Die Kinder vom Teufelsmoor
Schuppen.«
Ingelore gähnte und machte sich ans Werk. Als sie das Wasser aufgesetzt hatte, weckte sie der Reihe nach ihre Geschwister, nur die beiden kleinsten, Willy und Birgit, ließ sie liegen. Die sollten im Handwagen noch weiterschlafen. Walter war nicht wachzukriegen. Selbst als sie ihn hochnahm und hinstellte, schlief er noch im Stehen. Darum setzte sie ihn wieder aufs Bett und kümmerte sich um die andern. Mittlerweile kochte das Wasser auf dem Herd. Sie brühte den Tee auf und durchsuchte den Schrank nach allem, was sich essen ließ. Sie fand drei halbvertrocknete Möhren, einen Becher mit Margarine, ein Glas Marmelade, drei Eier und das Brot, das sie selber gestern gekauft hatte. Mehl war noch auf der Fensterbank. Geschickt schlug sie die Eier in die Milchkanne, schüttete reichlich Mehl dazu sowie eine Tasse Wasser, rührte alles durcheinander, ließ einen Löffel Margarine in der Pfanne zergehen und goß den Inhalt der Milchkanne darüber. Sofort verbreitete sich ein angenehmer Geruch nach Rührei in der Küche. Sie schnitt mehrere Scheiben Brot ab und brockte sie hinein.
Die Kinder, alle ungewaschen und ungekämmt, aber fix und fertig angezogen, weil sie in ihrem Zeug geschlafen hatten, standen um sie herum und machten gierige Augen.
»Los, an den Tisch!« befahl Ingelore. »Wer nicht sitzt, kriegt nichts ab.« Sie teilte jedem mit einem Eßlöffel seine Portion zu. »Berti hat mehr!« rief Bodo.
»Hab' ich nicht!« rief der. »Hier, guck doch, das ist alles nur Brot, und du hast das ganze Ei!« Rolf kam herein.
»Schreit doch nicht so!« sagte er. »Das ganze Haus wird ja wach!« Er nahm die Margarine vom Tisch und fischte mit den Fingern einen Klumpen heraus.
Ingelore schlug ihm auf die Hand, daß die Margarine auf den Fußboden fiel.
»Mit den Fingern inne Margarine, du bist wohl verrückt!« rief sie. »Da, nun kannste sie gleich in den Mülleimer schmeißen!« »Meinste, ich will das Dreckszeug essen, Mensch!« schimpfte Rolf. »Das ist für den Handwagen, der quietscht nämlich wie verrückt.« Er klaubte die Margarine vom Boden und ging hinaus. Als er einige Minuten später wieder hereinkam, war das Rührei restlos aufgegessen. Er mußte sich mit einem dicken Stück Brot mit Margarine und Zucker begnügen.
Während er aß, suchte Ingelore in Kisten und Schränken nach Unterwäsche und Socken für sich und ihre Geschwister. Sie fand einiges, stopfte es in verschiedene Plastiktüten und gab sie Rena, Bodo und Berti in die Hand.
»Soll ich das vielleicht den ganzen Weg schleppen?« murrte Bodo. »Quatsch, das kommt in den Handwagen, als Kissen für Birgit und Willy.« Sie nahm auch noch alle Jacken und Mäntel von den Nägeln, die Rolf als Garderobenhaken in die Tür genagelt hatte, und verteilte sie an die Kinder.
»Was soll ich mit meinem alten Mantel?« rief Berti. »Es wird doch ganz warm heute!«
»Ja, aber morgen und übermorgen und nächste Woche kann es kalt sein, und dann frierst du in Worpswede.«
Sie schickte die Kinder mit dem Zeug nach draußen und wartete auf Rolf, der am Küchenschrank stand und auf ein Blatt Papier, das er aus seinem Schulheft gerissen hatte, eine Nachricht für seine Mutter schrieb. Als er fertig war, legte er den Zettel mitten auf den Tisch.
Dann schrieb er noch etwas auf ein zweites Blatt. »Biste bald fertig?« fragte Ingelore ungeduldig. »Wem schreibste denn jetzt noch einen Liebesbrief?«
»Der ist für Frau Lingen«, antwortete Rolf. »Hier, kannst ihn schon in ihren Briefkasten stecken. Ich hab' geschrieben, sie soll sich keine Sorgen machen, wir sind in Worpswede bei Onkel Oskar.« Ingelore nahm das Blatt und las, was ihr Bruder geschrieben hatte. »Oskar schreibt man mit einem »r« am Ende«, sagte sie. »Wenn schon«, knurrte Rolf, »das weiß die Lingensche auch nicht besser.«
Nachdem Ingelore den Zettel weggebracht hatte, nahmen sie gemeinsam die beiden Kleinsten aus dem Bett, trugen sie hinaus und legten sie behutsam in den Handwagen, in dem schon sämtliches Zeug und zwei graue Wolldecken lagen.
Willy wurde wach und fing an zu schreien. Ingelore steckte ihm schnell seinen Schnuller in den Mund, da war er wieder ruhig. Rolf ging noch einmal in die Wohnung zurück, sah nach, ob der Herd ausgeschaltet war, schloß die Tür ab und legte den Schlüssel unter die Fußmatte. Rena setzte ihre Katze zu den Kleinen in den Handwagen. Die wollte dort aber nicht bleiben, sondern streckte sich, sprang hinunter und miaute.
»Willst du das dumme
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