Die Invasion - 5
ablehnen und ebenso die Dinge, die ihr Regent im Hintergrund zur Unterstützung der Schismatiker zu tun bereit ist, dann wird Greyghor, davon gehe ich aus, seine Meinung doch noch ändern.«
»Das halte ich ebenfalls für sehr gut möglich, Euer Exzellenz«, bestätigte Rayno und nickte. »Aber wie genau wollen wir die öffentliche Meinung zu unseren Gunsten ... beeinflussen?«
»Im Laufe der kommenden Tage«, antwortete Clyntahn, »werden viele Charisianer, die im Zuge der Beschlagnahmung ihrer Schiffe in Gewahrsam genommen wurden, hier in Zion eintreffen.« Sein Tonfall hatte etwas Hintergründiges, während sein Blick wieder hinaus zu dem weißen Mahlstrom des Oktober-Schneesturms wanderte. »Sie werden, um präzise zu sein, genau hierherkommen - zum Tempel.«
»Ach, tatsächlich, Euer Exzellenz?«
»Ja, wirklich«, bestätigte Clyntahn. »Sie werden unmittelbar dem Orden übergeben - um genau zu sein: Ihnen, Wyllym.« Ruckartig wandte der Großinquisitor sich vom Fenster ab; sein Blick war bohrend. »Ich habe mir nicht sonderlich große Mühe gegeben, das Eintreffen der Charisianer dem Kanzler oder dem Schatzmeister gegenüber zu erwähnen. Es erschien mir nicht notwendig, sie damit zu belästigen. Das sind schließlich Angelegenheiten, die ausschließlich in die Zuständigkeit der Inquisition fallen. Oder sehen Sie das anders?«
»Zurzeit ganz gewiss nicht, Euer Exzellenz«, erwiderte Rayno, und wieder lächelte Clyntahn. Es war ein schmallippiges Lächeln.
»Das habe ich mir gedacht, Wyllym. Jetzt müssen wir diese Charisianer ... befragen. Shan-wei ist natürlich die Mutter der Lügen. Zweifellos wird sie ihr Bestes geben, um diese Ketzer zu beschützen, damit sie ihre dunkle Herrin keinesfalls dadurch verraten, dass sie den wahren Kindern Gottes deren Pläne und irrigen Wege kundtun. Aber das Offizium der Inquisition wird wissen, wie man Shan-wei die Maske vom Gesicht reißt, und das Offizium wird die Wahrheit enthüllen, die sich dahinter verbirgt. Das wird Ihre Aufgabe sein, Wyllym. Ich möchte, dass Sie sich persönlich um die Befragung der Charisianer kümmern. Es ist absolut unerlässlich, dass die Gefangenen das gestehen, was in Wirklichkeit geschehen ist. Die Charisianer müssen zugeben, dass sie die Zivilbehörden wissentlich und willentlich provoziert haben - diese Zivilbehörden, die nichts anderes zu tun versucht haben, als völlig friedlich den Anweisungen zu folgen, die Mutter Kirche und ihre eigenen weltlichen Autoritäten ihnen erteilt haben. Die Welt muss in aller Eindeutigkeit erkennen, wo die wahre Blutschuld liegt. Ebenso wie die Welt erfahren muss, welche verderbten Praktiken und Blasphemien diese so genannte Kirche von Charis sich zu Eigen gemacht hat und nun im Namen ihrer finsteren Herrin allen Kindern Gottes aufzuzwingen versucht. Nicht nur, dass die Erlösung der Seelen jener Sünder von ihrer vollständigen Beichte und ihrer Bußfertigkeit abhängt: Wenn erst einmal die Wahrheit bekannt wird, so wird dies überall einen enormen Effekt auf die öffentliche Meinung haben ... selbst in Siddarmark.«
Immer noch durchbohrte Clyntahns Blick Rayno. Der Adjutant holte tief Luft, um sich ein wenig zu beruhigen. Der Großinquisitor hatte Recht, was die Notwendigkeit von Beichte und Bußfertigkeit betraf, wenn eine Seele vom Pfad der Erzengel abgewichen war, so sie denn wahre Erlösung finden wollte. Und die Inquisition war sich ihrer gestrengen, oft herzzerreißenden Pflichten durchaus bewusst. Die Inquisition hatte sehr wohl verstanden, dass es für die wahre Liebe zu den Seelen jener Sünder oft erforderlich war, mit dem Leib eben jener Sünder äußerst ruppig umzugehen. Es war bedauerlicherweise wahr, dass es sich oft als schwierig erwies, jene schützende Mauer aus Stolz, Arroganz und Aufsässigkeit zu durchbrechen, hinter der die verlorenen Seelen sich zu verbergen suchten, bevor man sie wieder in das reinigende Licht von Gottes Liebe führen konnte. Doch wie schwierig die Aufgabe auch immer sein mochte: Die Inquisition hatte schon vor langer Zeit gelernt, sie zu erfüllen.
»Wie rasch muss dies Eures Erachtens bewirkt werden, Euer Exzellenz?«, fragte Rayno nach kurzem Nachdenken.
»So rasch wie möglich, aber nicht augenblicklich«, erwiderte Clyntahn achselzuckend. »Bis meine ... Kollegen bereit sind, offen zu handeln, bezweifle ich, dass auch ein Geständnis Shan-weis selbst allzu viel Gewicht hätte für jemanden, der bereits gewillt ist, den Lügen der Schismatiker
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