Die Juweleninsel
–?«
Raumburg ergriff das Wort:
»Mein Name ist von Hellmann; ich bin Oberstlieutenant bei den Husaren und ein Freund des Generals von Helbig. Diese beiden Herren sind Verwandte von mir – hier der Herr Präsident und hier der Herr Kanzleirath von Hellmann. Wir sind auf einem Ausfluge begriffen, kamen in diese Gegend und beschlossen, unsern Freund zu besuchen. Leider ist er nicht anwesend, wie wir hören?«
»Er befindet sich in der Residenz.«
»Aber die drei gnädigen Fräulein Schwestern?«
»Sind zu Besuch in die Nachbarschaft.«
Die Wirthschafterin antwortete so kurz, weil diese drei Herren etwas an sich zu haben schienen, was ihr nicht gefiel. Was es eigentlich war, das konnte sie sich nicht sagen; aber sie fühlte, daß sie kein Vertrauen zu diesen Männern haben könnte.
»Das ist wirklich unangenehm,« fuhr Raumburg fort. »Wollen Sie uns nicht wenigstens den Herrschaften bei deren Rückkehr empfehlen?«
»Gewiß! Es wird ihnen sicher sehr leid thun, daß es ihnen nicht vergönnt war Sie zu empfangen.«
»So erlauben Sie uns, bevor wir gehen, eine Erkundigung. Es ist bereits spät, und wir sind zu ermüdet, als daß wir unsere Fußtour noch sehr weit fortsetzen möchten. Gibt es hier im Dorfe einen Gasthof, in welchem man findet, was man zu beanspruchen gewöhnt ist?«
Jetzt sah sich die Wirthschafterin doch von derjenigen Seite angegriffen, auf welcher sie aus Höflichkeit an ihre Verpflichtung denken mußte.
»Einen Gasthof gibt es allerdings hier, doch werden Ihnen dort die gewohnten Bequemlichkeiten nicht geboten. Es ist jedoch meine Pflicht, Sie an Stelle des Herrn Generals darauf aufmerksam zu machen, daß Ihnen unsere Zimmer ja gern zur Verfügung stehen. Ich sprach dies nur noch nicht aus, weil ich glaubte, daß Sie Ihre Wagen in der Nähe und sich ein weiteres Ziel vorgesteckt hätten. Darf ich annehmen, daß Sie meine Bitte nicht zurückweisen?«
»Falls wir Ihnen keine Unruhe verursachen.«
»Nicht im mindesten!«
»Wohl, so nehmen wir an. Aber ich bemerke Ihnen, daß wir heut keinerlei Ansprüche machen. Wir reisen so zu sagen inkognito; verstehen Sie wohl. Ein kleines Abendbrod und ein einfaches Bette zum Ausruhen, das ist Alles, um was wir Sie ersuchen.«
»Ich werde Ihren Anordnungen gern nachkommen. Wünschen die Herren noch in Gesellschaft zu bleiben, oder soll ich Ihnen Ihre Zimmer sogleich anweisen?«
»Wir bleiben noch.«
»So erlauben Sie, Ihnen den Herrn Verwalter zu empfehlen. Es wird ihm eine Ehre sein, Ihnen zu Diensten stehen zu dürfen.«
Sie ertheilte in der Küche ihre Befehle und kehrte dann zu Thomas und Zarba zurück.
Die beiden Kinder waren in den Garten gegangen. Jetzt kehrten sie wieder, und Magda meinte altklug:
»Frau Hartig, ich habe unsern Besuch gesehen.«
»Wo denn?«
»Im Garten, wo der Verwalter sie herumführt. Der Eine ist mir bekannt, doch komme ich nicht sogleich auf seinen Namen. Ich muß ihn bei Papa gesehen haben. Er ist ein Offizier.«
»Das stimmt auch. Ich will Dir den Namen sagen: Es ist der Oberstlieutenant von Hellmann, mein Kind. Die andern Herren sind Verwandte von ihm.«
»Von Hellmann? Nein. Dieser Herr muß anders heißen. Den Herrn Oberstlieutenant von Hellmann kenne ich sehr genau. Er ist ein kleiner hagerer Herr mit einem sehr gewaltigen Barte im ganzen Gesichte. Nein. Es kommt mir vor, als ob der Herr im Garten etwas viel Höheres gewesen sei, nicht blos Oberstlieutenant. Er muß General oder so etwas sein.«
»Du irrst Dich, mein Kind. Siehe ihn Dir noch einmal genau an. Da kommen sie eben über den Hof.«
»Ich sehe es ja, es ist der Oberstlieutenant von Hellmann nicht!«
Auch Thomas war aufgestanden und an das Fenster getreten. Er fuhr erschrocken einige Schritte zurück.
»Alle Teufel! Nein, das ist der Hellmann nicht. Das ist hm, es ist doch wahrhaftig gar kein Irrthum möglich!«
»Wer ist es denn?« frug die Wirthschafterin.
»Hm, und drei sind es auch; das stimmt!«
»So sagen Sie aber doch, wer es ist!« bat sie.
Sie war bei dem Tone, welchen Thomas hatte, wirklich ängstlich geworden.
»Zarpa!« rief dieser. »Komme einmal herüper an das Fenster und siehe Dir den grauen Kerl an, der soepen in den Stall guckt!«
Sie folgte seiner Aufforderung.
»Raumburg!« meinte sie überrascht.
»Ja, Prinz Raumpurg, den ich damals mit gefangen hape!«
»Mein Gott, ist das möglich!« rief die erschrockene Wirthschafterin. »Er soll aus dem Gefängnisse entsprungen sein.«
»Das ist er auch, meine liepe Frau
Weitere Kostenlose Bücher