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Die Jagd am Nil

Die Jagd am Nil

Titel: Die Jagd am Nil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Adams
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abmühte.
    Während sich Stafford seinen Weg durch die Menge bahnte, rempelte ihn eine ältere Frau an. Sein Laptop schaukelte auf und ab und traf einen Jungen am Ohr. Der Junge bemerkte sofort, wie wohlhabend Stafford aussah, und begann prompt zu schreien. Ein Mann in einem schmutzigen, braunen Gewand fuhr Stafford schroff an, der ihn jedoch nur mit einer arroganten Handbewegung bedachte. Der Junge schrie noch lauter. Schwer seufzend schaute sich Stafford zu der Rothaarigen um, von der er offenbar erwartete, die Sache zu klären. Sie bückte sich, untersuchte das Ohr des Jungen, sah ihn mitfühlend an und gab ihm einen Geldschein. Der Junge konnte sein Grinsen nicht unterdrücken, als er davonsprang. Doch der Mann in dem schmutzigen Gewand fühlte sich von Staffords herablassender Geste gekränkt, und das Almosen für den Jungen verstärkte seine Verärgerung nur. Er erklärtelaut, dass Ausländer heutzutage wohl glaubten, ägyptische Kinder nach Belieben schlagen und sich dann mit Geld freikaufen zu können.
    Die Rothaarige lächelte unsicher und wollte weitergehen, aber die Worte des Mannes hatten die Menge aufgestachelt. Schnell bildete sich ein Kreis um die drei, und die Stimmung wurde aggressiv. Als Stafford versuchte, sich durch die Leute zu drängen, stieß ihn jemand so heftig, dass seine Sonnenbrille von der Nase rutschte. Er wollte sie auffangen, doch sie fiel zu Boden. Einen Augenblick später hörte Gaille das Knirschen von Glas. Ein verächtliches Lachen ertönte.
    Besorgt schaute Gaille zu den drei Wachleuten, aber die gingen mit eingezogenen Köpfen in die Schalterhalle und wollten nichts damit zu tun haben. Angst kam in ihr auf, als sie überlegte, was sie tun sollte. Es war nicht ihr Problem. Niemand wusste, dass sie dort war. Ihr Geländewagen stand direkt vor dem Bahnhof. Sie zögerte noch einen Moment, dann wandte sie sich ab und eilte hinaus.

II
    «Aber es ist doch nur ein Deckel», protestierte Omar, als er hinter Knox die Stufen am Portal der Antiquitätenbehörde hinabeilte. «Davon muss es Tausende gegeben haben. Warum sind Sie sich so sicher, dass er aus Qumran stammt?»
    Knox schloss die Tür seines Jeeps auf und stieg ein. «Weil es der einzige Ort ist, wo die Schriftrollen des Toten Meeres in Tongefäßen gefunden wurden», erklärte er Omar. «Gut, auch in Jericho, nur ein paar Meilen weiter nördlich, hat man eine gefunden und eine weitere in Masada, ebenfalls ganz in der Nähe. Aber ansonsten   …»
    «Aber der Deckel sieht doch völlig gewöhnlich aus.»
    «Er sieht vielleicht so aus», entgegnete Knox, wartete einen vorbeifahrenden Van ab und scherte dann auf die Straße. «Aber Sie müssen eines bedenken: Vor zweitausend Jahren wurden Tongefäße entweder zur Lagerung oder zum Transport von Handelsgütern verwendet. Zum Transport benutzte man üblicherweise Amphoren mit großen Griffen, um sie besser tragen zu können. Diese Gefäße waren robust, weil sie eine Menge aushalten mussten, und hatten eine zylindrische Form, um sie effizienter verstauen zu können.» Am Ende der Straße bog er rechts ab, dann scharf nach links. «Aber sobald die Waren an ihrem Zielort angelangt waren, wurden sie umgefüllt, und zwar in Lagergefäße mit abgerundeten Böden, die in Sand gebettet wurden und leicht gekippt werden konnten, wenn man den Inhalt herausschütten wollte. Diese Gefäße hatten zudem lange Hälse und schmale Öffnungen, damit man sie mit einem Korken verschließen konnte, um den Inhalt frisch zu halten. Die Tongefäße der Schriftrollen vom Toten Meer waren jedoch ganz anders. Sie hatten flache Böden, kurze Hälse und breite Öffnungen, und dafür gab es einen sehr guten Grund.»
    «Welchen?»
    Die Reifen quietschten, als er wegen einer Straßenbahn abbremste, die vor ihm über die Kreuzung rumpelte. «Was wissen Sie über Qumran?», fragte er.
    «Der Ort war von den Essenern bewohnt, oder?», sagte Omar. «Dieser jüdischen Sekte. Ich habe gehört, dass es eine Villa oder eine Festung gewesen sein soll.»
    «Das hat man vermutet», erwiderte Knox, der seit einem Familienurlaub in seiner Kindheit von dem Ort fasziniert war. «Aber ich glaube, dass es falsch ist. Laut Plinius lebten die Essener am nordwestlichen Ufer des Toten Meeres. Wenn nicht in Qumran selbst, dann irgendwo in der Nähe. Bisher hat noch niemand eineüberzeugende Alternative gefunden. Ein Fachmann hat es sehr prägnant ausgedrückt: Entweder waren sowohl Qumran als auch die Schriftrollen essenisch oder wir

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