Die Juweleninsel
zerrissen worden wäre!«
»Konnten wir uns vertheidigen? Uns lockte er in ein stark besetztes Zimmer, wo er uns bei der geringsten Bewegung erschossen hätte. Also, was nun?«
»Was nun? Albernheit! Eingeliefert werden wir wieder. Prügel bekommen wir und Fußeisen oder Klötze an die Beine; Kostentziehung und strengen Arrest. Herrgott, ich wollte, die ganze Menschheit hätte nur einen einzigen Kopf, und ich könnte ihn herunterhauen!«
»Würde Ihnen auch nichts nutzen! Wollen lieber unsere Lage überlegen, ob nicht doch vielleicht die Flucht noch möglich ist.«
»Tölpel!« meinte Raumburg verächtlich. »Diese Zarba, welche Ihr besser kennt als ich, wird schon dafür sorgen, daß wir fest sitzen. Wir kommen in das Zuchthaus zurück, daran gibt es gar keinen Zweifel, und so wie wir es dort jetzt hatten, bekommen wir es niemals wieder.«
»Ich tödte mich!« meinte der Krankenschreiber.
»Ich auch!« stimmte sein Gefährte bei.
»Ich nicht!« knirschte Raumburg. »Ich bleibe leben, um mich zu rächen.«
»Aber wenn! Für uns gibt es keine Hoffnung, daß wir jemals entlassen werden.«
»Nein; aber Hoffnung gibt es, daß man doch einmal fliehen kann. Und dann, das schwöre ich bei allen Teufeln, wird man mich nicht wieder ergreifen!«
»Hm, aber lange werden wir aushalten müssen, ehe sich uns eine Gelegenheit bieten wird. Man wird uns trennen; eine Verständigung ist also unmöglich.«
»Pah! Wir sind doch jetzt noch beisammen. Wir kennen alle Räume und die ganze Einrichtung des Zuchthauses. Wir können uns ja jetzt verständigen.«
»Recht so! Benützen wir diese letzte Gelegenheit, um einen Plan zur Flucht bis in das Eingehendste zu entwerfen!«
Während sie diese Berathung pflogen, hatte droben im Salon Thomas Schubert seinen Neffen beim Kopfe.
»Kerl, ich küsse Dir die Packen herunter. Ist erst vierzehn Jahre alt und fängt drei entsprungene Züchtlinge auf eigene Rechnung. – Wie wird meine Parpara den Mund vor lauter Erstaunen aufsperren, wenn ich ihr das erzähle. Aper nun sagt einmal, wem üpergepen wir unsere Gefangenen?«
»Dem nächsten Militärkommando entweder, oder wir telegraphiren an die Anstaltsdirektion, die sie abholen lassen wird.«
»Das letztere ist das Peste. Aper nicht plos an die Direktion hapen wir zu telegraphiren, sondern noch an andere Leute.«
»An wen?«
»Zuerst an den König und dann noch an den Kronprinzen Max. Diese Peiden hapen das größeste Interesse daran, daß Raumpurg jetzt sicher sitzt.«
»Und an Papa,« meinte Magda.
»Natürlich. Und wer pesorgt die Depeschen? In der Schreiperei und mit der Feder pin ich nicht ganz so pewandert wie mit dem Hammer und der Zange.«
»Der Herr Verwalter wird sie abfassen und auch zur Station bringen.«
»Gut. Und pis die Gefangenen apgeholt werden, muß vor der Thür zum Gewölpe und auch vor dem Fenster desselpen Tag und Nacht ein Posten stehen!«
»Den ersten mache ich!« rief Kurt und verließ den Salon.
Nach einiger Zeit kam Magda herunter und sah ihn vor der Thür des Gewölbes hin und her patroulliren.
»Siehst Du jetzt, Magda, daß sie doch gekommen sind und ich sie gefangen habe!«
»Ja, Du hast noch niemals Angst oder Furcht gehabt und wirst einst ein großer Held werden.«
»Und Du meine Frau, meine Heldin!«
»Natürlich. Und weil eine Frau ihrem Mann Alles belohnen muß, so darf ich Dir jetzt für Deine Tapferkeit einen Kuß geben. Nicht wahr?«
»Ja. Komm schnell!«
Viertes Kapitel
Der Schatz der Begum
Es war vor langen langen Jahren, und zwar im Wunderlande von Indien. Ein von vierzehn Kulis gerudertes Boot fuhr den Ganges hinauf, dessen Wasser bei den Indiern so heilig gilt, daß sie es weithin versenden und sogar den Glauben hegen, daß Derjenige, welcher in den Fluthen des berühmten Stromes den Tod sucht oder sich von den darin befindlichen Krokodilen auffressen läßt, sofort von Brahma in den herrlichsten seiner Himmel aufgenommen wird.
Das Boot war mit zwei Mattensegeln und einem Zelte versehen, unter welchem ein Mann lag, der hier Schutz vor den glühenden Strahlen der Sonne suchte. Er hatte seine lange hagere Gestalt auf einem rothseidenen Divan ausgestreckt und sog den Duft eines köstlichen Tabakes aus einer persischen Hukah, 2 welche mit prächtigen Edelsteinen ausgelegt war. In der Linken hielt er die neueste aus London nach Indien gekommene Nummer der Times, welche bereits seit einer vollen Stunde seine ganze Aufmerksamkeit in Anspruch genommen hatte.
Jetzt legte er sie von
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