Die Juedin von Toledo
Kriegshilfe haben die Herren dir zu leisten.Es ist meine Pflicht als dein Escrivano, beizeiten für deinen Krieg vorzusorgen, das heißt, jetzt schon mit seiner Finanzierung zu beginnen. Es widerspräche der Vernunft, wollte ich Kriegsgelder in Hast zusammenkratzen, wenn der Krieg schon da ist. Wir werden nur einen kleinen Jahresbeitrag verlangen, und wir werden ihn fürs erste nur von deinen Städten verlangen. Denen gewähren wir gewisse Freiheiten, und sie werden dir die Waffenhilfe gerne leisten. Deine Barone können nicht so unritterlich sein, dir zu verweigern, was deine Bürger dir gewähren.«
Don Jehuda ließ Alfonso Zeit, das zu überdenken. Dann, sieghaft, fuhr er fort: »Darüber hinaus wirst du, Herr König, deine Granden durch einen Akt höchster, ritterlicher Großherzigkeit zwingen, dir den kleinen Beitrag zu genehmigen.« – »Hast du dir noch nicht genug ausgekocht?« fragte mißtrauisch Don Alfonso. »Es sind«, legte Jehuda dar, »von jenem nicht glücklichen Feldzug her noch immer sehr viele Gefangene in der Hand des Emirs von Sevilla. Deine Barone sind ihrer Verpflichtung, diese Gefangenen auszulösen, nur sehr zögernd nachgekommen.« Don Alfonso rötete sich. Es war Recht und Brauch, daß der Vasall seinen Kriegsknecht, der Baron seinen Vasallen auslöste, wenn der in seinem Dienst in Gefangenschaft geraten war. Die Barone weigerten sich nicht, diese Pflicht anzuerkennen, aber sie kamen ihr dieses Mal mit besonderem Unwillen nach; sie warfen dem König vor, seine Voreiligkeit habe den Feldzug und die Niederlage verschuldet. Am liebsten hätte Don Alfonso stolz erklärt: Ich nehme die Auslösung aller Gefangenen auf mich, ihr Knicker. Doch es ging um eine ungeheure Summe, er konnte sich diese Geste nicht leisten.
Aber da war Jehuda Ibn Esra, und er sagte: »Ich schlage also ehrerbietig vor, daß du aus Mitteln deines Schatzes die Gefangenen auslösest. Und den Herren, denen das zugute kommt, legen wir als einzige Gegenleistung auf, daß sie ihre Pflicht, jetzt schon Steuern für deinen Krieg zu zahlen, im Prinzip anerkennen.«
»Und kann denn mein Schatz das tragen?« fragte beiläufig Don Alfonso.
»Ich werde dafür sorgen, Herr König«, sagte ebenso beiläufig Jehuda.
Ein Strahlen ging über Alfonsos Gesicht. »Das ist ein großartiger Plan«, anerkannte er. Er trat nahe an seinen Familiar heran und spielte mit dessen Brustplatte. »Du verstehst dein Geschäft, Don Jehuda«, anerkannte er.
Sogleich aber mischte sich in seine dankbare Freude erbitternd die Erkenntnis, daß er dem klugen, widerwärtigen Händler immer mehr verpflichtet wurde. »Nur schade«, sagte er bösartig, »daß wir nicht auch die Castros und ihre Freunde auf solche Art beschämen können«, und: »Siehst du«, fügte er hinzu, »mit den Castros hast du mir einen übeln Handel eingebrockt.«
Diese Verdrehung der Tatsachen empörte Jehuda. Die Feindschaft zwischen dem König und den Castros bestand seit den Kinderjahren Don Alfonsos, sie hatte sich verschärft, als er ihnen ihr Castillo in Toledo weggenommen hatte. Und jetzt wollte der König ihm, Jehuda, die ganze Verantwortung für diese Feindschaft aufbürden. »Ich weiß«, erwiderte er, »die Barone de Castro legen dir’s zur Last, daß ein beschnittener Hund ihre Burg beschmutzt. Aber es ist dir sicher nicht unbekannt, Herr König, daß sie Beschimpfungen deiner Majestät schon seit Jahren ausstoßen.«
Don Alfonso schluckte und erwiderte nichts. »Nun ja«, sagte er achselzuckend. »Versuch es mit deinen Mätzchen und Mittelchen. Aber meine Granden sind harte Kämpfer, das wirst du sehen, und auch die Castros werden uns noch manches zu schaffen machen.«
»Es ist große Gnade, Herr König«, erwiderte Jehuda, »daß du meinen Plan billigst.« Er ließ sich auf ein Knie nieder und küßte dem König die Hand. Es war eine männliche, kräftige Hand, übersät mit winzigen roten Haaren, doch schlaff und danklos lagen die Finger in denen Don Jehudas.
Den Tag darauf fand sich Don Manrique de Lara, der ErsteMinister des Königs, im Castillo Ibn Esra ein, um dem neuen Escrivano seine Aufwartung zu machen; begleitet war der Minister von seinem Sohn Garcerán, einem nahen Freunde Don Alfonsos.
Don Manrique, der vom Verlauf der gestrigen Audienz genau unterrichtet schien, meinte: »Ich war überrascht, daß du dem König Unserm Herrn den ungeheuern Betrag für den Loskauf der Gefangenen vorstrecken willst.« Und: »Ist es nicht ein wenig gefährlich«, warnte er
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