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Die Kurtisane des Teufels

Die Kurtisane des Teufels

Titel: Die Kurtisane des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lessmann
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mir, ein wenig Geld zu sparen, wenn ich eine gute Stelle finde. Dann kann ich in ein paar Jahren doch noch heiraten.«
    Mistress Scroggs nickte erleichtert. »Ja, ganz bestimmt.«
    Unten in der Stube, die ebenso leer und kahl war wie die Schlafkammer, stand Kittys Reisetruhe, in dem sich ein paar Kleider, Schuhe und andere Kleinigkeiten befanden.
    »Mein Sohn bringt dich mit dem Karren zur Herberge. Es ist noch genug Zeit. Der Rollwagen nach London fährt erst in einer Stunde. Gott segne dich, mein Kind.«
    Herzlich umarmte Mistress Scroggs das junge Mädchen, bevor sie ihren Sohn, der vor der Tür mit dem Karren wartete, hereinrief. Der junge Jack lächelte Kitty schüchtern an, während er sich den breitkrempigen Hut vom Kopf zog. Wie die meisten Burschen in der Nachbarschaft hatte er schon seit Jahren eine Schwäche für das hübsche Mädchen, das immer fröhlich war, dabei aber stets ein wenig unnahbar blieb. Die Träume der Jungen heizte dies nur noch mehr an. Dass Kitty gebildet war und Französisch sprach wie die feinen Leute, flößte ihnen zudem großen Respekt vor ihr ein.
    »Jack, nimm Kittys Koffer und lade ihn auf den Wagen«, wies Mistress Scroggs ihren Sohn an, der, den Hut in der Hand, das junge Mädchen bewundernd anstarrte.
    »Ja, Mutter«, antwortete der Bursche, der sich nur mit Mühe auf seine Pflichten besann.
    Erneut tief in Gedanken versunken, folgte Kitty ihm ins Freie. Sie hatte seine begehrlichen Blicke kaum bemerkt.
    Mit einer letzten Umarmung verabschiedete sich die junge Frau von Mistress Scroggs und stieg neben Jack auf den Bock des zweirädrigen Karrens. Ein kurzes Zungenschnalzen seines Herrn, und das Zugpferd setzte sich gemächlich in Bewegung.
    Gierig atmete Kitty den Duft der Frühlingsblumen auf den Wiesen ein. Sie war noch nie zuvor in London gewesen, doch diejenigen, die es schon einmal in die Hauptstadt verschlagen hatte, beschrieben sie als stinkenden, schmutzigen Moloch, dessen Einwohner von den ungesunden Lebensverhältnissen in jungen Jahren dahingerafft wurden. Eine bedrückende Aussicht, die Kitty mit Missbehagen erfüllte.
    Vielleicht gelingt es mir, genug Geld zu sparen, damit ich eines Tages nach Stamford zurückkehren kann, dachte sie hoffnungsvoll.
    »Was wirst du tun, wenn du in London ankommst?«, fragte Jack neugierig.
    »Ich werde Thomas aufsuchen«, antwortete das Mädchen abwesend. »Er kann mir sicher eine Anstellung besorgen.«
    »Wie geht es Thomas? Ich hätte erwartet, dass er zur Beerdigung eurer Eltern kommt, aber offensichtlich war er zu beschäftigt.«
    »Ja, das wird es wohl sein«, murmelte Kitty.
    »Hat er dir geschrieben, weshalb er nicht kommen konnte?«, hakte Jack nach, der nicht bemerkte, dass seiner Begleiterin das Thema unangenehm war.
    »Nein«, erwiderte sie einsilbig.
    »Was? Er hat dir nicht einmal eine Erklärung gegeben, weshalb er die Bestattung eurer Eltern versäumt?«, rief Jack empört.
    Kitty senkte betreten den Blick. »Er hat überhaupt nicht geschrieben«, gab sie zu.
    »Das ist nun wirklich ungeheuerlich!«
    »Vielleicht hat mein Brief ihn nicht erreicht«, versuche Kitty die Nachlässigkeit ihres Bruders zu erklären.
    »Möglich«, stimmte der Bursche zu. »Dann wird dein Bruder aber sehr überrascht sein, wenn er jetzt erst vom Tod eurer Eltern erfährt!«
    »Ja, das wird er.«
    Kitty verschwieg ihm, dass schon seit zwei Monaten kein Brief mehr von Thomas gekommen war. Da ihr Bruder seit seiner Ankunft in London bis dahin stets regelmäßig an seine Familie geschrieben hatte, beunruhigte Kitty dieses plötzliche Schweigen. Thomas war kein leichtfertiger Mensch, doch die verderblichen Einflüsse der großen Stadt waren legendär. Und so fürchtete das Mädchen, dass ihr naiver Bruder in schlechte Gesellschaft geraten sein könnte.
    Vor einer Herberge am Rande von Stamford zügelte Jack das Pferd und half Kitty beim Absteigen. Der Rollwagen nach London stand schon bereit. Einige Warenbündel wurden noch auf den vierrädrigen Wagen verladen und unter der Plane, die sich über die Ladefläche wölbte, verstaut. Der Fuhrmann spannte mit Hilfe eines Stallknechts die Zugpferde an. Sechs Tiere gingen hintereinander, während der Fuhrknecht auf einem Pony nebenherritt und die Pferde mit Zurufen lenkte.
    Kitty schenkte Jack noch ein Abschiedslächeln, das diesen erröten ließ, bevor sie neben den anderen Passagieren auf der Sitzbank Platz nahm. Der Rollwagen legte zwar nur zwei Meilen pro Stunde zurück und brauchte vier Tage bis

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