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Die Invasion - 5

Titel: Die Invasion - 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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selbst sich aufgetragenen Speisen und Wein widmete. Dennoch konnte Clyntahn ein geradezu unglaublich kultivierter, charmanter Gastgeber sein, wenn er das wollte. Und nichts an diesem Charme war gespielt oder gar falsch. Nur kam Clyntahn sonst eben nie auf die Idee, zu jemandem charmant zu sein. Außer vielleicht dem kleinen Kreis engster Mitarbeiter gegenüber, auf die er sich verließ. ›Vertraute‹ nämlich wäre zu viel gesagt gewesen. Denn Zhaspahr Clyntahn vertraute wahrscheinlich niemandem wirklich.
    »Ich muss gestehen, dass Eure Nachricht mir nicht den Eindruck unmittelbarer Dringlichkeit machte, Euer Exzellenz. Ich hatte allerdings ohnehin im Tempel zu tun. Daher erschien es mir am besten, umgehend auf Eure Einladung zu reagieren.«
    »Ich wünschte nur, ich hätte ein ganzes Dutzend Bischöfe und Erzbischöfe, die so zuverlässig sind wie Sie«, gab Clyntahn zurück. »Bei Langhorne! Ich wäre schon mit sechs davon zufrieden!«
    Rayno lächelte und nahm mit einer angedeuteten Verneigung das Kompliment entgegen. Dann lehnte er sich zurück, umfasste das Weinglas mit beiden Händen und blickte seinen Vorgesetzten aufmerksam an.
    Clyntahn schaute durch das bodentiefe Fenster, vor dem immer noch Schneeflocken wild durcheinanderstoben. Er wirkte gedankenverloren. Beinahe drei Minuten lang beobachtete er schweigend den eisigen Schneesturm. Dann wandte er sich schließlich wieder Rayno zu und lehnte sich in seinem Sessel ebenfalls zurück.
    »Also!«, sagte er, und es schien ganz, als wolle er somit zum geschäftlichen Teil dieser Einladung übergehen. »Ich bin mir sicher, dass Sie sämtliche Berichte über die charisianischen Handelsschiffe gelesen haben, die wir im vorletzten Monat haben beschlagnahmen können.«
    Fragend hob er eine Augenbraue. Rayno nickte.
    »Gut! Das dachte ich mir. Und da Sie alle Berichte gelesen haben, sind Sie sich zweifellos bewusst, dass es bei diesen Beschlagnahmungen gewisse ... Schwierigkeiten gegeben hat.«
    »Jawohl, Euer Exzellenz«, bestätigte Rayno, als Clyntahn schwieg.
    Natürlich war Rayno sich bewusst, dass es ›Schwierigkeiten‹ gegeben hatte. Jeder in Zion war sich zumindest dessen bewusst! Eigentlich hatte es die ordnungsgemäße Beschlagnahmung unbewaffneter oder zumindest nur leicht bewaffneter Handelsschiffe werden sollen - ein erster Schritt, sämtliche Häfen des Festlandes für die allgegenwärtige Handelsmarine von Charis abzuriegeln. Aber die ganze Angelegenheit hatte sich zu etwas völlig anderem entwickelt. Vielleicht nicht überall gleichermaßen, aber was der Großinquisitor als ›Schwierigkeiten‹ zu bezeichnen beliebte, würden die Charisianer wohl anders nennen: Sie würden eher von einem ›Massaker‹ reden, sobald sie erführen, was diesen August in der Hafenstadt Ferayd im Königreich Delferahk geschehen war.
    Höchstwahrscheinlich, korrigierte sich Rayno selbst, nennen sie es zweifellos bereits jetzt so. Schließlich sind zumindest einige ihrer Schiffe entkommen - und dann gewiss geradewegs nach Tellesberg gesegelt. Der Gedanke, was die Propagandisten des schismatischen Charis angesichts derart vieler Opfer aus der Zivilbevölkerung machen würden, ließ den Erzbischof erschauern. Eines steht zumindest fest, dachte er grimmig. Die werden nicht herunterspielen, was dort geschehen ist.
    Und das, so begriff Rayno nun, war es, was Clyntahn in Wahrheit gerade beschäftigte. Der Großinquisitor sprach weniger von den zivilen Opfern, zu denen es gekommen war. Ihm ging es vielmehr darum, die Rolle, die die Inquisition bei diesen Ereignissen gespielt hatte, ins rechte Licht zu rücken. Nur wenige Beschlagnahmungen waren derart schiefgelaufen wie in Delferahk - oder besser: zumindest auf andere Weise katastrophal gewesen. Denn Rayno selbst beunruhigte weitaus mehr, was die Ereignisse in der Stadt Siddar wohl für Folgen zeitigen könnten. Laut den Aussagen der dortigen Agenten der Inquisition war in Siddar zwar alles deutlich glatter verlaufen als in Ferayd - zumindest bis zu dem Moment, als aus irgendeinem unbekannten Grund sämtliche charisianischen Handelsschiffe gleichzeitig den Entschluss gefasst hatten, ihre Abfahrt ... deutlich voranzutreiben. Ihr Entschluss, den Anker zu lichten, war zweifellos reiner Zufall gewesen. Woher hätten sie wissen sollen, dass Reichsverweser Greyghor kurz davor gestanden hatte, die Schiffe, wie es ihm Mutter Kirche befohlen hatte, zu beschlagnahmen, ja woher wohl?
    Es musste reiner Zufall gewesen sein. Was

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