Die Jagd am Nil
Zeit. Unten angekommen sah er ein Loch in der Wand, dahinter eine Kammer, in der das Wasser brusthoch stand. Mit gezogener Waffe watete er so schnell wie möglich hindurch, die ganze Zeit Kommandos brüllend, um sich anzutreiben, obwohl er jeden Moment einen Angriff von vorn erwartete. Voller Angst fragte er sich, wie Yasmine und Husniyah die Nachricht aufnehmen würden, sollte ihm etwas zustoßen, aber dieser Gedanke konnte ihn nicht aufhalten. Denn er hatte nicht nur Knox sein Wort gegeben, er konnte auch nicht anders. Lieber sollte seine Familie um ihn trauern, als sich für ihn schämen.
III
Als Khaled langsam in die Schatzkammer kam und im Licht seiner Taschenlampe die funkelnden Artefakte sah, glaubte er, seinen Augen nicht zu trauen. Dort war mehr Gold, als er sich jemals erträumt hatte, und er hatte von einer Menge geträumt. Mit diesem Schatz würde er der reichste Mann Ägyptens sein, der reichste Mensch der Welt. Häuser, Yachten, Flugzeuge, Frauen, Macht – alles, was er schon immer begehrt hatte und was ihm seiner Meinung nach zustand. Aber wie konnte er diesen Schatz in seinen Besitz bringen? Wie konnte er hier rauskommen und den Schatz mitnehmen?
«Gib mir Rückendeckung», befahl er Faisal. «Niemand darf hier rein. Verstanden?»
«Aber wir können immer noch …»
Er wirbelte zu Faisal herum und rammte ihm den Lauf der Kalaschnikow in den Bauch. «Das war ein Befehl», brüllte er. «Wirst du ihm Folge leisten?»
«Ja, Sir.»
Er drehte sich wieder um und durchsuchte die goldenen Nischen und Winkel im Schein seiner Taschenlampe. Plötzlich sah er auf dem Boden vor sich Gaille liegen. Zuerst hielt er sie für tot, konnte jedoch weder viel Blut noch eine Verletzung erkennen. Er bückte sich, legte eine Hand auf ihren Hals und spürte einen flatternden Puls. Sie lebte noch. Vielleicht konnte er sie benutzen. Er richtete sich auf und zielte auf ihr Gesicht. «Kommt raus», rief er. Seine Worte hallten in der Kammer wider. «Sonst erschieße ich sie. Ich meine es ernst. Kommt raus.»
Nichts geschah. So dumm waren sie nicht. Er überlegte, ob er seine Drohung wahr machen sollte, entschied sich aber dagegen.Wenn er sie tötete, würde er den anderen nur allzu deutlich machen, welches Schicksal sie erwartete, und sie würden sich umso heftiger wehren. Er ging weiter und schwenkte seine Taschenlampe umher, hoffend, dass er zufällig einen von ihnen erwischte. Links von ihm atmete jemand ein. Er drehte sich um und sah Lily zwischen einem Thron und einer bemalten Holztruhe kauern, die Arme vor den Kopf gelegt. Als sie merkte, dass er sie gesehen hatte, wimmerte sie erst und begann dann lauthals zu kreischen. Um sie zum Schweigen zu bringen, schlug er ihr den Kolben seiner Kalaschnikow gegen die Stirn. Sie knallte mit dem Kopf gegen die Truhe und sank bewusstlos zusammen. Jetzt, wo zwei Frauen in seiner Gewalt waren, hatte sich die Situation verändert. Er konnte eine erschießen, nur um zu zeigen, dass er es ernst meinte, und dann die andere bedrohen, um den Mann aus seinem Versteck zu zwingen. Er nahm erneut Gaille ins Visier. «Du hast fünf Sekunden», sagte er. «Vier, drei, zw …»
Aus dem Augenwinkel sah er eine verschwommene Reflexion auf einem der goldenen Sarkophage. Ein Mann stürzte hinter den aufgetürmten Schätzen vor und schwang mit beiden Händen einen Stab. Khaled duckte sich weg, aber nicht schnell genug. Kaum wurde er an der Schulter getroffen, schlenkerte sein linker Arm taub nach unten und die Taschenlampe krachte zu Boden. Er schleuderte mit seinem Gewehr herum und schlug es dem Mann gegen die Wange, sodass ihm der Stab aus der Hand fiel. Als er danach greifen wollte, schlug ihm Khaled die Kalaschnikow auf den Hinterkopf und streckte ihn nieder.
Im Gang waren Geräusche zu hören. Ein Mann kam brüllend durch das Wasser gewatet. Khaled erkannte die Stimme sofort. Es war Naguib, dieser verfluchte Polizist! Und er würde jeden Moment hier sein, mit Sicherheit nicht allein. Hass stieg in Khaled auf. Er hatte doch nur ein einigermaßen anständiges Leben führenwollen. Was hatte er diesen verdammten Leuten bloß getan, dass sie alles daransetzten, seine Zukunft zu zerstören?
Der Mann am Boden rollte sich stöhnend auf die Seite. Khaleds linker Arm war noch immer taub, aber er brauchte ihn nicht, um die Kalaschnikow abzufeuern. Er zielte nach unten und wollte gerade abdrücken, als er eine bessere Idee hatte. Er richtete das Gewehr auf Gaille. Khaled wollte, dass der Mann
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