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Die Kunst des Träumens

Die Kunst des Träumens

Titel: Die Kunst des Träumens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Castaneda
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hast.«
    »Und was ist die richtige Stelle. Don Juan?«
    »Wieder mal bist du auf Wörter hereingefallen. Diesmal ist es das Wort >Gegenstände<. von dem du glaubst, es bezeichne nur Dinge oder Objekte. Aber die wildesten Scouts verbergen sich hinter Menschen in unseren Träumen. Mir selbst stand beim Träumen eine schreckliche Überraschung bevor, als ich meinen Blick auf das Traumbild meiner Mutter richtete. Nachdem ich meine Absicht, zu sehen, ausgesprochen hatte, verwandelte sie sich in eine grimmige, beängstigende Blase brutzelnder Energie.« Don Juan machte eine Pause, um seine Worte auf mich einwirken zu lassen. Ich war verlegen, weil ich die Möglichkeit, hinter dem Traumbild meiner Mutter einen Scout zu entdecken, unheimlich fand.
    »Es ist ärgerlich, daß sie stets mit Traumbildern unserer Eltern oder naher Freunde verbunden sind«, fuhr er fort. »Vielleicht ist das der Grund, warum wir uns manchmal unbehaglich fühlen, wenn wir von ihnen träumen.« Sein Grinsen machte mir den Eindruck, als genieße er meine Verwirrung. »Als Faustregel nehmen die Träumer an, daß ein Scout dieses dritten Typs immer dann zugegen ist, wenn sie sich in einem Traum von ihren Eltern oder Freunden belästigt fühlen. Ich kann dir vernünftigerweise nur raten, solche Traumbilder zu meiden. Sie sind reines Gift.«
    »Wo steht der blaue Scout im Verhältnis zu anderen Scouts?« fragte ich.
    »Blaue Energie brutzelt nicht«, antwortete er. »Sie ist der unseren ähnlich. Sie flimmert, aber sie ist blau statt weiß. Blaue Energie gibt es in unserer Welt nicht im Naturzustand. Und dies bringt uns zu einer Frage, über die wir nie gesprochen haben. Von welcher Farbe waren die Scouts, die du bislang gesehen hast?«
    Bis zu diesem Augenblick, da er davon sprach, hatte ich es mir nie überlegt. Nun erzählte ich Don Juan, daß die Scouts, die ich gesehen hatte, rötlich oder rosarot waren. Und er sagte, daß die gefährlichen Scouts vom dritten Typ leuchtend orange wären. Ich konnte selbst feststellen, daß jener dritte Typ von Scouts wirk-
    lieh erschreckend ist. Jedes Mal, wenn ich einen entdeckte, verbarg er sich hinter Traumbildern meiner Eltern, vor allem meiner Mutter. Immer wenn ich dies sah, erinnerte es mich an die Energiewolke, die mich in jenem Traum, als ich zum erstenmal bewußt sehen konnte, angegriffen hatte. Diese fremde Kundschafter- Energie schien sich jedesmal, wenn ich sie antraf, auf mich stürzen zu wollen. Mein Energiekörper reagierte darauf mit Entsetzen, bevor ich sie sah.
    Bei unserem nächsten Gespräch über das Träumen befragte ich Don Juan nach dem völligen Fehlen anorganischer Wesen bei meinen Traumübungen. »Warum tauchen sie nicht mehr auf?« fragte ich.
    »Sie tauchen nur zu Anfang auf«, erklärte er. »Nachdem ihre Scouts uns in ihre Welt geführt haben, sind Projektionen anorganischer Wesen nicht mehr notwendig. Wenn wir die anorganischen Wesen sehen wollen, führt ein Scout uns dorthin. Denn niemand - ich wiederhole, niemand - kann allein in diese Welt reisen«
    »Warum ist das so, Don Juan?«
    »Ihre Welt ist versiegelt. Niemand kann sie ohne Zustimmung der anorganischen Wesen betreten oder verlassen. Man kann lediglich, wenn man einmal darin ist. seine Absicht äußern, dort zu bleiben. Dies laut auszusprechen bedeutet. Energieströme in Bewegung zu setzen, die irreversibel sind. Worte waren in alten Zeiten unglaublich mächtig. Heute sind sie es nicht mehr. Im Reich der anorganischen Wesen haben sie ihre Macht aber nicht verloren.«
    Don Juan lachte und meinte, er habe kein Recht, etwas über die Welt der anorganischen Wesen zu sagen, weil ich darüber wirklich mehr wisse als er und alle seine Gefährten zusammen. »Eine Frage gibt es noch, hinsichtlich dieser Welt, über die wir noch nicht gesprochen haben«, sagte er. Lange schwieg er, als suchte er nach den passenden Worten.
    »Letzten Endes«, begann er, »ist meine Abneigung gegen die Aktivitäten der alten Zauberer eine sehr persönliche Sache. Als Nagual lehne ich ab, was sie taten. Feige suchten sie Zuflucht in der Welt der anorganischen Wesen. In einem räuberischen Universum wie dem unseren, das uns jederzeit in Stücke reißen kann, glaubten sie, jene Welt sei unser einziges Asyl.«
    »Warum glaubten sie dies?« fragte ich.
    »Weil es so ist«, sagte er.
    »Da die anorganischen Wesen nicht lügen können, sind die Werbesprüche des Traumbotschafters ganz zutreffend. Diese Welt kann uns Obdach bieten und unser Bewusstsein fast

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