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Die kalte Legende

Die kalte Legende

Titel: Die kalte Legende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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seinem Whiskey festhielt, zuckte die Achseln.
    »Wenn es ein Trost für Sie ist: Lincoln war tatsächlich bei der Schlacht von Fredericksburg dabei.«
    Quest zog eine Augenbraue hoch. Sie ließ sich nicht gern auf den Arm nehmen. »Warum wollten Sie mich so dringend sprechen, Dante? Was ist so wichtig, dass es nicht Zeit hatte, bis Sie mal wieder in Langley sind?«
    »Wir haben eine Lebensversicherung abgeschlossen. Wir haben alles auf Band gesprochen – alle Informationen zur Prigorodnaja-Operation. Außerdem geht aus den Bändern hervor, dass Sie es waren, die den Leuten des Oligarchen die Schlüssel zu Kastners Haus besorgt haben, damit sie ihn ermorden konnten; dass Sie ihnen von Martins Bienenstöcken erzählt haben, was zum Tod der Chinesin Minh führte. Hinzu kommt der Heckenschützenanschlag auf Martin in Hebron. Und natürlich die Tschechen, die Martin in Prag einen Wagen und eine Pistole gegeben haben und ihn ins Verderben rennen lassen wollten. Hinter all diesen Mordversuchen stecken Sie.«
    »Das ist doch Unsinn! Ich wäre niemals so blöd gewesen, eine Pistole mit Dummypatronen zu laden.«
    Dante sagte: »Woher wissen Sie das mit den Dummypatronen?«
    Quest betupfte den Lidschatten auf einem Auge, sodass an ihrer Fingerspitze die Farbe haften blieb. Dante fasste ihr Schweigen als Antwort auf. »Hören Sie, Fred, wenn einer von uns an etwas anderem als an Altersschwäche stirbt, werden die Bänder vervielfältigt und an die Mitglieder des Kongress-Kontrollausschusses geschickt, außerdem an ausgewählte Journalisten der liberalen Presse, die über Ihre gelegentlichen Patzer berichten.«
    »Sie bluffen.«
    Dante hob das Kinn und blickte Quest in die Augen. »Wenn Sie das glauben, können Sie es ja drauf ankommen lassen.«
    »Hören Sie, Dante, wir alle sind im Kalten Krieg aufgewachsen. Wir alle haben für die gute Sache gekämpft. Ich bin sicher, wir können uns einigen.«
    »Da ist noch was. Wir haben uns zusammengesetzt und darüber beratschlagt, ob wir Ihr Leben oder Ihre Karriere beenden. Die Karriere hat gewonnen, zwei zu eins. Innerhalb einer Woche möchten wir in der Zeitung lesen, dass die legendäre Crystal Quest, die erste Frau, die es zum Deputy Director of Operations gebracht und die der CIA zweiunddreißig Jahre lang loyal und kompetent gedient hat, in den Ruhestand versetzt wurde.«
    Quest war unwillkürlich in den Sog von Dantes Dreifaltigkeit geraten und fragte: »Wer hat dafür gestimmt, mein Leben zu beenden?«
    »Wer wohl? Martin natürlich. Aber weil er von den dreien am zimperlichsten ist, wollte er, dass ich oder Lincoln Sie erledigen.«
    Dante lächelte freundlich. »Manche Leute vergeben, aber vergessen nicht. Bei Martin ist es umgekehrt – er vergisst, aber er vergibt nicht.«
    »Was vergisst er?«
    »Ob Martin Odum eine Legende ist oder sein wahres Ich.«
    »Es ist sein wahres Ich, die erste Legende. Sie waren beim militärischen Abschirmdienst –«
    »Sie meinen, Martin war beim militärischen Abschirmdienst.«
    Quest nickte vorsichtig. »Martins Spezialgebiet waren osteuropäische Dissidenten. Mir kam zufällig ein Aufsatz in die Hände, den er für das Vierteljahresblatt des Abschirmdienstes geschrieben hatte. Darin sprach er von zwei Sorten von Dissidenten: den Antikommunisten, die den Kommunismus insgesamt abschaffen wollten, und den Prokommunisten, die den Kommunismus vom Stalinismus säubern und das System reformieren wollten. Sein Artikel prophezeite durchaus weitsichtig, dass die Prokommunisten am Ende einen stärkeren Einfluss auf Osteuropa und auf die Sowjetunion selbst ausüben würden als die Antikommunisten. Ich entsinne mich, dass Martin den Prozess gegen Pavel Slánsk in Prag als Beispiel anführte und ihn als den Vorläufer der Reformer bezeichnete, die nach ihm kamen: Dubček in der Tschechoslowakei, schließlich Gorbatschow in der Sowjetunion.«
    »Und Sie haben ihn vom Abschirmdienst zur CIA gelockt?«
    »Der Legendenausschuss entwarf für ihn eine Tarnung mit seinem richtigen Namen und möglichst vielen Fakten aus seiner richtigen Vergangenheit. Er hatte in Pennsylvania gelebt, bis sein Vater mit der Familie nach Brooklyn zog. Da war Martin ungefähr acht. Er wohnte am Eastern Parkway und besuchte die Public School 167. Crown Heights war sein Revier, er hatte sogar einen Schulfreund, dessen Vater ein Chinarestaurant auf der Albany Avenue besaß. Als wir herausfanden, dass er was von Sprengstoffen verstand, ließen wir ihn eine Weile Briefbomben basteln

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