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Die Kathedrale des Meeres

Titel: Die Kathedrale des Meeres Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Falcones Ildefonso
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während er Joans Frage beantwortete. In seiner Stimme lag ein Hauch von Resignation, der dem Inquisitor nicht entging.
    »Hast du schon immer so geheißen?«
    Anton Sinom zögerte. Joan wartete auf die Antwort.
    »Hier kennt man mich schon immer unter diesem Namen«, erklärte er schließlich.
    »Und anderswo?«
    »Anderswo hatte ich einen anderen Namen.«
    Joan und Anton sahen sich an. Der kleine Mann hatte nicht ein einziges Mal den Blick gesenkt.
    »Einen christlichen Namen?«
    Anton schüttelte den Kopf. Joan verkniff sich ein Lächeln. Wie sollte er es anfangen? Indem er ihm sagte, dass er wisse, dass er gesündigt habe? Dieser konvertierte Jude würde nicht auf das Spiel hereinfallen. Niemand im Dorf hatte ihn durchschaut. Sonst hätte ihn mehr als einer angezeigt, wie es bei Konvertiten sonst geschah. Dieser Sinom musste intelligent sein. Joan betrachtete ihn einige Sekunden, während er sich fragte, was dieser Mann zu verbergen hatte. Weshalb zündete er nachts Lichter in seinem Haus an?
    Joan erhob sich und verließ den Raum. Der Schreiber und die Soldaten rührten sich nicht. Als er die Tür hinter sich schloss, erstarrten die Neugierigen, die sich vor dem Haus versammelt hatten. Joan achtete nicht auf sie und wandte sich an den Hauptmann: »Befinden sich Familienangehörige des Mannes unter den Anwesenden?«
    Der Hauptmann deutete auf eine Frau und zwei Knaben, die ihn ängstlich ansahen. Da war etwas, das …
    »Was arbeitet dieser Mann? Wie ist sein Haus? Was hat er gerade getan, als ihr ihn vor das Tribunal gebracht habt?«
    »Er ist Bäcker«, antwortete der Hauptmann. »Seine Backstube befindet sich im Erdgeschoss seines Hauses. Sein Haus war ganz normal, sauber. Wir haben nicht mit ihm gesprochen, als wir ihn einbestellt haben, sondern mit seiner Frau.«
    »Er befand sich nicht in der Backstube?«
    »Nein.«
    »Seid ihr im Morgengrauen dort gewesen, wie ich es euch befohlen habe?«
    »Ja, Bruder Joan.«
    ›Manchmal werde ich nachts wach …‹ So hatte der Nachbar gesagt. Ein Bäcker stand vor Morgengrauen auf. Schläfst du nicht, Sinom? Wenn du frühmorgens aufstehen musst … Joan sah zu der Familie des Konvertiten hinüber, die ein wenig abseits von den übrigen Schaulustigen stand. Er ging eine Weile im Kreis, dann kehrte er ins Haus zurück. Der Schreiber, die Soldaten und der Konvertit hatten sich nicht von der Stelle bewegt.
    Joan trat so nah vor den Mann, dass sich ihre Gesichter beinahe berührten. Dann setzte er sich wieder auf seinen Platz.
    »Zieht ihn aus«, befahl er den Soldaten.
    »Ich bin beschnitten. Ich sagte ja bereits …«
    »Zieht ihn aus!«
    Die Soldaten traten zu Sinom. Der Blick, den ihm der Konvertit zuwarf, bevor sie sich auf ihn stürzten, überzeugte Joan davon, dass er recht hatte.
    »Und was hast du mir nun zu sagen?«, fragte er ihn, als dieser völlig entkleidet war.
    Der Konvertit versuchte, so gut es ging Haltung zu bewahren.
    »Ich weiß nicht, was du meinst«, entgegnete er.
    »Ich meine«, Joan senkte die Stimme und betonte jedes einzelne Wort. »Ich meine, dass dein Gesicht und dein Hals schmutzig sind, doch von der Brust abwärts ist deine Haut makellos sauber. Ich meine, dass deine Hände und Handgelenke schmutzig sind, deine Arme jedoch völlig rein. Ich meine, dass deine Füße und Knöchel schmutzig sind, deine Beine jedoch sauber.«
    »Über der Kleidung schmutzig, darunter sauber«, bemerkte Sinom.
    »Nicht einmal Mehl, Bäcker? Willst du mir weismachen, dass die Kleidung eines Bäckers vor Mehl schützt? Willst du mich glauben machen, dass du in dicker Winterkleidung am Backofen arbeitest? Wo ist das Mehl auf deinen Armen? Heute ist Montag, Sinom. Hast du den Tag des Herrn gefeiert?«
    »Ja.«
    Joan hieb mit der Faust auf den Tisch und sprang auf.
    »Aber du hast dich auch gereinigt, wie es deine ketzerischen Riten vorschreiben!«, schrie er.
    »Nein«, wimmerte Sinom.
    »Wir werden sehen, Sinom, wir werden sehen. Sperrt ihn ein und bringt mir seine Frau und seine Söhne.«
    »Nein!«, flehte Sinom, als ihn die Soldaten unter den Armen packten und in den Keller schleiften. »Sie haben nichts damit zu tun!«
    »Halt!«, befahl Joan. Die Soldaten blieben stehen und drehten den Konvertiten zu dem Inquisitor um. »Womit haben sie nichts zu tun, Sinom? Womit?«
    Sinom gestand, um seine Familie zu schützen. Als er geendet hatte, ließ Joan ihn festnehmen. Ihn und seine Familie. Dann befahl er, die übrigen Angeklagten vorzuführen.
    Es war noch dunkel,

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