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Die Insel der Albträume und andere unbedingt geheim zu haltende Dinge

Die Insel der Albträume und andere unbedingt geheim zu haltende Dinge

Titel: Die Insel der Albträume und andere unbedingt geheim zu haltende Dinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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Wollte sie ihn dem Hasenbock zum Fraß vorwerfen? Hier in diesem leer stehenden Haus? Er schaute das Mädchen entsetzt an.
    „Er kommt!“, sagte sie leise.
    Rocky wollte fliehen, sich in Sicherheit bringen, zum Fenster hinausklettern – aber er war vor Angst gelähmt, wie mit Sekundenkleber am Boden festgeklebt. Und das Geräusch kam immer näher.

    MIIIIIES-MUSCH, MIIIIIES-MUSCH, MIIIIIES-MUSCH.
    Die Tür flog auf und eine Furcht einflößende Gestalt erschien. Bedrohlich, dämonisch, tödlich. Der Hasenbock! Zum ersten Mal sah Rocky dieses Wesen aus der Nähe, sein mächtiges, scharfkantiges Geweih und das struppige, ungepflegte Fell. Er roch seinen ranzigen Geruch und spürte den eisigen Atem. Gleich würde er Rocky mit seinem mächtigen Geweih aufspießen, um ihn anschließend in Alkohol einzulegen und in seine Sammlung einzureihen. Er schloss die Augen und bereitete sich auf die Schmerzen vor …
    „Myrte, was machst du denn hier?“, fragte der Hasenbock freundlich. „Und wen hast du da mitgebracht?“
    Was war denn jetzt los? Rocky öffnete die Augen und sah, wie der Hasenbock sein Geweih vom Kopf nahm. Unter der Kopfbedeckung, denn nichts anderes war das Geweih, kam ein menschliches Gesicht zum Vorschein. Ein Mann mit struppigem Bärtchen und einer Nickelbrille auf der Nase. Er setzte sich und zog sich die Schuhe aus.
    „Diese Dinger machen mich noch wahnsinnig mit dem Gequietsche.“
    Es waren also die Schuhe! Sie machten dieses unheimliche Geräusch. Und Rocky hätte sich fast in die Hose gemacht.
    „Doktor …“, sagte das Mädchen.
    „… Heinrich Hahn!“, vollendete Rocky verblüfft den Satz.

    „Ah! Jetzt weiß ich auch, wer du bist“, stellte der Doktor fest. „Der Neue von letzter Woche. Was für eine Art Wesen bist du denn?“
    „Ich bin ein Mensch!“, stellte Rocky klar, als er die Sprache wiedergefunden hatte. Hahn wurde blass. „Ein Mensch?“, sagte er fast erschrocken. „Soso. Und wie bist du hierhergekommen?“
    „Zufall. Ich bin da zufällig auf eines dieser Dinger geraten, diese Luftschiffe“, antwortete Rocky.
    „Aha.“ Der Doktor schälte sich umständlich aus seinem Fellanzug. „Entschuldige die Verkleidung, ich will unerkannt bleiben.“
    „Das ist verrückt, dass ich Sie treffe“, stellte Rocky fest.
    „Aha? Kennst mich aus dem Fernsehen? Willst du ein Autogramm?“
    Rocky schüttelte den Kopf. Er hatte den Doktor noch nie zuvor gesehen – und schon gar nicht im Fernsehen.
    „Meine Sendung ,Es hat sich ausgefletscht – Doktor Heinrich Hahn zähmt wilde Tiere‘ 24 ! Nie gesehen?“, fragte der Doktor.
    „Nie gesehen“, bestätigte Rocky.
    „Nein?!?“ Hahn konnte das anscheinend nicht glauben. „Wo gibt es denn so was? Woher kennst du mich sonst?“
    „Ich habe Ihr Reisetagebuch gelesen“, antwortete Rocky. Hahn blickte überrascht zu Myrte, die schuldbewusst das Buch hervorkramte.
    „Es tut mir leid. Ich habe es heimlich mitgenommen.“
    „Du?“ Hahn war sichtlich empört.
    „Ich habe es Leschnikov gegeben. Er will doch so gerne weg von hier und ich dachte, mit Ihrem Buch findet er den Weg.“
    „Mein Forschungstagebuch!“ Mit zittrigen Händen griff Hahn das Buch und begann glücklich, darin zu blättern. „Und ich hatte schon befürchtet, es wäre für immer verloren. Ein schrecklicher Verlust für die Menschheit!“
    „Herr Doktor, sie müssen Rocky helfen. Er muss nach Hause.“
    Hahns Blick wanderte erschrocken zu Rocky. „Nach Hause? Helfen? Ich?“
    „Was in dem Buch steht, stimmt nicht“, erklärte Rocky. „Ich habe meine größte Angst überwunden, aber es hat nicht funktioniert.“
    „Ach, das mit der größten Angst“, Hahn lächelte verlegen und stammelte dann: „Das … habe ich nur geschrieben, weil es so schön dramatisch klingt. So was kommt an bei den Lesern.“
    Rocky fand das gar nicht lustig.
    „Wie jetzt? Was soll das denn heißen?“
    „Es gibt keinen Weg von der Insel. Zumindest kenne ich ihn nicht.“
    „Aber wenn Sie und ich auf die Insel gekommen sind, muss es auch einen Weg runter geben!“, folgerte Rocky verzweifelt.
    „Rocky hat recht“, pflichtet ihm das Glasmurmelmädchen bei.
    „Es tut mir leid. Entschuldigt mich, ich habe zu arbeiten, muss das eine oder andere in meinem Tagebuch nachtragen.“
    Hahn blätterte selbstverliebt in seinem Buch.
    Myrte schaute erschrocken zu Rocky. Er fühlte sich wie ein Regenwurm im Hühnerschnabel. Sein Körper war plötzlich ganz kraftlos. Mit hängendem Kopf

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