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Die Kinder von Estorea 01 - Das verlorene Reich

Titel: Die Kinder von Estorea 01 - Das verlorene Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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niemand kann dir wehtun.«
    »Er wacht auf«, sagte die Ärztin.
    Der Wissenschaftler regte sich, bewegte schwach die Arme und Beine und stieß ein schmerzvolles Wimmern aus. Jhered wünschte, er könnte mehr tun, als ihm nur die Stirn abwischen, die praktisch die einzige nicht verbrannte oder grün und blau geschlagene Stelle an seinem ganzen Körper war.
    »Bewege dich nicht, mein Freund«, sagte Jhered. »Ruh dich aus und sprich, wenn du kannst.«
    D’Allinnius’ Augenlider flatterten, dann öffnete er sie ein wenig. Im Licht verzog er das Gesicht, und in den Augenwinkeln erschienen Tränen. Jhered lächelte.
    »Es tut mir leid, dass dir das passiert ist«, sagte er.
    D’Allinnius hätte beinahe gelächelt, aber die Prellungen und die rissigen verbrannten Lippen hielten ihn davon ab.
    »Das … ist der Preis des Ruhmes«, quetschte er hervor. Jhered staunte darüber, dass der Mann überhaupt noch scherzen konnte.
    »Du musst dich ausruhen«, sagte Jhered und legte ihm eine Hand auf die Schulter.
    »Sie wissen alles«, keuchte Orin. »Ich habe mich bemüht.«
    »Das ist nicht zu übersehen«, meinte Harkov. »Ihr habt einen unglaublichen Mut bewiesen.«
    »Wer war es?«
    »Die Kanzlerin«, sagte Orin nach einigem Murmeln und schmerzvollem Keuchen.
    Jhered riss vor Schreck den Mund auf und sah sich rasch um. Nur er, Harkov und die Ärztin hatten es gehört.
    »Persönlich?«, fragte er, weil er es nicht glauben konnte. Orin nickte, es war eine gequälte Geste. »Warum hat sie dich nicht umgebracht?«
    »Sie dachte wohl, sie hätte mich getötet«, sagte Orin. Er stieß die Zunge ein wenig vor. »Ich dachte es auch fast.«
    »Sie hätte es leicht glauben können«, warf die Wundärztin ein. »Als er hier ankam, war sein Atem so flach, dass ich schon dachte, er sei tot. Wir brauchten einen Spiegel, um sicher zu gehen, dass eine Behandlung noch der Mühe wert war.«
    »Wie gut, dass Ihr einen hattet.« Orin hustete heftig und schauderte, als die Schmerzen durch seinen Körper fuhren.
    »Ruhe jetzt«, sagte Jhered. »Schlafe, Orin. Und vielen Dank.«
    D’Allinnius sah ihn auf einmal klar und scharf an. »Rettet die Aufgestiegenen. Sie sind doch nur Kinder.«
    »Das will ich tun«, versprach Jhered.
    D’Allinnius nickte, anscheinend zufrieden, und schloss die Augen. Jhered beobachtete ihn noch einen Augenblick, um sich zu vergewissern, dass er nicht gestorben war. Dann stand er auf, und seine Wut kochte beinahe über.
    »Harkov, es scheint so, als sei Eure Aufgabe in Caraduk noch dringender geworden. Und Ihr«, er packte die Ärztin am Arm und drückte fest zu. »Ihr verliert kein Wort über das, was Ihr gerade gehört habt. Kein Sterbenswörtchen.«
    Sie starrte zurück. »Ein Arzt redet nie mit Fremden über seine Patienten.«
    Jhered ließ sie los. »Dann haltet Euch daran. Es ist ungeheuer wichtig, glaubt mir.«
    »Ihr könnt mir vertrauen.«
    »Ich hoffe, dabei bleibt es auch.«
    Jhered marschierte zur Tür und riss sie auf, eilte durch den Garten und zum Palast, wo er sofort die Schreibstuben der Verwaltung aufsuchte. Er ging an Reihen von Schreibtischen, Papierstapeln und Schriftrollen vorbei. Einige Leute hoben die Köpfe und sahen ihm nach. Er blickte starr geradeaus und hielt seinen Gladius an der Seite fest. Hinter den Schreibstuben betrat er den zentralen Gang, von dem aus Flure zu den Säulengängen und den Gärten hinausführten, außerdem befanden sich hier Audienzzimmer und die Halle der Advokatur. Er eilte weiter, bis er die Privatgemächer der Advokatin erreichte. Es war noch früh, und wenn sie nicht krank war, schlief sie sicher noch.
    Gefolgt von Harkov sprang er die breite Treppe hinauf und verscheuchte mit einem kurzen Befehl die Wachen am oberen Ende. Vor Herines Tür standen zwei Leibwächter, die vor seiner Nase ihre Speere überkreuzten.
    »Die Advokatin ruht noch, Herr«, sagte einer.
    »Dann wird es Zeit, dass sie aufwacht. Ohne sie ist die Konkordanz in Schwierigkeiten.«
    »Wir dürfen Euch nicht eintreten lassen, Schatzkanzler Jhered«, sagte der andere.
    Jhered richtete sich auf und schaute drohend auf sie herab. »Euer Pflichtbewusstsein gereicht euch zur Ehre«, sagte er. »Aber jetzt befehle ich euch, zur Seite zu treten. Ich muss mit der Advokatin sprechen.«
    »Wir dürfen nicht«, beharrte einer nervös.
    »Narren«, zischte Jhered. »Ich will ihr doch nichts tun. Euer Zögern verursacht den Schaden. Ach, verdammt.« Er löste seinen Schwertgurt, ließ ihn fallen und schnippte,

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