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Die Kunst des Träumens

Die Kunst des Träumens

Titel: Die Kunst des Träumens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Castaneda
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eine Ewigkeit verlängern.«
    »Die Werbesprüche des Botschafters, auch wenn sie stimmen, sind für mich nicht attraktiv«, sagte ich.
    »Willst du dich etwa leichtsinnig auf etwas einlassen, das dich in Stücke reißen könnte?« fragte er, mit Bestürzung in der Stimme.
    Ich versicherte Don Juan, daß ich nicht in der Welt der anorganischen Wesen sein wolle, ganz gleich, welche Vorteile sie zu bieten hatte. Was ich sagte, schien ihm unerhört zu gefallen. »Dann bist du bereit für eine letzte Aussage über diese Welt. Die schrecklichste Aussage, die ich machen kann«, sagte er - und versuchte zu lächeln, schaffte es aber nicht ganz. Don Juan sah mir forschend in die Augen. Ich glaube, er suchte nach einem Funken Zustimmung oder Einverständnis. Dann schwieg er eine Weile. »Die Energie, die nötig ist. um den Montagepunkt der Zauberer zu bewegen, kommt aus dem Reich der anorganischen Wesen«, sagte er, als beeile er sich, es hinter sich zu bringen. Mir blieb fast das Herz stehen. Mich schwindelte, und ich musste mit dem Fuß aufstampfen, um nicht in Ohnmacht zu fallen. »Dies ist die Wahrheit«, fuhr Don Juan fort. »Und es ist das Vermächtnis der alten Zauberer an uns. Sie haben uns damit gefesselt, bis auf den heutigen Tag. Dies ist der Grund, warum ich sie nicht leiden kann. Ich hasse es. nur aus einer Quelle schöpfen zu müssen. Ich persönlich weigere mich, es zu tun. Und ich habe versucht, dich davon abzuhalten. Doch erfolglos, weil etwas dich magnetisch in diese Welt zieht.«
    Ich verstand Don Juan besser, als ich gedacht hätte. In diese Welt zu reisen, das hatte für mich immer - energetisch betrachtet -einen Schub dunkler Energie bedeutet. Ich hatte es sogar so gesehen, lange bevor Don Juan seine schweren Worte aussprach.
    »Was können wir tun?« fragte ich.
    »Wir dürfen uns nicht auf sie einlassen«, antwortete er. »und doch können wir uns nicht von ihnen fernhalten. Meine Lösung ist, ihre Energie zu nehmen, aber nicht ihrem Einfluss nachzugeben. Dies nennen wir das endgültige Pirschen. Es geschieht, indem man mit unbeugsamer Absicht an der Freiheit festhält, auch wenn kein Zauberer weiß, was Freiheit wirklich ist.«
    »Kannst du mir erklären, Don Juan, warum Zauberer ihre Energie aus dem Reich der anorganischen Wesen beziehen müssen?«
    »Es gibt keine andere brauchbare Energie für Zauberer. Um den Montagepunkt so zu manipulieren, wie sie es tun, brauchen die Zauberer ein Übermaß an Energie.«
    Ich erinnerte ihn an seine eigenen Worte: nämlich, daß zum Träumen eine Umstrukturierung von Energie notwendig sei.
    »Das ist richtig«, erwiderte er.
    »Um mit dem Träumen anzufangen, müssen die Zauberer ihre Prämissen neu bestimmen und Energie sparen. Solch eine Neubestimmung dient aber nur dazu, die nötige Energie zu erlangen, um das Träumen zu arrangieren. Etwas anderes ist es, in andere Welten zu fliegen, Energie zu sehen, den Energiekörper zu komplettieren, und so weiter. Für solche Manöver brauchen die Zauberer ungeheure Mengen dunkler, fremder Energie.«
    »Aber wie bekommen sie diese Energie aus der Welt der anorganischen Wesen?«
    »Einfach, indem sie in diese Welt gehen. Alle Zauberer unserer Linie haben dies getan. Aber keiner von uns ist so töricht, das zu tun, was du getan hast. Allerdings nur. weil keiner deine Veranlagung hat.«
    Don Juan schickte mich nach Hause und riet mir, nachzudenken über alles, was er mir offenbart hatte. Ich hatte noch unendlich viele Fragen, aber er wollte nichts davon hören. »Alle Fragen, die du hast, kannst du dir selbst beantworten«, sagte er. als er winkend Abschied nahm.
     

10. Die Pirscher anpirschen
    Wieder zu Hause, erkannte ich bald, daß es mir unmöglich war. auch nur eine meiner Fragen zu beantworten. Ich konnte sie nicht einmal formulieren. Der Grund war vielleicht, daß die Schranke der zweiten Aufmerksamkeit für mich zusammengebrochen war. Dies geschah, als ich Florinda Grau und Carol Tiggs im normalen Alltag begegnete. Die Verwirrung, sie überhaupt nicht zu kennen und doch so eng mit ihnen vertraut zu sein, daß ich jederzeit mein Leben für sie hingegeben hätte, war für mich verhängnisvoll. Ein paar Jahre vorher hatte ich Taisha Abelar getroffen, und allmählich gewöhnte ich mich an das vertrackte Gefühl, sie zu kennen, ohne zu wissen, wieso. Daß jetzt zwei Menschen zusätzlich in mein überlastetes System eintraten, war zuviel für mich. Ich erkrankte vor Erschöpfung und musste Don Juan um Hilfe bitten. Also

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