Die Jaeger der Nacht
uns zu erreichen. Und die Gruppe ist kleiner geworden, nur die Jüngsten und Fittesten sind übrig geblieben, nicht mehr als ein paar Dutzend. Sie bleiben nur ein paar Stunden, ehe sie wieder umkehren müssen, lange vor der Morgenröte, als Mond und Sterne noch hoch am Himmel stehen.
Bei Sonnenaufgang habe ich Wachdienst. Eine orangefarbene Kugel steigt über die Berge im Osten, noch blass genug, um direkt hineinzuschauen.
»War’s das?« Ben kommt mit erschöpftem Blick zu mir. »Kommen sie zurück? Oder haben wir sie zum letzten Mal gesehen?«
Ja, wir haben sie zum letzten Mal gesehen, will ich ihm sagen. Aber ich habe auch jetzt noch nicht vergessen, dass unter dieser grünen Erde, unerreichbar für die Sonne und das sanfte Plätschern des Wassers, ein Mädchen in der Kälte und Dunkelheit wartet, das einmal meine Hand in seine genommen hat.
»War’s das?«, fragt er noch einmal.
Ich wende den Blick ab, unfähig, ihm zu antworten.
Am Nachmittag legen wir erneut am Ufer an. David hat ein Kaninchen gesehen; und tatsächlich hat er die Beute nach zehn Minuten Jagd aufgespießt, einen fetten schwarz-weißen Hasen. Er kehrt mit einem breiten Lächeln zurück und präsentiert das Häschen wie eine Trophäe. Sissy blickt zur Sonne. Es ist noch Zeit genug, sagt sie, lasst uns Feuer machen und feiern. Ben springt vor Freude auf und ab, und seine Stimme hallt über die Weiden.
Alle machen sich an die Arbeit. Sissy und David beginnen den Hasen zu häuten. Ben und Jacob machen sich auf die Suche nach Brennholz, finden jedoch kaum etwas bis auf getrocknetes Gras und ein paar Zweige. Epap reibt zwei davon heftig aneinander, um einen Funken zu zünden. Ich stehe rum und versuche geschäftig auszusehen. Es wird erwogen, ein paar Planken des Boots zu verbrennen, doch die Idee wird rasch wieder verworfen.
»Meinen Skizzenblock«, schlägt Epap vor. »Den können wir verbrennen. Eine Seite nach der anderen.«
»Bist du sicher?«, fragt David.
»Kein Problem«, antwortet Epap und steht auf.
»Ich hole ihn«, biete ich im Bemühen, mich nützlich zu machen, an. »In deiner Tasche, richtig?« Ich renne los, bevor er antworten kann.
Seine Fransentasche liegt in der Ecke der Kabine. Ich löse den Riemen und klappe sie auf. Der Skizzenblock hat einen von Spuren des Alters gezeichneten Ledereinband und ist sehr groß, sodass ich ihn regelrecht aus der Tasche herauswinden muss. Ein Windstoß raschelt durch die Seiten und schlägt den Block bei einer Zeichnung der Kuppel auf. Ich betrachte sie näher. Epap ist begabt, wirklich gut, das muss ich ihm lassen. Seine Linien sind sauber, sein Strich fein, aber ausdrucksvoll. Ich blättere durch die Seiten. Es sind fast ausschließlich Porträts der Hepra, pro Seite eins, darüber steht jeweils ihr Name. David. Jacob. Ben. Sissy. Die meisten Zeichnungen bilden Sissy ab. Wie sie kocht, ein Buch liest, mit einem Speer in der Hand rennt und Kleider im Teich wäscht. Schlafend in ihrem Bett, die Augen geschlossen, ihre Miene sanft und friedlich. Ich blättere weiter zurück zum Anfang, zurück in der Zeit. Auf ihren Porträts werden die Hepra immer jünger.
»Komm schon, Gene, warum dauert das denn so lange?«, ruft Epap von Weitem.
»Ich bin sofort da.« Ich blättere um und will den Block gerade zuklappen, als mir etwas ins Auge fällt.
Ein neuer Name, der oben auf der Seite steht: »Der Forscher«.
Ich betrachte die Zeichnung …
Und lasse den Block fallen.
Es ist ein Bild meines Vaters.
DANKSAGUNG
Ich möchte einigen Menschen Dank sagen, die mich im Laufe der Jahre inspiriert und ermutigt haben:
Meinen Lehrern: Mr Pope an der King George V . School und Professor Dan McCall an der Cornell University. Ihre Liebe für Geschichten war berauschend und ansteckend.
Frühen Unterstützern meiner Karriere als Schriftsteller: Terry Goodman, Peter Gordon und Many Ly.
Kollegen und Freunden im Büro des Nassau Country District Attorney, insbesondere Tammy Smiley, Robert Schwartz, Douglas Noll, Jason Richards und Mehmet Gokce.
Der fantastischen Catherine Drayton, die alles ist, was ich mir je von einer Agentin erhofft habe, und mehr; dem Team von Inkwell Management, vor allem Lyndsey Blessing, Charlie Olsen und Kristan Palmer.
Meiner wunderbaren Lektorin Rose Hilliard, für deren wachen Blick, weisen Rat und freundliche Unterstützung ich mich jeden Tag selbst beglückwünschen möchte; meinem Verleger Matthew Shear, der mir das Gefühl gegeben hat, bei St. Martin’s Press nicht
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