Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kameliendame

Die Kameliendame

Titel: Die Kameliendame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
Vom Netzwerk:
nie wieder hier gewesen?« »Nein, aber er wird wiederkommen, wenn er zurück ist.« »Ist er denn verreist?« »Ja.«
»Wissen Sie wohin?«
»Ich glaube zur Schwester von Fräulein Gautier.« »Was will er dort?«
»Er will sie um die Erlaubnis bitten, die Tote zu exhumieren, um sie an einer anderen Stelle zu begraben.« »Warum läßt er sie nicht hier?«
»Ja, sehen Sie, mit den Toten hat so jeder seine eigenen Ideen. Das erleben wir hier alle Tage. Dieses Stück hier ist nur für fünf Jahre gekauft. Der junge Mann möchte eines für
immer und ein größeres. In dem neuen Teil des Friedhofes wird sich das besser machen lassen.« »Was nennen Sie den neuen Teil?«
»Das neue Land, das jetzt da links dazugekauft wird. Wenn der Friedhof immer so gehalten worden wäre wie jetzt, dann gäbe es so einen nicht zum zweitenmal auf der Welt. Es muß aber doch noch viel getan werden, bis alles so ist, wie es sein sollte. Und dann sind die Menschen so eigenartig.« »Was wollen Sie damit sagen?«
»Ich will sagen, daß es Menschen gibt, die auch hier noch ihren Stolz haben. So wie dieses Fräulein Gautier. Anscheinend hat sie ein lustiges Leben geführt. Verzeihen Sie diesen Ausdruck. Jetzt ist das arme Fräulein tot. Und nun sind hier nur noch diese stummen Blumen, die wir täglich begießen. Und wenn dann die Angehörigen der Toten, die neben ihr bestattet sind, erfahren haben, wer sie war, dann bilden sie sich doch ein, sie müssen sich dagegen wehren, daß man sie hierher legt. Sie meinen, man müßte diese Art Frauen, wie die Armen, gesondert begraben. Hat man so was schon gehört? Ich, ich habe es ihnen schon gegeben, diesen dicken Rentnern, die nur viermal im Jahr kommen und ihre Blumen auch noch selber mitbringen. Und was für Blumen! Auf die Grabsteine lassen sie Tränen schreiben, die sie niemals vergossen haben, und dann kommen die und wollen der Nachbarschaft Schwierigkeiten machen. Sie können es mir gerne glauben, Herr, ich kenne dieses Fräulein nicht, ich weiß nicht, was sie getan hat, und doch liebe ich die arme Kleine, ich gebe mir Mühe mit ihr und gebe ihr die Kamelien ohne Preisaufschlag. Sie ist mein Liebling unter den Toten. Wir hier, Herr, wir müssen die Toten gerne haben, denn wir sind so beschäftigt mit ihnen, daß uns fast keine Zeit bleibt, etwas anderes zu lieben.« Ich sah diesen Mann an, und der eine oder andere meiner Leser wird verstehen, wie mich seine Worte bewegten. Offenbar merkte er es, denn er fuhr fort: »Man sagt, daß es Leute gab, die sich für dieses Mädchen da zugrunde gerichtet haben, daß sie Liebhaber hatte, die sie anbeteten. Na, und wenn ich dann bedenke, daß keiner davon auch nur eine Blume für sie übrig hatte, so finde ich das recht merkwürdig und traurig. Aber sie braucht sich ja nicht zu beklagen, sie hat ihr Grab, und wenn sich sonst niemand an sie erinnert, so ist das die Sache der anderen. Aber wir haben hier noch andere arme Mädchen von ihrer Art, auch nicht älter als sie, die kommen in das Armengrab, und es zerreißt mir jedesmal das Herz, wenn ich ihre schmächtigen Körper niedergleiten sehe. Und niemand kümmert sich mehr um sie, wenn sie einmal tot sind! Unser Beruf ist nicht immer schön, besonders, wenn wir noch etwas Herz haben. "Was wollen Sie? Ich kann nichts dafür. Ich habe eine erwachsene Tochter, ein schönes Mädchen von zwanzig Jahren. Und wenn man uns eine Tote in ihrem Alter bringt, ob das nun eine vornehme Dame oder eine Dirne ist, ich kann es nicht ändern, ich bin jedesmal bewegt.
Aber ich langweile Sie mit meinen Geschichten, und Sie sind nicht hergekommen, um mich anzuhören. Ich sollte Sie zum Grab von Fräulein Gautier führen, und hier ist es. Kann ich sonst noch etwas für Sie tun?«
»Wissen Sie die Adresse von Herrn Armand Duval?« fragte ich den Mann.
»Ja, er wohnt in der Rue ..., jedenfalls habe ich dorthin auch die Rechnung für die Blumen gebracht, die Sie hier sehen.« »Ich danke Ihnen, mein Freund.«
Ich warf einen letzten Blick auf das blumengeschmückte Grab. Ich hätte zu gern die Tiefen erforscht, um zu sehen, was die Erde aus dem schönen Wesen gemacht hat, das man ihr anvertraute. Dann entfernte ich mich betrübt. »Möchte der Herr den Herrn Duval besuchen?« fragte der Gärtner, der noch neben mir ging. »Ja.«
»Ich bin sicher, daß er noch nicht zurück ist. Sonst hätte ich ihn schon hier gesehen.«
»Sie sind also überzeugt, daß er Marguerite nicht vergessen hat?«
»Nicht nur überzeugt, ich meine sogar,

Weitere Kostenlose Bücher