Die Jangada
das bevorstehende Eintreffen der Jangada bekannt geworden. Die ganze Stadt kannte die Geschichte Joam Dacosta’s. Man erwartete diesen braven Mann. Alle bestrebten sich, ihm und den Seinigen den herzlichsten Empfang zu bereiten.
Hunderte von Fahrzeugen segelten dem Fazender entgegen, und bald war die Jangada überschwemmt von allen Denen, welche die Ankunft ihres so lange verbannt gewesenen Landsmannes zu feiern wünschten. Tausende von Neugierigen, richtiger Tausende von Freunden, drängten sich in dem schwimmenden Dorfe zusammen, lange bevor es seinen Landungsplatz erreicht hatte. Es war aber groß und fest genug, um eine ganze Bevölkerung aufzunehmen.
Und unter Denen, welche sich so beeilten, brachte auch eine der ersten Piroguen Frau Valdez herbei.
Die Mutter Manoels konnte endlich die von ihrem Sohne neuerwählte Tochter in die Arme drücken. Wenn sich die gute Dame nicht nach Iquitos hatte begeben können, brachte ihr der Amazonenstrom nicht ein ganzes Stück Fazenda mit ihrer neuen Familie?
Noch vor Anbruch des Abends hatte der Pilot Araujo die Jangada im Grunde einer Bucht hinter dem Arsenale fest vertäut. Das sollte ihr letzter Ankerplatz, ihr letzter Ruhepunkt nach einer Fahrt von achthundert Meilen auf der großen brasilianischen Wasserader sein. Hier sollten die Indianerzelte, die Negerhütten und die mit kostbarer Ladung gefüllten Magazine abgebrochen werden; dann kam an das, unter grünem Blätterschmucke versteckte Wohnhaus die Reihe, für immer zu verschwinden; endlich auch die kleine Kapelle, deren bescheidene Glocke jetzt noch ihre Töne mit dem feierlichen Geläut der Kirchen von Belem mischte.
Vorher aber sollte eine Feierlichkeit noch auf der Jangada selbst vor sich gehen: die Trauung Manoels und Minhas, so wie die Linas und Fragosos, und der Padre Passanha hätte es sich um keinen Preis nehmen lassen, die so glückverheißende Doppelverbindung zu segnen. In der kleinen Kapelle wollte er die Hände der beiden Brautpaare für immer zusammenlegen.
Wenn diese wegen ihres beschränkten Raumes zwar nur die eigentlichen Familienmitglieder Joam Dacosta’s aufnehmen konnte, so bot doch die ungeheuere Jangada Platz genug für Alle, welche dieser frohen Feier beiwohnen wollten, und wenn sie für den Zulauf von Theilnehmern wirklich nicht genügte, so waren ja die Rasenstufen des ausgedehnten Uferabhanges da für die Menge aller Derer, welche den Mann, der auf so ungewöhnliche Weise zum Helden des Tages geworden war, zu ehren wünschten.
Schon am folgenden Tage, dem 16. October, wurde die Doppelhochzeit mit großem Pomp gefeiert.
Von zehn Uhr Morgens an strömte eine Unzahl von Gästen bei herrlichstem Wetter auf das Deck der Jangada. Am Ufer erblickte man fast die ganze Bevölkerung von Belem, welche sich in Feierkleidern herandrängte. Auf dem Flusse selbst wimmelte es von Booten mit Besuchern, welche an dem Rande des großen Holzzuges anlegten, so daß der Amazonenstrom bis zum jenseitigen Ufer unter dieser Flottille buchstäblich versteckt war.
Als die Glocke der Kapelle zum ersten Male ertönte, war es gleichsam ein Freudensignal für Aller Augen und Ohren. Sofort antworteten die Kirchen der Stadt dem Glockenthürmchen der Jangada. Die Boote im Hafen flaggten bis zur Mastspitze, und die Farben Brasiliens wurden von den Nationalflaggen der anderen Länder begrüßt. Von allen Seiten knatterten Flintenschüsse, aber kaum vermochten die Ehrensalven mit den lauten Jubelrufen von abertausend Lippen zu wetteifern.
Die Familie Dacosta trat aus dem Wohnhause und schritt durch die Menschenmenge nach der kleinen Kapelle.
Joam Dacosta wurde mit frenetischem Jubel empfangen. Er führte Frau Valdez am Arme. Yaquita erschien in Begleitung des Gouverneurs von Belem, der im Vereine mit den Kameraden des jungen Militärarztes die Hochzeit durch seine Gegenwart verherrlichen helfen wollte. Manoel ging an der Seite Minhas, welche wahrhaft reizend aussah; dann kam Fragoso, der die glückstrahlende Lina an der Hand hielt; endlich folgten Benito, die alte Cybele und die Hausdiener der Familie, durch die von dem Personal der Jangada gebildete Doppelreihe schreitend.
Der Padre Passanha erwartete die beiden Brautpaare am Eingange zur Kapelle. Die Ceremonie wurde in würdiger Einfachheit celebrirt, und dieselben Hände, welche einst Joam und Yaquita eingesegnet hatten, streckten sich jetzt aus, um auch über deren Kinder den Segen des Himmels zu erflehen.
So viel Glück durfte nicht durch den Schmerz
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