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Die Lava

Die Lava

Titel: Die Lava Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Magin
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Decke. Putz rieselte herab auf den Teppichboden.
    Der Becher vor dem Nordengländer kippte um, und der Tee ergoss sich auf die Tastatur seines Computers.
    »Shit!«, fluchte er.
    Zumindest in diesem Moment gab Reginald MacGinnis seine sonst alles beherrschende Gleichgültigkeit auf: »Hutter! Was ist mit Hutter?«
    Andrew Neal lüftete die Kopfhörer ein paar Millimeter. »Ich habe gerade keine Rückmeldung von ihm … Die Funkverbindung steht aber.«
    »Versuchen Sie, wieder Kontakt mit ihm zu bekommen. Stellen Sie fest, ob er verletzt ist.«
    »Hutter?«
    Eine kleine Pause. Es wurde totenstill. Alle blickten auf Neal, der zum Hauptquartier zurückgekommen war, um Material zu laden, und dort sofort das Mikrofon übernommen hatte. »Ich kriege ihn nicht!« Er wiederholte Joes Namen. Sein Gesicht wirkte angespannt, die anderen lasen daraus, dass er immer noch keine Rückmeldung ihres Kameraden erhalten hatte.
    »Einen Moment!«
    Aufatmen. Der Nordengländer lächelte sogar, er dachte, Hutter habe sich gemeldet.
    »Ich habe gerade einen Anruf des seismologischen Instituts erhalten. Es war ein Erdbeben, sehr regional. Das Epizentrum lag wohl direkt unter dem Laacher See.« Er sah zu dem Nordengländer rüber. »Ich stelle es Ihnen durch, damit ich weiter nach Joe suchen kann.«
    Der Nordengländer nickte, nahm hastig das Gespräch an, notierte eifrig Zahlen mit. »Können Sie mir das als PDF durchschicken?« Er sah Neal fragend an.
    »Hutter?« Andrew Neal gab nicht auf.
    »Hast du ihn?«, fragte der Nordengländer.
    »Ruhe, Leute, Ruhe«, mahnte MacGinnis mit fester Stimme und lächelte mild. »Wir finden Hutter schon wieder.Zumindest haben wir jetzt die Koordinaten«, stellte er dann mit einiger Zufriedenheit fest.
    »Hutter? Hutter, bist du da?«, drang es in seinen Kopfhörer.
    Er musste sich beruhigen. Unbedingt. Den Atem runterfahren. Die Dunkelheit ignorieren.
    »Hutter, melde dich!«
    »Ich bin hier im Rumpf. Eingeklemmt …«
    »Sollen wir jemand runterschicken?«
    »Warte.« Er drückte gegen das Metallteil, das ihn festhielt. Es saß locker. Das würde er schaffen. »Alles in Ordnung, glaube ich. Hat es einen Erdstoß gegeben?«
    »Ein schwaches Erdbeben. Bist du verletzt?«
    Joe sah an sich herab, konnte keinen Schnitt oder eine andere Verletzung erkennen. »Nein.«
    Er drückte die Strebe fort. Es ging leichter, als er erwartet hatte. Er hob die Strebe einen Zoll weit an und zog dann sein Bein heraus. Dann ließ er sie fallen. Sie krachte gegen die Rumpfinnenseite – ein grollendes Geräusch. Er fühlte, dass die Vibrationen durch seinen ganzen Körper fuhren. Er streckte das Bein – es folgte seinen Befehlen. Mühsam rappelte er sich auf, hielt sich mit einem Arm an der gerundeten Innenwand fest. Er trat mehrmals auf das Bein auf. Es schmerzte nur ein wenig. Gut!
    »Joe? Joe?«
    »Ich bin jetzt wieder frei, im Rumpf und suche nun den Bombenschacht«, meldete er an Neal zurück.
    »Ist gut.«
    Joe blieb geduckt stehen. Am besten warte ich, bis sich die Schwebteile gesetzt haben und die Sicht wieder klar ist. Welche Sicht? Selbst mit dem Licht am Helm konnte er allerhöchstens zehn Fuß weit sehen. Er befand sich in einer zerbrechlichen Metallröhre unter Wasser, sah weder, wo er hergekommen war, noch, wie weit sich dieser Tunnel vor ihmerstreckte, was darin noch lag, er konnte den Boden nicht erkennen und hatte zudem die Orientierung verloren. Wo war der Bombenschacht?
    Es war Zeit, die Bomben zu suchen.
    Unbeholfen bewegte er sich in Richtung Rumpfmitte, dann glitt er auf einer Patrone aus, die über den Gang rollte. Er stürzte ganz langsam, rappelte sich wieder auf.
    Ich muss vorsichtiger sein!
    Joe ging langsam, mit jedem Schritt mühsam seine Standfestigkeit prüfend. Der Rumpf saß trotz der Erschütterungen wieder fest auf. Nichts schwankte. Dennoch rechnete er damit, dass das gesamte Wrack mit einer plötzlichen und unerwarteten Bewegung abrutschen konnte. Dann würden alle losen Stücke durch diese Metallröhre rutschen, konnten ihn treffen und verletzen. Er durfte sich keine Fehler erlauben. Allmählich näherte er sich dem Cockpit. Dort, an der Stufe, die zum Vorraum führte, fiel er auf die Knie. Sorgfältig, um sich nicht an den scharfkantigen Glasscherben zu schneiden, tastete er den Boden und den Stufenabsatz ab, bis er eine Stelle entdeckt hatte, an der die Metallplatte einen Spaltbreit abstand – der Zugang zum Bombenschacht. Das war jetzt keine Simulation mehr, bei der er Fehler machen

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