Die Klimaprioritaeten
Zahlt der Markt dem Rinderfarmer in Brasilien einen Aufpreis für umweltschonende Viehzucht, lässt der den Baum stehen. Das deutsche Einspeisegesetz für Strom aus Wind- und Sonnenenergie hat erneuerbare Energie salonfähig gemacht und wurde weltweit nachgeahmt.
Mut macht, dass China und Indien dem Klimawandel gegenüber nicht so ignorant sind wie George W. Bush und seine Mannen für viele Jahre. Mut macht, dass sich weltweit Konservative wie John McCain in den USA, David Cameron in Großbritannien und Angela Merkel in der Bundesrepublik den Klimaschutz auf ihre Fahnen geschrieben haben. Obwohl China und Indien zum Teil rücksichtslos, menschen- und naturverachtend wirtschaften und damit Europa den Spiegel seiner eigenen industriellen Vergangenheit vorhalten, macht Mut, dass China bald auch Windenergieweltmeister sein wird – nur die USA installieren derzeit mehr neue Windturbinenkapazität pro Jahr. Mut |191| macht, dass neben San Francisco auch Bangladesch und China Plastiktüten aus den Geschäften verbannen und den guten alten Baumwollbeutel propagieren.
Mut macht, dass in Europa angesichts immer teurerer Lebensmittel nunmehr eine ernsthafte Debatte über die Folgen der eigenen Biospritpolitik entbrannt ist und EU-Kommission wie nationale Regierungen die Kritiker nicht mehr überhören können.
Mut machen selbst die riesigen Shopping Malls, Gucci-Meilen und Autoschauhallen in Kuala Lumpur und Jakarta, denn es ist unser großspuriger Lebensstil, dem sie huldigen. Vielleicht folgen sie uns genauso blind, wenn wir ihn ändern.
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Auf meiner Recherchereise durch Asien ging es in den Gesprächen mit Fachleuten und Unternehmern entlang des Themas dieses Buches viel um Klimawandel. Für viele Menschen in den besuchten Ländern ist dies zugegeben – noch, es sei denn, man steht selbst in den Fluten – eine entfernte Gefahr. Auf der Straße interessiert, um wie viel teurer Reis, Weizen und Speiseöl wieder geworden sind, für viele Menschen eine unmittelbare, zum Teil lebensbedrohliche Gefahr. Steigende Nahrungspreise und Inflation, die empörte Volksseele und was die Politik dagegen zu tun gedenkt – diese Themen dominieren die Zeitungen und
Fernsehnachrichten
in Indien, Indonesien und Malaysia. Irgendwann, vor allem in Indien, landet die Debatte dann unweigerlich bei einem anderen westöstlichen Pro-Kopf-Vergleich: Wie viel Hamburger, Steaks und Kalorien täglich in den Magen eines Amerikaners wandern und wie viel in den Magen eines Inders.
Am Ende geht es also beim Essen wie beim Klima um die gleiche Frage: Dürfen Inder und Chinesen so viel Emissionen |192| ausstoßen wie Europäer und Amerikaner, dürfen sie so viel und das Gleiche essen wie wir? Wenige Fachleute bestreiten, dass knappe und damit teurere Nahrungsmittel auch eine Folge der gestiegenen Nachfrage gerade in Asien sind von einer wachsenden wohlhabenden Mittelschicht, die so leben und essen will wie der Westen. Es sind zwei Seiten der gleichen Medaille: globale Fairness. Der Kuchen ist nicht viel größer geworden, aber mehr Länder beanspruchen ein gleich großes Stück. Die Tragfähigkeit der Erde ist nicht größer geworden, doch mehr Länder beanspruchen, bis an die gleiche Grenze gehen zu dürfen. Es geht gar nicht anders, Energie und Essen müssen teurer werden und bleiben.
Und das ist gut so. Denn was uns lieb und teuer ist, hat seinen Preis.
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Dank
Viele Menschen haben mir bei diesem Buch mit Ideen, Kontakten, Kritik, bei der Reisevorbereitung und den Interviews geholfen. Mein Dank gilt vor allem Charles Millar, David Hopkins, Felicia Jackson, Benedikt von Butler, Jon Grayson, Melanie Barry in London; Clark Talkington in Genf; Neil Cohn in New York; Seraphine Häussling in Washington; Brian Ricketts in Paris; Sandra Greiner und Adriaan Korthuis in Rotterdam; Ahmad Zazali, Metti Haryanti, Brad Sanders und Lucy Jasmin in Pekanbaru; Ketut Deddy Muliastra in Denpasar; Jong Ho Kim in Bogor; Bela Varma, Charles Cormier, Bhawani Shankar, Anupama Khatri und Prodyut Mukherjee in Neu Delhi; Leena Thomas und Lekha Subaiya in Bangalore; Stefan Burkhart in Berlin; Thomas Fahrnholz, Zhang Shecan, Huang Shengchu, Karla Lieberg und Graeme Lynch in Peking; Moe Moe Oo in Stockholm; Christian Behrmann und Corinna Horst in Brüssel; Michael Streck in Köln; Georg Schattney in Frankfurt. Ich danke meiner Lektorin Sabine Niemeier für eine konstruktive und sehr angenehme Zusammenarbeit. Großer Dank geht an meine Frau, Charlotte Streck,
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