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Die Kometenjäger: Roman (German Edition)

Die Kometenjäger: Roman (German Edition)

Titel: Die Kometenjäger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Deckert
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meine Augen an die Dunkelheit zu gewöhnen, genau wie Tom es immer vorgeschrieben hatte. Ich dämmerte ein wenig vor mich hin, und als ich schon nicht mehr damit rechnete, veränderte sich etwas. Es war genau wie damals, als wir nachts zum ersten Mal aufs Land hinausgefahren waren. Über meinen Augen wurde ein Vorhang weggezogen, und ich sah das Grau des Himmels: Skyglow. Den Grund für den plötzlichen Wechsel konnte ich mir denken: Der Hausmeister war wohl wirklich so freundlich gewesen, das Außenlicht abzuschalten.
    Und jetzt, so wahr mir Gott helfe, tauchten nicht nur die üblichen kleinen Stecknadelköpfe über mir auf. Nein, außerdem war da noch eine kleine Ballung aus diffusem Licht, dritte oder vierte Größenklasse, wie eine fluoreszierende Wolke, wie ein Wischer aus Day-Glo an der Wand eines Kinderzimmers, kaum zu unterscheiden von den Lichtern, die die Füße des Hasen ausmachten, und doch – ich war ja selbst längst geeicht, auf das, was kommen musste – ein bisschen anders. Diffuser, weniger Punkt als Fleck. Kurz: Komet Eisenroth.
    Im Teleskop war Eisenroth ein echter Star. Ich sah nicht nur das, was ich erwartete, ich sah viel mehr – was kein Wunder war, denn ich hatte ja noch nie einen sogenannten »großen Kometen« gesehen. Sein Staubschweif krümmte sich von dem schmalen, fast pfeilförmig spitzen Kopf des Kometen weit hinaus ins Dunkel und lief in Fransen aus. Direkt am Kopf glaubte ich gebogene Linien aus weißem Licht erkennen zu können, die Eisenroth wie Bugwellen vor sich herschob. Es waren Jets, Fontänen aus sublimiertem Eis und Staub, die genau in diesem Moment aus seiner schwarzen Schale hervorbrachen und den Kometen jede Sekunde ein paar Tonnen leichter machten. Nach einigen Minuten ließ ich glücklich von dem kleinen Dobson ab, um ein paar Mal zu blinzeln. Als ich endlich wieder an das Teleskop ging, war Eisenroths heller Kopf mit den Sternen wegrotiert. Nach Westen, in Richtung der Sonne, zeigte auch sein eigener Kurs, so dass ich in dem leeren Ausschnitt nun seine staubige Spur beobachten konnte. Und dort neben all dem Staub und schmutzigen Material, das das weiße Licht der Sonne nur reflektierte, war noch etwas anderes, wirklich kaum zu sehen, ein Eigenleuchten, genauer ein schnurgerader Strahl, fahl und bläulich, der sich wie ein Schleier vor die Sterne schob und dann im Dunkel verlor. Ionisiertes Kohlenmonoxid, Gas, das vom Sonnenwind mitgetragen wurde, und der seltenste aller Anblicke: Ich sah den blauen Plasmaschweif eines Kometen.
    Oder ist es möglich, dass ich mir diese letzte Beobachtung nur einbildete? Je mehr Tage verstrichen, je weiter der Abend im Observatorium zurücklag, desto klarer wurde mir, dass ich alles genau so gesehen hatte, wie Tom es mir beschrieben hätte. Natürlich, es bestand die Möglichkeit, dass meine Augen genauso gut geworden waren wie seine. Vielleicht hörte ich aber auch über ein paar tausend Kilometer hinweg noch seine Stimme.
    Immer noch erwartete ich, dass Tom eines Tages durch meine Ateliertür schneien würde. Aber es kam nur ein Lebenszeichen. Mitte Dezember überraschte mich ein gefütterter Umschlag mit Airmail-Stempel. Im Inneren fand ich viele Fotos, die eine fremdartige Berglandschaft zeigten, wie ich sie noch nie gesehen hatte. Die Bilder sahen aus wie auf dem Mars aufgenommen. Je nachdem, wo die Sonne stand, nahmen die geröllübersäten Hänge einen satten dunkelrot glühenden Ton an, der im stärksten Kontrast zu dem wolkenlosen tiefblauen Himmel stand, oder sie leuchteten grell orangefarben wie das Abendrot selbst. Hin und wieder standen ein oder mehrere Kuppeln im Bild, deren glatte silberne oder weiße Oberflächen das grelle Licht spiegelten und der ganzen menschenleeren Szenerie wirklich das Aussehen einer noch nicht existenten, nur ausgedachten Marskolonie verliehen.
    Ich kramte weiter in dem Päckchen und fand einen kurzen Brief.
    »Lieber Philipp, falls Du dich fragst, was ich auf dem höchsten Berg des Pazifik mache: Frau Anand hat mich nach Hawaii eingeladen. Sie hat erfahren, dass ich noch in Arizona war, und dachte, der Mauna Kea würde mir gefallen. Die Observatorien sind viertausend Meter über dem Meer, leider kann ich nicht gut genug schreiben, um Dir zu erklären, wie die Sonnenuntergänge aussehen. Und wie die Milchstraße aussieht. In der ersten Nacht habe ich ein paar Fotos gemacht. Ich habe nur so lange belichtet, dass die Sterne zu sehen sind, die man auch mit dem Auge sieht. Schau:« – unterhalb der

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