Die Klassefrau
Frauenstimme nach dem sechsten Läuten.
»Ähm, hallo«, sagte Peter. »Ich habe einen BMW 325 , dessen Motor gerade mutwillig zerstört wurde. Wenn ich ihn gleich zu Ihnen bringen lasse, können Sie dann die Reparatur übernehmen?«
»Das Herbringen ist nicht das Problem. Was die Reparatur betrifft, sieht es allerdings schlecht aus, da unser Terminkalender ziemlich voll ist.«
»Na ja, ich bin Polizist und brauche so schnell wie möglich einen Wagen, der läuft.«
»Was soll das werden? Eine Erpressung? Wollen Sie vielleicht alte Strafzettel wegen Falschparkens ausgraben, wenn ich Ihren Wagen nicht sofort drannehme?«
»Nein, nein, ich brauche einfach nur meinen Wagen! Ich bin einer von den Guten, ehrlich.«
»Ich wette, dass Sie auch noch das bezaubernde Lächeln haben, das dazugehört.«
»Bitte«, sagte Peter, dessen Fingerknöchel weiß hervortraten, »ich will doch nur wissen, ob Sie mich irgendwann noch in diesem Jahrzehnt dazwischenquetschen können.«
Durch die rauschende Telefonleitung hindurch hörte er das Rascheln von Papier, dann herrschte Stille.
»Hallo?«, rief er. »Hallo? Sind Sie noch da?«
»Ich hatte nicht vor abzuhauen.«
»Schade eigentlich«, murmelte Peter.
»Sieht so aus, als hätte jemand seinen Termin für morgen abgesagt. Lassen Sie Ihren BMW gleich herbringen, dann kümmern wir uns morgen darum. Judah Street, Ecke Siebte im Sunset District.«
»Vielen Dank«, sagte Peter mit hörbarer Erleichterung, obwohl die Frau am Telefon ihm nicht gerade Vertrauen zu Gutenbergs Autowerkstatt eingeflößt hatte.
Consuela erbot sich, den Papierkram im Mordfall an Manny Shorr zu übernehmen, damit er sich um seinen Wagen kümmern konnte. Sie ließ sich von einem Streifenwagen zurück zum Revier bringen, während Peter im Abschleppwagen mit zur Garage fuhr.
Er lehnte sich auf dem schmutzigen Kunststoffsitz zurück und ließ den Tag Revue passieren, während der Abschleppwagen langsam die Steiner Street hinuntertuckerte. Man konnte zwar nie wissen, was passierte, aber bisher sah es so aus, als würde er die zukünftige Mrs. Drake nicht durch seine Arbeit finden, was in gewisser Weise eine Erleichterung darstellte. Er war nicht gerade versessen darauf, eine gemeingefährliche Irre zu heiraten. Also blieb nur noch der Abend übrig. Er würde heute ausnahmsweise schon vor sieben Uhr abends verschwinden und irgendwo einen Happen essen. Vielleicht wäre ja eine Kellnerin oder Köchin die Richtige. Wenn nicht, könnte er immer noch ausgehen, vielleicht in einen Club oder so. Und wenn das auch nicht funktionierte, blieb immer noch ein Spaziergang am Strand. Tief in seinem Herzen war er ein Romantiker, und ihm gefiel die Vorstellung, seine Seelenverwandte zu finden, während im Hintergrund das Geräusch der sich brechenden Wellen am Strand zu hören war.
Langsam fuhr der Fahrer von Barneys Abschleppdienst durch ein zweitüriges Gittertor auf ein dunkelgrünes, einstöckiges Gebäude mit einem professionell aussehenden Schild zu, das ihm verriet, dass sie Gutenbergs Autowerkstatt erreicht hatten. Zwei Porsche, ein Audi und ein Mercedes standen auf dem Parkplatz neben dem Gebäude, und Peters Sorge um das Schicksal seines geliebten Wagens ließ ein wenig nach.
Während der Mann vom Abschleppdienst neben dem Mercedes parkte, trat Peter durch die Tür mit der Aufschrift »Eingang« und fand sich in einem sauberen und sorgfältig aufgeräumten Büro wieder, das einem Anwaltsbüro in der Innenstadt in nichts nachstand. Der Holzschreibtisch war groß, die Stühle dahinter und davor sahen stabil und bequem aus. Zwei gesund aussehende Pflanzen hingen in der Nähe des einzigen Fensters des Büros, in dem eigentlich nur eines fehlte: ein menschliches Wesen.
An der zweiten Tür, die aus dem Büro führte, war ein Schild befestigt, auf dem unmissverständlich »Unbefugten Zutritt verboten« stand, aber Peter ließ sich davon nicht beeindrucken. Wenn jemand befugt war, dann er. Er durfte diese Tür öffnen.
Das tat er auch und fand sich staunend im Inneren von Gutenbergs Autowerkstatt wieder. Es gab nur drei Arbeitsbereiche, von denen zwei leer waren. Im dritten befand sich auf einer Hebebühne ein aufgebockter verbeulter VW, an dem ein Mechaniker in einem sauberen weißen Overall mit den Bremsen beschäftigt war. An den Wänden hingen gerahmte Fotos berühmter deutscher Wagen aus den letzten siebzig Jahren. Die Ausstattung der Werkstatt, von der hydraulischen Hebebühne bis zu den Schraubenschlüsseln,
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