Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Kathedrale des Meeres

Titel: Die Kathedrale des Meeres Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Falcones Ildefonso
Vom Netzwerk:
del Blat und von dort die Bajada de la Presó hinunter zur Kirche Sant Jaume ging, wurden die Schreie der Menge immer lauter. Das Volk schrie nach Rache und drängte sich vor den von königlichen Soldaten geschützten Toren des Judenviertels. Trotz des Tumults gelangte Arnau problemlos durch die Menge.
    »Das Judenviertel darf nicht betreten werden, ehrenwerter Herr Konsul«, sagte der Hauptmann der Wache. »Wir warten auf Anweisungen des königlichen Statthalters, Infant Don Juan, König Pedros Sohn.«
    Und die Anweisungen kamen. Am nächsten Morgen ordnete der Infant an, alle Juden Barcelonas ohne Wasser und Nahrung in der großen Synagoge einzusperren, bis sich diejenigen stellten, die den Hostienfrevel begangen hatten.
    »Fünftausend Menschen«, murmelte Arnau in seinem Arbeitszimmer in der Börse, als man ihm die Nachricht überbrachte. »Fünftausend Menschen in der Synagoge zusammengepfercht, ohne Wasser und ohne Nahrung! Was wird aus den Kindern, den Neugeborenen? Was erhofft sich der Infant davon? Wie kann man so dumm sein, zu erwarten, dass sich ein Jude für schuldig erklärt, eine Hostie entweiht zu haben? Wie blöd muss man sein, um zu glauben, dass jemand sein eigenes Todesurteil unterschreibt?«
    Arnau schlug mit der Faust auf den Tisch und sprang auf. Der Diener, der ihm die Nachricht überbracht hatte, zuckte zusammen.
    »Ruf die Wachen«, wies er ihn an.
    Der Seekonsul eilte in Begleitung eines halben Dutzends bewaffneter Missatges durch die Stadt. Die Tore zum Judenviertel standen weit offen, immer noch von königlichen Soldaten bewacht. Die Menge davor hatte sich zerstreut, doch an die hundert Schaulustige versuchten trotz der Stöße und Hiebe der Soldaten einen Blick ins Innere zu erhaschen.
    »Wer ist hier zuständig?«, fragte Arnau den Hauptmann vor dem Portal.
    »Der Stadtrichter. Er ist drinnen«, antwortete dieser.
    »Gebt ihm Bescheid.«
    Kurz darauf erschien der Stadtrichter.
    »Was willst du hier, Arnau?«, erkundigte er sich, während er ihm die Hand reichte.
    »Ich möchte mit den Juden sprechen.«
    »Der Infant hat angeordnet, dass …«
    »Ich weiß«, unterbrach ihn Arnau. »Genau deshalb muss ich mit ihnen sprechen. Viele meiner Geschäfte betreffen die Juden. Ich muss mit ihnen sprechen.«
    »Aber der Infant …«, begann der Stadtrichter erneut.
    »Der Infant lebt von den Juden im Land! Zwölftausend Sueldos jährlich müssen sie ihm auf Geheiß des Königs zahlen.« Der Stadtrichter nickte. »Der Infant mag ein Interesse daran haben, die Schuldigen der Hostienschändung ausfindig zu machen, doch du kannst gewiss sein, dass er auch ein Interesse daran hat, dass die Geschäfte der Juden weiterlaufen. Vergiss nicht, dass die Juden von Barcelona den größten Beitrag zu den zwölftausend Sueldos leisten.«
    Der Stadtrichter hatte nichts weiter zu entgegnen und ließ Arnau und seine Begleiter passieren.
    »Sie sind in der großen Synagoge«, erklärte er.
    »Ich weiß.«
    Obwohl sämtliche Juden eingesperrt waren, herrschte im Judenviertel reges Treiben. Im Vorübergehen sah Arnau, wie ein Schwarm schwarzgekleideter Mönche auf der Suche nach der blutenden Hostie jedes einzelne jüdische Haus durchsuchte.
    Vor den Toren der Synagoge hielten königliche Soldaten Wache.
    »Ich muss mit Hasdai Crescas sprechen.«
    Der Hauptmann wollte widersprechen, doch der Wachsoldat, der sie zur Synagoge begleitet hatte, nickte zustimmend.
    Während er auf Hasdai wartete, betrachtete Arnau das Judenviertel. Vor den Häusern, deren Türen sämtlich offen standen, bot sich ein trauriges Schauspiel. Die Mönche gingen ein und aus, beladen mit Gegenständen, die sie anderen Mönchen zeigten. Diese begutachteten die Fundstücke und schüttelten die Köpfe, um die Objekte dann auf den Boden zu werfen, der bereits mit den Besitztümern der Juden übersät war. »Wer schändet hier was?«, fragte sich Arnau.
    »Ehrenwerter Konsul«, hörte er eine Stimme hinter sich sagen.
    Arnau drehte sich um. Vor ihm stand Hasdai. Er sah in die Augen seines Freundes, die sich mit Tränen füllten, als er sah, wie ihr persönlicher Besitz geplündert wurde. Arnau befahl sämtlichen Soldaten, sich zurückzuziehen. Die Missatges gehorchten, die königlichen Soldaten hingegen rührten sich nicht von der Stelle.
    »Interessiert ihr euch für die Angelegenheiten des Seekonsulats?«, fragte Arnau. »Geht zu meinen Männern. Die Angelegenheiten des Konsulats sind geheim.«
    Widerstrebend gehorchten die Soldaten. Arnau und

Weitere Kostenlose Bücher