Die Jagd am Nil
gesehen. Gebrannter Ton. Gut gearbeitet. Rosagrau mit weißen Streifen. Ungefähr zwanzig Zentimeter Durchmesser.»
«Das könnte alles Mögliche sein.»
«Ja. Aber ich hatte so ein komisches Gefühl dabei, verstehen Sie?»
Omar nickte ernst, als würde er Knox’ Gefühle respektieren. «Wollen Sie in unserer Datenbank nachschauen?»
«Wenn das möglich ist.»
«Selbstverständlich.» Omar war stolz auf die Datenbank. Sie aufzubauen war vor der unerwarteten Beförderung seine Hauptaufgabe gewesen. «Benutzen Sie doch Mahas Büro, die ist heute nicht da.» Sie gingen zusammen hinüber. Omar setzte sich an ihren Schreibtisch. «Einen Moment.»
Knox nickte, trat ans Fenster und schaute hinunter auf seinen Jeep. Nach der Entdeckung von Alexanders Grab hatte ihn die Reparatur ein Vermögen gekostet, aber der Wagen hatte ihm seit Jahren gute Dienste geleistet, und er war froh über seine Entscheidung.
«Haben Sie etwas von Gaille gehört?», fragte Omar.
«Nein.»
«Wissen Sie, wann sie zurückkommt?»
«Wenn sie fertig ist, nehme ich an.»
Omars Wangen röteten sich. «Schon verstanden», sagte er.
«Tut mir leid», seufzte Knox.
«Schon in Ordnung.»
«Ich werde nur ständig danach gefragt, verstehen Sie?»
«Ja, weil wir sie so sehr mögen. Weil wir Sie beide mögen.»
«Danke», sagte Knox. Dann begann er, sich durch die Datenbank zu arbeiten. Es handelte sich um zahllose Farb- und Schwarz-Weiß-Fotografien von Tassen, Tellern, Statuetten und Grablampen. Größtenteils überflog er die Bilder schnell, während der alte Computer stöhnte und ächzte, um hinterherzukommen. Gelegentlich aber schaute er genauer hin. Noch hatte er kein übereinstimmendes Artefakt gefunden. Er hatte nichts anderes erwartet. Je genauer man sich mit antiken Ausgrabungsgegenständen befasste, desto mehr Unterschiede wurden sichtbar.
Omar brachte einen Krug Wasser und zwei Gläser auf einem Tablett. «Schon Glück gehabt?»
«Noch nicht.» Knox schloss die Datenbank. «War es das?»
«Das waren die Artefakte regionaler Herkunft, ja.»
«Und überregionale?»
Omar seufzte. «Beim Aufbau der Datenbank habe ich eine Reihe von Museen und Universitäten angeschrieben. Damals hat mir kaum einer geantwortet. Aber seit meiner Beförderung …»
Knox lachte. «Was für eine Überraschung.»
«Aber die Daten sind noch nicht eingegeben. Wir haben nur CDs und Unterlagen.»
«Darf ich sie sehen?»
Omar öffnete die oberste Schublade eines Aktenschranks und nahm einen Karton mit CDs heraus. «Sie sind nicht geordnet», warnte er.
«Kein Problem», erwiderte Knox. Er schob eine CD in den Computer. Das Gebläse wurde lauter. Auf dem Monitor erschien eine Seite mit kleinen Bildern, auf denen Fragmente von Papyri und Leinengewändern zu sehen waren. Er rief die nächste Seite auf, dann die dritte. Die Keramiken, die er schließlich fand, waren bunt und gemustert, völlig anders als das, was er suchte.
«Ich lasse Sie dann allein», sagte Omar.
«Danke.» Die zweite CD enthielt Bilder von Skulpturen des römischen Zeitalters, die dritte Bilder von Schmuck, die vierte war kaputt. Knox’ Gedanken begannen abzuschweifen, vielleicht war Omars Frage daran schuld. Er musste an ein Frühstück mit Gaille am Ufer des Nils in Minia denken, daran, wie sie sich die Glasur ihres Gebäcks von der Unterlippe geleckt hatte und ihr dunkles Haar nach vorn gefallen war. Sie hatte gelächelt, als sie seinen Blick bemerkte.
Die achte CD enthielt eine Anatomieschulung, in der gezeigt wurde, wie man anhand der Knochenstärke und der Krümmung des Rückgrats Arbeiter von der reichen Oberschicht unterscheiden konnte.
An diesem Morgen in Minia hatte Gailles Handy geklingelt. Sie hatte die Nummer auf dem Display gelesen, sich dann von ihm abgewandt und ein steifes Gespräch geführt, das sie schnell mit dem Versprechen beendet hatte, später zurückzurufen.
«Wer war das?», hatte er gefragt.
«Niemand.»
«Du solltest dich an deinen Netzanbieter wenden, wenn du weiterhin Anrufe von Leuten kriegst, die nicht existieren.»
Ein gequältes Seufzen. «Fatima.»
«Fatima?» Es hatte ihm einen Stich versetzt. Fatima war eine Freundin von
ihm
. Er hatte die beiden nicht mal eine Woche zuvor miteinander bekannt gemacht. «Was wollte sie?»
«Ich nehme an, sie hat gehört, dass die Ausgrabung in Siwa verschoben wurde.»
«Du nimmst an?»
«Okay. Sie hat davon gehört.»
«Und sie hat dich angerufen, um dir ihr Mitgefühl auszusprechen, oder
Weitere Kostenlose Bücher