Die Knopfmacherin
gerächt wird.«
Damit wandte er sich um und strebte auf dem schnellsten Wege den Stadttoren zu. Wenn ich wiederkomme, dachte er bei sich, wird die Welt eine andere sein.
Wutschnaubend hieb Lohweihe auf Lux Rapp ein. Nachdem Joß Fritz ihnen entronnen war, hatte er den Landsknecht kurzerhand vom Pferd gezerrt und verpasste ihm nun eine gehörige Tracht Prügel.
Maximilian Rächer machte keine Anstalten, ihn davon abzuhalten. Ihm war ebenso wie dem Hauptmann von Anfang an klar gewesen, dass Rapp für alles der Sündenbock sein würde.
Der Landsknecht krümmte sich unter den Hieben zusammen, vor seinen Augen flimmerte es und er schmeckte Blut. Der Geschmack des Verrats. Ja, genau das musste er sein.
Er hätte sich wehren können, doch was hätte es ihm gebracht? Sie würden ihm die Schuld geben, und damit war für die beiden die Sache erledigt.
Die Bitterkeit in Lux Rapps Herzen schmerzte beinahe noch schlimmer als die zahlreichen Platzwunden und Blutergüsse.
Ich hätte damals standhaft sein sollen, ging es ihm durch den Sinn. Ich hätte meine Kameraden nicht verraten dürfen. Aber für diese Einsicht war es nun zu spät. Ein weiterer Hieb gegen den Kopf und es wurde Nacht um ihn herum.
»Lasst es gut sein«, sagte der Vertraute des Grafen und zog Lohweihe von dem Gepeinigten weg. »Ihr wollt doch noch etwas für die Männer im Kerker übriglassen, oder etwa nicht? Wenn der Richter schon nicht Joß Fritz bekommt, dann wenigstens ihn.«
Damit zerrten die beiden Männer Lukas Rapp in die Höhe, der die Worte schon nicht mehr gehört hatte.
Epilog
Frühling 1504
Melisande lächelte Alina zu, die gespannt auf ihrer Unterlippe herumnagte. Schon seit Stunden saß die jüngere Schwester bei der älteren und beobachtete, wie sie an den Knöpfen arbeitete. Es waren nicht irgendwelche Knöpfe, sondern jene, die Alina in naher oder ferner Zukunft an ihrem Brautgewand tragen sollte. Gold hatten sie sich nicht leisten können, wohl aber Messing. Bernhard war dazu eigens nach Freiburg gereist, um besonders feines und glattes Metall aufzutreiben. Fein geschliffene Glassteine sollten dafür sorgen, dass die Knöpfe in der Sonne funkelten.
»Dass du sie mir ja nicht verdirbst«, bemerkte Alina scherzhaft.
»Als ob ich jemals auch nur einen Knopf verdorben hätte!« Stolz blickte Melisande auf den beinahe kompletten Satz. Nach der Politur würden die Knöpfe noch schöner aussehen.
»Deshalb warne ich dich ja vor.« Als Alina lächelte, erblickte Melisande in ihr wieder die unbeschwerte Schwester, die es nicht erwarten konnte, vor den Traualtar geführt zu werden. Daran hatte sich bis heute nichts geändert, an vielen anderen Dingen dagegen schon.
Alina war wesentlich ernsthafter und auch geduldiger geworden. Manchmal versank sie minutenlang in Schweigsamkeit, und nur selten redeten sie über das, was in Speyer geschehen war. Es schien, als wollte sie auf diese Weise die dunklen Schatten der Vergangenheit vergessen.
Meist gelang es auch Melisande, nicht mehr an die schrecklichen Ereignisse zurückzudenken. Kurz nachdem sie in Udenheim eingetroffen waren, hatten sie unter den staunenden Blicken der Stadtbewohner das Haus wieder in Beschlag genommen und die Werkstatt geöffnet. Dank Bernhard kam der Zunftmeister nicht umhin, es ihr zu erlauben. So fertigten sie nun schon seit einigen Monaten Knöpfe aus Metall, Horn und Holz, und schon bald würde Bernhard Knopfmachermeister sein.
Wie er es versprochen hatte, heiratete er Melisande nur wenige Monate nach ihrer Ankunft in Udenheim.
Der Gedanke an die gelungene Feier brachte sie dazu, liebevoll über ihren Bauch zu streicheln. Nur noch wenige Monate und Udenheim würde einen neuen kleinen Knopfmacher bekommen. Oder eine kleine Knopfmacherin.
Bernhard hatte mit der Behauptung, dass die guten Jahre kommen würden, recht gehabt. Manchmal ertappte sich Melisande dennoch dabei, dass sie sich wünschte, der Name ihrer Eltern würde von dem Verdacht des Verrats reingewaschen.
Hufschlag riss sie aus ihrer Konzentration.
»Da kommen Reiter«, sagte Alina, die sofort neugierig den Hals reckte.
Früher wäre sie gleich zur Tür gelaufen, doch die Zeit in Speyer hatte großes Misstrauen in ihrer Seele hinterlassen. Erst wenn ihre Schwester oder Bernhard die Neuankömmlinge für harmlos befunden hatten, öffnete sie die Tür.
»Sie sehen aus wie reiche Kaufleute.« Melisande legte die Gravurnadel beiseite. »Was sie wohl hierher führt?«
»Vielleicht brauchen sie neue
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