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Die Insel der Mandarine

Die Insel der Mandarine

Titel: Die Insel der Mandarine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Hughart
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einen Gärtner
hinunterblickte, der bei der Arbeit sang.« Als Neid eine Schulter hob und kaum
merklich die Achsel zuckte und sich dann abwandte, dämmerte mir, daß an seinem
Gleichnis nichts Amüsantes war. Das Licht in seinen Augen hatte nicht die Kälte
eines tiefen Gewässers wie die Augen von Kuan, sondern die grausame Kälte des
Hasses. Denn Neid konnte niemals ruhen, niemals rasten, niemals sich an etwas
freuen, niemals erlangen, was er sich wünschte und niemals aufhören, zu
wünschen, niemals das furchtbare Verlangen stillen, das seinen Körper und Geist
zerstörte. Er war ein großer Edelmann, der dazu verdammt war, nicht nur Vögel,
Wolken, Sonne und Götter zu beneiden, sondern sogar arglose Gärtner von so
einfachem Gemüt wie Nummer Zehn der Ochse, und für diese Kränkung mußten die
Nummer Zehn die Ochsen dieser Welt nun sterben.
    25
    Die Startlinie war jetzt
sehr nah. Meister Li hob die linke Hand, und die weiße Spitze des grünen
Seidenschals flog nach hinten. Darauf streckte der Springende und
Vorwärtsdrängende mit der mächtigen, knorrigen Gestalt seine stoffumwickelten
Schlegel über das straff gespannte Fell der riesigen Trommel auf dem
Mittelpodest und begann einen ruhigen, gleichmäßigen Rhythmus zu schlagen.
Drüben auf der anderen Seite des Regenbogengewässers tat Männlicher Ahne es ihm
auf dem Yang-Boot gleich. Einhundertsechs-undsiebzig Ruder schoben sich auf den
vier Seiten der beiden Boote heraus und schwebten über die Wasseroberfläche.
Ein dunkler Schattenstrich legte sich über die Hornspitzen, die von den
Drachenköpfen am Bug der Schiffe waagerecht nach vorn ragten. Als er die
Pfosten erreicht hatte, an denen sich die Kapitäne abstützten, ließen Neid und
Meister Li die Tücher in ihrer Rechten hochfliegen. Der Gleitende und Ziehende
hob seine Schlaghölzer und ließ sie, ebenso wie der Außerordentliche Ahne auf der
anderen Seite, scharf zusammenklatschen. Die beiden Mannschaften zogen ihre
achtundachtzig Ruderpaare langsam und weich durch das Wasser. Das Boot machte
unter meinen Füßen einen Satz vorwärts. Gleichmäßig und ohne Hast gaben
Schlaghölzer und Trommeln den Rhythmus an: Klack, rat-tat-tat, klack,
rat-tat-tat, klack... Wenn Steuerruder, die so groß sind wie diejenigen an
Rennbooten, auf das Wasser treffen, haben sie eine gewaltige Bremswirkung,
vergleichbar mit den Bremsen eines Räderwagens, und die Person am Steuer ist
die meiste Zeit damit beschäftigt, sich halb in der Luft hängend über die Pinne
zu werfen und zu versuchen, das riesige, schlüsseiförmige Ruderblatt so
auszubalancieren, daß es knapp über der Wasseroberfläche schwebt, ohne es zu
berühren. Wenn
    die Tücher eine
Richtungsänderung anzeigen oder eine Strömung ausgeglichen werden muß, erweist
es sich, ob die Ziege ihr Geld wert ist. Runter-Schub-hoch! Die geringfügigste
Verlängerung des Steuervorgangs bedeutet zusätzliche Bremswirkung. Bruchteile einer
Sekunde am Start können sich zu ebensoviel Fuß Abstand am Ende summieren, und
das übernatürliche Wesen im anderen Boot beherrschte sein schweres Steuer mit
einem Finger. Ich hatte jetzt schon mit meinem zu kämpfen, und mir war klar,
daß ich mich unmöglich messen konnte mit einem Brunnengeist, der in
vollkommenem Einklang lebte mit unsterblichen Rittersmännern, Halbgöttern aus
alter Zeit und aus Wasser gewobener Musik. Mir blieb nur, mein Bestes zu geben
und auf Meister Li zu vertrauen. Der Springende und Vorwärtsdrängende hielt
seinen Trommelrhythmus unerschütterlich, doch der Gleitende und Ziehende gab
jetzt mit seinen Schlaghölzern einen anderen Ton an. Zuerst verstand ich das
nicht. Dann sah ich, wie das lange, fließende Ende von Meister Lis Tuch auf und
ab zuckte, und fast gleichzeitig bäumte sich das Ruder gegen mich auf. Ich
begriff, daß die Schlaghölzer von nun an Warnungen und Kommandos weitergeben
würden. Es war wahrhaftig kein beschaulicher Teich, den wir befuh-ren. Die
Schlaghölzer kündigten Wellen an, die uns hoch in die Luft hoben und wieder
fallen ließen. Als wir das nächste Mal hochgehoben wurden, wurde der
Trommelrhythmus etwas schneller, und die Ruderer beschleunigten ihre Schläge.
    Ich sah die Bewegung des
rechten Tuchs einen Augenblick bevor die Schlaghölzer das Kommando aufnahmen.
Warte... warte... jetzt! Ich senkte das Blatt ins Wasser und verlagerte mein
Gewicht nach links: Eins... zwei... drei... hoch! Es war nicht so einfach, das
Ruder glatt herauszuziehen, aber ich schaffte es,

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