Die Knickerbocker Bande - 40 - Die Maske mit glühenden Augen
schob sich einen knusprigen Hühnerflügel in den Mund.
Der Gefangene lehnte sich zurück und starrte ihn entgeistert an. “Woher ... woher wissen Sie ...?”
“Ich weiß alles, lieber Herr Doktor, alles! Ich weiß, daß Sie die Maske haben. Ich weiß, daß auch Ihnen die Geschichte bekannt ist, die von ihr erzählt wird. Sie kleiner Gauner haben sie heimlich beiseite geschafft und wollen sie ganz für sich behalten - aber daraus wird nichts!”
Vincente lachte dröhnend, als er das verdutzte Gesicht Doktor Randas sah. “Ich weiß auch, daß es noch drei weitere Masken gibt, die wir unbedingt brauchen, um die Tränen des Uaxa zu finden. Maske Nummer 2 befindet sich bereits im Land. Ein hilfreicher Geist hat uns einiges an Arbeit abgenommen und sie vor zwei Tagen aus einem Museum in Zürich gestohlen. Die Person ist bereits in Mexiko eingereist und wird bestimmt nichts dagegen haben, wenn wir sie ihr wegnehmen! Maske Nummer 3 ist in den Händen einer Gruppe von Spinnern, die in der Nähe der Sonnenpyramide von Teotihuacän gefährliche Spiele veranstalten. Wir werden sie in den nächsten Tagen bekommen. Und Maske Nummer 4 sollen Sie für mich aufstöbern! Sobald Ihnen das geglückt ist, übergebe ich Ihnen die anderen beiden, damit Sie mir die Tränen des Uaxa beschaffen können!”
Carlos Vincente legte eine Pause ein und blickte sein Gegenüber fragend an. “Sie sehen so blaß aus, Doc? Haben Sie Hunger?”
Es kostete Doktor Randa einige Mühe, sich aufzuraffen und zu sprechen. Er wußte, wie gefährlich seine Lage war. “Also ... gesetzt den Fall, ich komme Ihren Wünschen nicht nach?” begann er vorsichtig.
Mit einem schäbigen Grinsen gab Carlos einem Diener ein Zeichen. Dieser verneigte sich tief und verschwand im Haus. Nach einigen Minuten kehrte er mit einem Mädchen zurück, das sich mit allen Mitteln zur Wehr zu setzen versuchte. “Finger weg, Sie Grobian! Sie tun mir weh, und außerdem stinken Sie!” tobte es.
Doktor Randa sprang auf. Der letzte Rest von Farbe war aus seinem Gesicht gewichen. “Vivi!” keuchte er.
“Paps!” jubelte seine Tochter und lief auf ihn zu.
“Aber wie ... wie kommst du hierher?” stotterte der Forscher.
“Sie haben mich aus dem Internat entführt und halten mich hier gefangen. In einem tollen Zimmer, aber gefangen ist gefangen!” antwortete Vivi.
Carlos Vincente tat so, als würde er sich Tränen aus den Augen wischen, und hauchte spöttisch: “Ach, wie rührend - so ein Wiedersehen!” Zu Doktor Randa gewandt meinte er dann: “Nun, wollen Sie uns helfen oder nicht? Ihr Honorar wird an meiner Seite auf Sie warten und wird nur ausgezahlt, wenn ich mit Ihrer Arbeit zufrieden bin, verstanden?”
Der Erpreßte drückte sein Kind an sich und stammelte: “Sie Schwein! Sie elendes Schwein!”
“Irrtum, Doc, nicht elend, sondern schlau! Also höchstens Schweinchen Schlau! Hahahaha!” Carlos begann lauthals zu grölen, und seine Banditen stimmten ein. Sie wußten, daß er es auf den Tod nicht ausstehen konnte, wenn seine Scherze nicht ankamen.
“Ich gebe Ihnen eine Woche Zeit! Sobald Sie mir die Tränen des Uaxa geliefert haben, gebe ich Ihnen Ihre Tochter zurück. Bis dahin werde ich mich gut um sie kümmern. Sollten Sie sich nicht rechtzeitig in Mexico City einstellen, werde ich Vivi in die Gästezimmer meiner Villa im Keller verlegen lassen, aus denen schon manche Leute nicht mehr nach oben gefunden haben”, kicherte der Verbrecher.
Vater und Tochter mußten sich nun voneinander verabschieden. Das Flugzeug stand bereit, um den Archäologen zurück nach Mexico City zu bringen.
“Ich ... ich hol' dich hier raus, das versprech' ich dir!” flüsterte Doktor Randa und strich Vivi liebevoll über das rotblonde Haar. Sie weinte nicht, weil sie das blöd fand, aber sie zitterte vor Angst.
“Und du fliegst mit und besorgst uns die Masken Nummer 2 und 3!” befahl Carlos Vincente einem seiner Männer. Es war der kälteste und brutalste von allen. Carlos Vincente setzte ihn nur für entscheidende Missionen ein, und in diesem Fall wollte der Boß der Grabräuberbande kein Risiko eingehen. Mit den Masken mußte alles nach Plan laufen. Carlos mußte sie haben: die Tränen des Uaxa.
Lauter Verdächtige
Am nächsten Morgen hielt die Knickerbocker-Bande ihre ungewöhnlichste Geheimkonferenz ab.
Die Mädchen waren als erste wach und weckten die Jungen. Sie zogen sich in das große Gemeinschaftshaus zurück, in dem auch die Rezeption untergebracht war,
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