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Die Kometenjäger: Roman (German Edition)

Die Kometenjäger: Roman (German Edition)

Titel: Die Kometenjäger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Deckert
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rührte mich. Wie ein Küken unter einer Wärmelampe. Ich hätte kaum für möglich gehalten, dass Constanzes Geschmack sich noch einmal radikal verjüngt hatte. Veras Begleiter war irgendwie das Gegenteil, aber irgendwie auch das, was ich erwartet hatte: der ältere intellektuelle Typ. Sogar schon ein bisschen angegraut. So ein V-Ausschnitt-Pullunder-Mann mit Hornbrille. In meinem Kopf hieß er Sven.
    »Philipp!« Vera sah mich erst, als ich direkt vor ihr stand. »Hallo Vera.«
    Die himmelblauen Augen und die Hornbrille blickten weiter irgendwohin, nahmen keine Unterbrechung im Programm wahr.
    Ich zog Vera zur Seite. »Wer sind denn die?«
    »Wieso? Freunde. Von Constanze.«
    Ich sah ihr in die Augen. Ihr Lächeln löste sich von den Rändern her auf.
    »Oh nein, fang jetzt nicht so an!«, rief sie.
    »Ich fang doch gar nicht damit an. Was macht deine Promotion?«
    »Fertig.«
    »Gratuliere, Frau Doktor.« Ich hielt ihr mein Glas hin, und wir stießen an. Meine Augen wanderten zu Constanze, die mir ein unsicheres Lächeln zuwarf. Ich lächelte zurück.
    »Wann bist du zurückgekommen«, fragte Vera.
    »Vor einer Woche.« Ich begann zu erzählen, von Tom, von seinem Verkaufserfolg, von den Abenteuern mit Livingston. Es klang alles seltsam fade. Die Geschichten zerplatzten wie Seifenblasen, sobald sie meinen Mund verließen. Ob es nur an Vera lag oder der Umgebung, wusste ich nicht. Als wäre es unmöglich, das Erlebte in unsere alte Sprache zu übersetzen. Vera sah sich hilflos nach ihrer Gruppe um. Wir versprachen, uns bald wiederzutreffen.
    Beim Abschied musterte ich noch einmal die beiden Männer aus dem Augenwinkel.
    »Sag mal …«
    »Was?«, fragte Vera.
    »Ich wusste gar nicht, dass Constanzes Kinderwunsch so stark ist.«
    »Ach hör auf«, rief sie und lachte fast dabei. »Du weißt doch wie es ist. Nur Spaß!«
    »Und dein Professor?«
    »Er ist nicht mein Professor. Er ist Musiker.«
    »Auch nur Spaß?«
    Sie drehte sich mit einem Lächeln weg. »Jetzt komm, wir können uns mal zum Frühstück treffen.«
    Auszugehen machte mich nicht glücklich. Freunde zu treffen machte mich nicht glücklich. Es dauerte ein paar Tage, bis mir das klar wurde. Ich besorgte mir neue Farben, verschloss die Tür meines Zimmers von innen und begann, wirklich zu arbeiten. Ich fing an, die Skizzen aus meinem Buch auf die Leinwand zu übertragen. Ich leistete Erinnerungsarbeit. Malte Livingston, malte den Cave Creek Canyon, malte Whistlers Vulkan und den blauen Himmel, wie er aus dessen Krater ausgesehen hatte. Ich malte Tom in seiner Kometenhütte, wie ich ihn einmal morgens vorgefunden hatte, eingeschlafen über dem Teleskop, und ich malte noch einmal Claire. Viele Details fehlten mir, ich ergänzte sie einfach aus meiner Vorstellung, ersetzte Erinnerungen durch Erfindungen, mit derselben Freiheit, die ich mir zuvor nur bei meinen Cartoonfiguren geleistet hatte.
    Nach ein paar Tagen betrachtete ich meine neuen Bilder und stellte fest, dass sie nicht übel waren. Ungefährer, aber auch lebendiger als die Bilder von mir, die immer noch auf Livingstons Dachboden standen – wahrscheinlich hatten die Figuren und Schauplätze in meiner Erinnerung ein Eigenleben angenommen. Ich begann nun, morgens früher aufzustehen. Vor jeder Auftragsarbeit, die zu erledigen war, malte ich zwei Stunden. Es war mein Ritual, um den Tag zu beginnen. Oft malte ich auch nachts noch ein paar Stunden – in einer konzentrierten Stimmung, die mir ganz neu war und dem, was ich als Zustand des Glücks bezeichnen würde, schon recht nahe kam. Meistens war ich unzufrieden mit dem, was ich malte. Und dennoch hatte ich nicht das Gefühl, etwas falsch machen zu können. Über alle Momente des Zweifels half mir die Einsicht hinweg, dass ich gar kein Künstler war. Ich war und blieb ein Illustrator. Aber wenn schon, sagte ich mir, konnte ich ebenso gut ein mutiger sein wie ein langweiliger.
    Wochen vergingen ohne ein Lebenszeichen von Tom. Ich glaubte, dass er irgendwann wieder auftauchen würde, ich rechnete sogar damit, dass er jeden Augenblick durch meine Ateliertür schneien und mir vom Abbruch seines Abenteuers in den USA und seinem nächsten großen Plan erzählen könnte. Aber ich sah und hörte nichts von ihm. Im Internet suchte ich nach Informationen über Komet Eisenroth, oder »C/Spacewatch, LINEAR L 1 «, wie sie ihn nannten, aber es wurde nicht viel über ihn geschrieben. Stattdessen las ich, dass auf dem Cerro Pachón in Chile nach langen Testreihen

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