Die Knickerbockerbande 03 - Lindwurmspuk um Mitternacht
reden.
Mittlerweile war es fünf vor fünf. Herr Rabenstein warf einige Münzen auf den Tisch, sprang auf und hastete in Richtung Burgtor. Lilo heftete sich ihm an die Fersen. Axel folgte mit einigem Abstand. Bevor er den Burghof verließ, stieß er aber noch drei schrille Pfiffe aus. Das war das Zeichen für Poppi und Dominik, nachzukommen.
Im Laufschritt hetzte der rundliche Mann den holprigen Weg hinunter. Bei jeder Biegung, die der Pfad machte, wartete Lilo, bis Herr Rabenstein nicht mehr zu sehen war. Erst dann lief sie weiter. Falls er sich umdrehte, konnte er sie so auf keinen Fall entdecken.
Bei Tor Nummer 8 blieb Herr Rabenstein stehen, zog zwei Stoffbeutel aus der Jacke und legte sie unter den steinernen Bogen, wo bereits ein schwarzer Koffer für ihn bereitstand. Er schnappte ihn und verschwand im Laufschritt talwärts.
Lilo und Axel hatten diese Aktion aus einiger Entfernung beobachtet. Gerade, als sie zum Torbogen laufen wollten, um die beiden Beutel zu begutachten, kam ein Mann in einem schwarzen Mantel den Berg herauf. Sein Gesicht war durch einen großen Schlapphut verdeckt. Blitzschnell bückte er sich und ließ die beiden Stoffbeutel unter seinem Mantel verschwinden. Dann machte er kehrt und marschierte nun mit ruhigen Schritten den Weg zurück zum Tal. Axel und Lilo schlichen ihm nach. Hinter sich hörten sie die Stimmen von Dominik und Poppi. Lilo drehte sich um und deutete ihnen, still zu sein. Außer ihnen war in diesem Moment niemand auf dem Burgweg unterwegs.
Der Kerl im schwarzen Mantel war ungefähr 50 Meter von ihnen entfernt, als er plötzlich mit einem Ruck stehenblieb und sich umdrehte. Die vier Kinder konnten sich nicht mehr rechtzeitig verstecken. Entsetzt starrten sie in das Gesicht eines dunkelhäutigen Mannes, der eine große, dunkle, sechseckige Sonnenbrille trug.
Es war der falsche Reporter aus dem Hotel.
Hilfe!
„Ich euch habe gewarnt“, stieß er in seiner harten, abgehackten Sprache hervor.
Lilo, Axel, Dominik und Poppi wagten es nicht, sich zu bewegen. Der Mann hatte eine Hand in die Tasche gesteckt. Unter dem Stoff des Mantels zeichneten sich die Umrisse einer Pistole ab, die er auf die Kinder gerichtet hatte.
„Ihr werdet es nicht mehr verhindern... mit eurer Neugierde. Ihr dummen Kinder. Los, ihr geht nun drei Schritte vor mich... Keine dummen Tricks und kein Wort zu den Leuten, die uns kommen entgegen. Sonst ich drücke ab.“
Langsam und zögernd taten die Kinder, was der Mann von ihnen verlangte.
„Unten, am Fuße des Berges, wartet der Hotel-Chauffeur auf uns“, schoß es Axel durch den Kopf. „Hoffentlich erkennt er, was los ist, und hilft uns.“
Im nächsten Moment seufzte er aber schon enttäuscht. Der Fahrer war gar nicht da. Er hatte den Kindern mitgeteilt, daß er etwas besorgen müsse und sie gegen sechs Uhr abholen würde. Nun war es erst zehn nach fünf.
„Lächeln, tut so, als würdet ihr haben viel Spaß mit mir“, raunte der Mann den Kindern zu, als ihnen ein paar Touristen entgegenkamen. Was blieb der Knickerbocker-Bande anderes übrig als zu gehorchen?
Poppis Herz klopfte laut. Sie preßte ihre Ratte eng an sich. Auch Dominik hatte ziemlich weiche Knie.
Lieselotte versuchte die Ruhe zu bewahren und klar zu denken. Leicht fiel es ihr nicht.
Auf dem Parkplatz vor dem Burgberg zwang der Mann im schwarzen Mantel die Kinder, in einen schmutzigen, verbeulten Wagen einzusteigen. Widerstrebend zwängten sich die vier auf die enge Rückbank. Der Mann löste die Kindersicherungen in den Türen aus und schlug sie zu. Nun konnten sie nicht mehr von innen geöffnet werden.
Als sich der Mann hinter das Lenkrad schob, tauchte wenige Schritte vom Wagen entfernt eine bekannte Gestalt auf.
„Herr Selibor!“ rief Poppi.
„Mund halten!“ befahl der Mann mit der Sonnenbrille. Aber der Detektiv hatte die Kinder im Auto bereits entdeckt. Erleichtert atmeten sie auf. Herr Selibor würde sie aus der Gewalt dieses Gauners befreien.
Mit einem Ruck riß der Versicherungsdetektiv die Fahrertür auf und zerrte den überraschten Mann aus dem Wagen. Die Waffe schleuderte er ihm mit einem gezielten Schlag aus der Hand und hob sie blitzartig auf. Der Ganove taumelte erschrocken zurück und prallte gegen ein parkendes Auto. Herr Selibor hatte den Revolver nun auf den Mann im schwarzen Mantel gerichtet. Er sagte etwas zu ihm, das die Kinder nicht verstehen konnten.
Der Mann ließ seine Hand langsam unter den Mantel gleiten und zog die beiden Stoffbeutel
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