Die Lagune Der Flamingos
dunklere Stimme herrschte sie an, still zu sein. Etwas fiel krachend zu Boden. Mit wenigen Schritten war Lorenz an der Tür und riss sie auf. Maisie stand nackt neben ihrem zerwühlten Bett, einen umgestürzten Stuhl in ihrem Rücken, und hielt, ihm unerklärlich, eine Vase in der Hand, die sie gleich darauf fallen ließ, sodass sie klirrend zersprang. Lorenz kümmerte sich nicht darum. Die Tür zum Flur, bemerkte er mit einem Blick, stand offen, der Liebhaber war geflohen, aber Lorenz spürte ihn noch, roch ihn überall in diesem Raum. Seine Freude hatte sich schlagartig verflüchtigt. Wut stieg in ihm auf.
»Lorenz«, sagte Maisie in dem kindlichen Tonfall, der ihn sonst immer in Sicherheit wiegte und beruhigte. »Du bist schon da?«
Es war dieser Moment, in dem Lorenz losbrüllte. Die Wut in ihm war jetzt so ungeheuer groß, dass er alles kurz und klein schlagen wollte. Der alte Lorenz war zurück, der, den er schon vergessen geglaubt hatte. Mit einem Sprung war er an ihrer Seite. Als er seine Hände um Maisies Hals legte, war es, als lenke ihn eine fremde Kraft. Er drückte zu. Zuerst wehrte sie sich heftig, zappelte, würgte, versuchte, ihn zu treten. Irgendwann glitten ihre schmalen Finger von seinen Riesenpranken ab. Irgendwann wurden die tierischen, gurgelnden Geräusche, die sie von sich gab, leiser. Irgendwann erschlaffte ihr Körper.
Lorenz hielt Maisie noch eine Weile fest, dann warf er sie wie eine Puppe auf das Bett, fiel auf die Knie, kroch zur Wand und ließ sich völlig erschöpft dagegensinken.
Lorenz wusste nicht, wie lange er reglos dagesessen hatte, hin- und hergerissen zwischen Entsetzen und Furcht. Maisies Körper war weder kalt noch warm, als er sich ihr wieder näherte. Er sah die roten Flecken, die seine kräftigen Hände an ihrem Hals hinterlassen hatten. Ihr Mund stand leicht offen. Ihre Zähne schimmerten wie eine Reihe weißer Perlen. Lorenz stieß einen tiefen Seufzer aus, raffte sich auf und setzte sich neben seine Frau auf das Bett. Dann nahm er Maisies Kamm vom Nachtschränkchen und ließ ihn durch ihr langes blondes Haar gleiten. Er wollte nicht fortlaufen. Es machte keinen Sinn fortzulaufen.
So blieb er sitzen, bis ein Geräusch an der Tür und ein Laut des Entsetzens ihm sagten, dass man bemerkt hatte, was geschehen war. Die Polizei würde sicher bald kommen und ihn abholen.
Er wusste, dass er ein toter Mann war.
Vierzehntes Kapitel
Er zerstört alles, was ich erreicht habe. Er wird mein Leben zerstören und dann Minas. Annelie saß vor dem Kamin und starrte ins Feuer. Sie hatte gedacht, ihrer Vergangenheit entkommen zu sein, doch die Vergangenheit hatte sie eingeholt. Es gab nichts, was sie dagegen tun konnte. Wollte sie Philipp enttarnen, dann musste sie gestehen, dass sie eine Mörderin war. Und dann?
Sie bemerkte, dass Eduard sie beobachtete. Seit er ihr seine Liebe gestanden hatte und sie fortgelaufen war, hatte er sich ihr nicht wieder erklärt. Manchmal hatte sie sich danach ausgemalt, wie es wohl war, als Frau an seiner Seite zu leben. Aber sie würde sich nur retten können, wenn Philipp einen Fehler machte, ansonsten waren alle Träume vergebens. Doch Philipp machte keinen Fehler.
Seit er auf der Estancia eingetroffen war, lebte er in der alten Hütte eines verstorbenen Schafhirten inmitten eines noch nicht urbar gemachten Teils von La Dulce, die er auf die gleiche Weise in Besitz genommen hatte, wie er alles im Leben stets einfach an sich nahm. Zuerst hatte er Annelie nur gezwungen, Nahrung zu stehlen. Wenig später hatte er Geld verlangt. Inzwischen zwang er sie, ihn zu decken, wenn er Schafe oder Rinder forttrieb. Und er wurde zunehmend dreister.
Es klopfte an der Tür, gleich darauf trat Arthur ein. »Es fehlen schon wieder Tiere auf der Nordweide.«
Eduard sprang auf. »Jetzt reicht es aber.«
Annelie wusste, dass sie nun etwas sagen musste. »Vielleicht sind sie fortgelaufen?« Sie fand selbst, dass ihre Stimme nicht überzeugend klang. »Vielleicht«, setzte sie hinzu, »ist irgendwo ein Loch im Zaun.«
»Nein«, Arthur schüttelte den Kopf, »das habe ich überprüft.«
Eduard lächelte Annelie an. »Ich fürchte, wir haben ein kleines Problem mit Dieben, aber mach dir keine Sorgen. Das passiert nicht zum ersten Mal.«
»N … nein«, stotterte sie, »ganz bestimmt nicht. Ich mache mir keine Sorgen.«
Es wurde immer schwieriger, sich zu Philipp zu schleichen, um ihn zu warnen. Aber es gelang ihr.
»Ich soll mich also ein paar Tage zurückhalten,
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