Die Kane-Chroniken – Der Feuerthron
gegen die Glaskuppel. Selbst schwarz gekleidet war er wegen seines goldenen Fells in der Dunkelheit deutlich zu erkennen, von seiner regenbogenfarbenen Schnauze ganz zu schweigen.
»Agh!« , grunzte er.
Da er ein Pavian ist, konnte das von »Hey, da unten gibt’s was zu fressen« über »Die Scheibe ist dreckig« bis zu »Mann, diese Nummer mit den Stühlen ist echt bescheuert« alles Mögliche heißen.
»Cheops hat Recht. Es wird schwierig werden, uns durch die Party hinauszuschleichen«, interpretierte Sadie sein Grunzen. »Vielleicht wenn wir so tun, als wären wir Techniker –«
»Klar doch«, unterbrach ich sie. »Entschuldigen Sie bitte. Vier Jugendliche schleppen gleich eine Drei-Tonnen-Statue hier raus. Sie wird bloß mal eben durchs Dach davonschweben. Kein Grund zur Panik.«
Sadie verdrehte die Augen. Sie nahm ihr Zaubermesser – ein gebogenes Stück Elfenbein mit eingravierten Abbildungen von Ungeheuern – und deutete damit auf den Kuppelrand. Eine goldene Hieroglyphe leuchtete auf und das letzte Vorhängeschloss öffnete sich mit einem Klicken.
»Aber wenn wir das gar nicht als Ausgang benutzen«, sagte sie, »wozu öffne ich das Schloss überhaupt? Können wir nicht einfach auf demselben Weg rausgehen, auf dem wir reingekommen sind – durch das Seitenfenster?«
»Das hab ich dir doch schon erklärt. Die Statue ist riesengroß. Sie passt da nicht durch. Außerdem, die Fallen –«
»Und wenn wir es morgen Abend noch mal probieren?«, fragte sie.
Ich schüttelte den Kopf. »Morgen wird alles in Kisten verpackt und verschifft.«
Sie musterte mich auf ihre übliche nervige Art mit hochgezogenen Augenbrauen. »Wenn uns jemand vielleicht mal früher Bescheid gesagt hätte, dass wir diese Statue klauen müssen –«
»Jaja, wenn.« Mir war klar, in welche Richtung sich diese Diskussion entwickeln würde, und es brachte nichts, wenn Sadie und ich uns die ganze Nacht auf dem Dach stritten. Sie hatte natürlich Recht. Es war wirklich kurzfristig gewesen. Aber, hallo – meine Quellen waren nicht gerade der Ausbund an Verlässlichkeit. Nachdem ich wochenlang um Hilfe gebettelt hatte, gab mir mein Kumpel, der Falkenkriegergott Horus, im Traum einen Tipp: Ach, übrigens, dieses Artefakt, hinter dem du her bist …? Das möglicherweise den Schlüssel zur Rettung der Welt enthält? Das steht seit dreißig Jahren die Straße runter in Brooklyn, aber morgen wird es nach Europa verschickt, also spute dich lieber! Du hast fünf Tage, um herauszufinden, wie du es einsetzen musst, oder wir sind alle dem Untergang geweiht. Viel Glück!
Am liebsten hätte ich ihn zusammengebrüllt, weil er mir das nicht früher verraten hatte, nur hätte das auch nichts geändert, denn Götter reden nur, wenn ihnen danach ist. Das Zeitkonzept der Sterblichen ist nicht so ihr Ding. Nachdem Horus sich ein paar Monate meinen Kopf mit mir geteilt hatte, habe ich das irgendwann kapiert. Ein paar seiner asozialen Eigenschaften waren mir geblieben – zum Beispiel das gelegentliche Bedürfnis, kleine pelzige Nagetiere zu jagen oder Leute zum Kampf auf Leben und Tod herauszufordern.
»Wir bleiben einfach bei unserem Plan«, sagte Sadie. »Steigen durch das Seitenfenster ein, suchen die Statue und lassen sie durch den Ballsaal nach draußen schweben. Wenn wir so weit sind, fällt uns schon was für die Hochzeitsgesellschaft ein. Irgendein kleines Ablenkungsmanöver.«
Ich runzelte die Stirn. »Ein Ablenkungsmanöver?«
»Carter, du machst dir zu viele Gedanken«, sagte sie. »Es wird genial. Oder hast du vielleicht eine andere Idee?«
Das Problem war – ich hatte keine.
Man sollte glauben, Zauberkräfte würden alles leichter machen. Aber im Gegenteil. Wenn man sie einsetzt, wird alles nur noch komplizierter. Es gibt immer tausend Gründe, warum dieser oder jener Zauberspruch in bestimmten Situationen nicht funktioniert. Und ständig gibt es andere Zauber, die einem einen Strich durch die Rechnung machen – so wie der Schutzzauber, der auf diesem Museum lag.
Wir wussten nicht genau, wer es mit einem Bann belegt hatte. Vielleicht war einer der Museumsangestellten in Wirklichkeit ein Magier, das wäre ja nichts Ungewöhnliches. Unser Vater hatte seinen Doktortitel in Ägyptologie schließlich auch als Tarnung benutzt, um Zugang zu bestimmten Artefakten zu bekommen. Das Brooklyn Museum besaß außerdem die weltweit größte Sammlung ägyptischer Schriftrollen mit Zaubersprüchen. Ihretwegen hatte unser Onkel Amos sein
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