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Die Kane-Chroniken – Der Feuerthron

Die Kane-Chroniken – Der Feuerthron

Titel: Die Kane-Chroniken – Der Feuerthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick Riordan
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weißen Flammen, die noch immer über ihre Hand und die Schriftrolle züngelten, schien der Greif als eine Art Herausforderung zu betrachten. Ich hatte oft Falkenschreie gehört – ich war schließlich das ein oder andere Mal selbst ein Falke gewesen –, doch als dieses Viech den Schnabel aufriss, gab es einen so gellenden Schrei von sich, dass die Fensterscheiben klirrten und mir die Haare zu Berge standen.
    »Sadie«, sagte ich, »lass die Schriftrolle los.«
    »Wie denn? Sie klebt an meiner Hand!«, protestierte sie. »Und ich brenne! Hab ich das schon erwähnt?«
    Mittlerweile loderten auf sämtlichen Fenstern und Artefakten kleine Geisterfeuer. Die Schriftrolle schien auch noch die letzte ägyptische Zauberkraft im Raum aktiviert zu haben, und das konnte nichts Gutes bedeuten. Walt und Jaz standen wie angewurzelt da. Aber daraus kann man ihnen keinen Vorwurf machen. Das hier war ihr erstes richtiges Monster.
    Der Greif ging einen Schritt auf meine Schwester zu.
    Ich stand direkt neben ihr und wandte den einzigen Zaubertrick an, den ich noch beherrschte: Ich griff in die Duat und zog mein Schwert aus dem Nichts – ein ägyptisches Chepesch mit einer mörderscharfen, gebogenen Klinge.
    Sadie sah ziemlich albern aus mit ihrer brennenden Hand und der Schriftrolle, wie eine übereifrige Freiheitsstatue. Doch sie schaffte es, mit der freien Hand ihre wichtigste Angriffswaffe herbeizurufen – einen anderthalb Meter langen Zauberstaub, in den Hieroglyphen geschnitzt waren.
    Sadie fragte: »Irgendwelche Tipps zur Bekämpfung von Greifen?«
    »Weiche den Körperteilen aus, die dich verletzen könnten?«, sagte ich aufs Geratewohl.
    »Genial! Da wäre ich nie draufgekommen.«
    »Walt!«, rief ich. »Schau mal, ob du eines dieser Fenster öffnen kannst.«
    »A-aber sie sind mit einem Fluch belegt.«
    »Richtig«, sagte ich. »Aber wenn wir versuchen, durch den Ballsaal herauszukommen, verspeist uns der Greif schon vorher.«
    »Ich mach ja schon.«
    »Jaz«, fuhr ich fort. »Hilf Walt.«
    »Diese Symbole auf den Scheiben«, murmelte Jaz. »Ich … ich hab sie schon mal irgendwo gesehen –«
    »Tu einfach, was ich dir sage!«, erwiderte ich.
    Der Greif machte einen Satz, seine Flügel surrten wie Kettensägen. Sadie warf ihren Zauberstab. Er verwandelte sich im Flug in einen Tiger und krachte mit ausgefahrenen Krallen auf den Greif.
    Der Greif schien nicht beeindruckt. Er stieß den Tiger zur Seite, anschließend schlug er mit unnatürlicher Geschwindigkeit um sich und öffnete seinen Schnabel unglaublich weit. Happs! Der Greif schluckte und rülpste und weg war der Tiger.
    »Das war mein Lieblingszauberstab!«, rief Sadie.
    Der Greif starrte mich an.
    Ich umklammerte mein Schwert. Die Klinge begann zu leuchten. Hätte ich doch bloß noch Horus’ Stimme in meinem Kopf gehabt, die mich anstachelte! Mit einem persönlichen Kriegsgott ist es viel leichter, dämliche Mutproben zu bestehen.
    »Walt!«, rief ich. »Wie läuft’s mit den Fenstern?«
    »Wir arbeiten dran«, sagte er.
    »W-warte mal«, sagte Jaz nervös. »Das sind Symbole von Sachmet. Walt, lass das!«
    Dann passierte alles Mögliche gleichzeitig. Als Walt das Fenster öffnete, überrollte ihn eine Woge weißes Feuer und schleuderte ihn zu Boden.
    Jaz rannte zu ihm. Der Greif verlor auf der Stelle das Interesse an mir. Wie jedes ordentliche Raubtier konzentrierte er sich auf das bewegliche Ziel – Jaz.
    Ich sprintete hinterher. Doch statt sich unsere Freunde zu schnappen, flog der Greif über Walt und Jaz hinweg und klatschte gegen das Fenster. Jaz riss Walt zur Seite, als der Greif wie verrückt nach den weißen Flammen schlug und biss.
    Er versuchte, das Feuer anzugreifen, schnappte aber nur in die Luft. Der Greif drehte sich, dabei fegte er einen Schaukasten mit Uschebti um. Mit dem Schwanz zertrümmerte er einen Sarkophag.
    Ich weiß nicht, was über mich kam, jedenfalls brüllte ich: »Aufhören!«
    Der Greif erstarrte. Er wandte sich mir zu und krächzte gereizt. Ein weißer Feuervorhang raste davon und brannte in einer Ecke des Saals, als wolle er sich wieder sammeln. Dann bemerkte ich andere Feuer, die sich zusammenscharten und feurige Gestalten bildeten, die vage menschlich aussahen. Eine sah mir direkt in die Augen und ich spürte eine unverkennbare Aura von Bösartigkeit.
    »Carter, lenk ihn ab.« Sadie waren die brennenden Gestalten offensichtlich nicht aufgefallen. Als sie ein Stück Zauberzwirn aus ihrer Hosentasche zog, ließ sie den

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