschungstagebuch hast, kann ich das.“
    „Woher weißt du von dem Buch?“, fragte Rocky überrascht.
    „Frag nicht, komm einfach! Wir dürfen keine Zeit verlieren“, sagte sie und sprang auf. Rocky kramte schnell das Buch hervor und gab es dem Mädchen, das eilig zur Tür hinaushuschte. Rocky folgte, ohne weitere Fragen zu stellen. Was sollte er auch anderes tun? Das Mädchen schien Fragen nicht gerne zu beantworten und vielleicht konnte sie ihm ja tatsächlich helfen?
    Dieses Mal führte das Glasmurmelmädchen Rocky in die südlichen Außenbezirke der Stadt. Hier war er vorher noch nie gewesen. Sie marschierten lange, aber anders als am Vortag redete das Mädchen heute wenig. Nämlich gar nichts. Sie wirkte nachdenklich und traurig.
    „Sag mal, wie heißt du eigentlich?“, fragte Rocky irgendwann.
    „Myrte.“
    „Mürte? Mit ü?“
    Das Mädchen musste lachen.
    „Quatsch.“
    Rocky wusste zwar immer noch nicht, wie man den Namen schrieb, aber wenigstens hatte er sie etwas aufgeheitert.
    „Wohin gehen wir?“
    „In das Tal der Vergessenen“, sagte sie düster. Das klang ziemlich unheimlich. War es dann auch.
    Dieser Teil der Stadt lag in einem tiefen Tal, in das kaum ein Sonnenstrahl vordrang. Es war kalt und feucht, die Häuser waren mit Moos bewachsen, das Straßenpflaster glitschig. Die Traumwesen aus dieser Gegend schlurften kraftlos mit hängenden Köpfen durch die Straßen. Ihre Augen waren wässrig, aus ihren Nasen tropfte grüner Rotz. Alles in allem waren sie wenig Furcht einflößend. Kein Wunder. Es waren Wesen, von denen niemand mehr träumte, Ausgestoßene. Denn ein Albtraumwesen, vor dem sich niemand fürchtet, ist kein Albtraumwesen.
    „Das ist doch total ungerecht, sie so abzuschieben“, sagte Rocky fassungslos.
    „Ja, aber es ist eng geworden, seit so viel geträumt wird und es so viele Neuankömmlinge gibt.“
    Das Mädchen bog in eine ruhige Seitenstraße ein und steuerte direkt auf ein scheinbar unbewohntes Haus zu.
    „Wir sind da. Hier versteckt er sich.“
    Myrte stieß die Tür auf und eilte die morschen Treppen hinauf. Das Haus war mehr oder minder abbruchreif. Die meisten Wohnungstüren fehlten, Strom gab es auch nicht. Alles wirkte verlassen. Bis auf den obersten Stock. Hier hatte es sich jemand gemütlich gemacht. Auf dem Treppenabsatz stand ein gepflegter Gummibaum.

    Die Tür war frisch gestrichen. Auf dem Boden lag eine Fußmatte mit der Aufschrift „Willkommen“. Das Mädchen klopfte, aber niemand antwortete.
    „Er ist nicht da. Wir warten am besten drinnen.“
    „Dürfen wir das?“
    Das Mädchen beachtete Rockys Frage nicht, stieß die Tür auf und betrat die Wohnung. Rocky traute seinen Augen kaum. Das vermeintliche Wohnzimmer war bis unter die Decke vollgestopft mit den verschiedensten Apparaten und Messgeräten. Auf den Regalen stapelten sich ausgestopfte Tiere und Gläser voller seltsamer Dinge, die in Flüssigkeit schwammen. Würmer. Käfer. Schlangen. Gehirne. Schladderadatz. Auf dem Schreibtisch – und das raubte Rocky fast den Atem – lag eine Zeichnung von … ihm! Er war ziemlich gut getroffen, was die Sache aber nur noch unheimlicher machte. Wer fertigte hier Zeichnungen von ihm an und warum? Wo war er hier überhaupt?
    In dem Moment drang ein Geräusch aus dem Treppenhaus an sein Ohr.
    MIIIIIES-MUSCH, MIIIIIES-MUSCH, MIIIIIES-MUSCH.
    Der Hasenbock! Hatte Myrte ihn in eine Falle gelockt?

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