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Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche

Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche

Titel: Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen
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seiner los worden. Indessen er sich nun so hiermit schleppte, wurde mir ganz ungeheuer bei der Sach; derowegen versilberte ich, was ich hatte, schaffte mein Gesind ab und setzte mich mit meiner böhmischen Mutter nach Passau, vermittelst meines vielen Gelds des Kriegs Ausgang zu erwarten, sintemal ich zu sorgen hatte, wann Springinsfeld solches Kaufs und Verkaufs halber über mich klagen würde, daß mir alsdann als einer Zauberin der Prozeß gemacht werden dörfte.

Das dreiundzwanzigste Kapitel
    Wie Courasche abermal einen Mann verloren
und sich darnach gehalten habe.
    Zu Passau schlug es mir bei weitem nicht so wohl zu, als ich mich versehen hatte. Es war mir gar zu pfäffisch und zu andächtig; ich hätte lieber anstatt der Nonnen Soldaten oder anstatt der Mönche einige Hofbursch dort sehen mögen; und gleichwohl verharrete ich daselbsten, weil damals nicht nur Böhmen, sondern auch fast alle Provinzen Teutschlands mit Krieg überschwemmt waren. Indem ich nun sah, daß daselbst alles der Gottesforcht zugetan zu sein schien, accommodirte ich mich gleichfalls, aufs wenigst äußerlich, nach ihrer Weis und Gewohnheit; und was mehr ist, so hatte meine böhmische Mutter oder Kostfrau das Glück, daß sie an diesem andächtigen Ort unter dem Glanz der angenommenen Gottseligkeit den Weg aller Welt ging, welche ich dann auch ansehnlicher begraben ließ, als wann sie zu Prag bei St. Jacobs Tor gestorben wäre. Ich hielt es für ein Omen meiner künftigen Unglückseligkeit, weil ich nunmehr niemanden auf der Welt mehr hatte, dem ich mich und das Meinige rechtschaffen hätte vertrauen mögen, und derentwegen haßte ich den unschuldigen Ort, darin ich meiner besten Freundin, Säugammen und Auferzieherin war beraubt worden. Doch patientirt ich mich daselbst, bis ich Zeitung bekam, daß der Wallensteiner Prag, die Hauptstadt meines Vatterlands, eingenommen und wiederum in des Römischen Kaisers Gewalt gebracht habe; dann auf solche erlangte Zeitung und weil der Schwed zu München und in ganz Baiern dominirt, zumalen in Passau seinetwegen große Forcht war, machte ich mich wieder in besagtes Prag, wo ich mein meistes Geld liegen hatte.
    Ich war aber kaum dort eingenistelt, ja ich hatte mich noch nicht recht daselbst gesetzt, mein zusammengeschundenes Geld und Gut im Frieden und meinem Bedunken nach in einer so großen und dannenhero auch meinem Vermuten nach sehr sichern Stadt wollustbarlich zu genießen, siehe, da schlug der Arnheim die Kaiserlichen bei Liegnitz, und nachdem er daselbst 53 Fähnlein erobert, kam er, Prag zu ängstigen. Aber der allerdurchlauchtigst dritte Ferdinand schickte seiner Stadt, als er selbst Regenspurg zusetzte, den Gallas zu Hülfe, durch welchen Succurs die Feinde nicht allein Prag, sondern auch ganz Böhmen wiederum zu verlassen genötigt wurden.
    Damals sah ich, daß weder die großen und gewaltigen Städte noch ihre Wäll Türm Mauren und Gräben mich und das Meinige vor der Kriegsmacht derjenigen beschützen könnten, die nur im freien Feld, in Hütten und Zelten logiren und von einem Ort zum andern schweifen. Derowegen trachtet ich dahin, wie ich mich wiederum einem solchen Kriegsheer beifügen möchte.
    Ich war damal noch ziemlich glatt und annehmlich, aber gleichwohl doch bei weitem nicht mehr so schön als vor etlich Jahren. Dennoch brachte mein Fleiß und Erfahrenheit mir abermal aus dem Gallassischen Succurs einen Hauptmann zuwegen, der mich ehelichte, gleichsam als wann es der Stadt Prag Schuldigkeit oder sonst ihre eigne Art gewest wäre, mich auf allen Fall mit Männern und zwar mit Hauptleuten zu versehen. Unsere Hochzeit wurde gleichsam gräflich gehalten, und solche war kaum vorüber, als wir Ordre kriegten, uns vor Nördlingen zu der kaiserlichen Armada zu begeben, die sich kurz zuvor mit dem hispanischen Ferninand Cardinal-Infant conjungirt, Donauwerth eingenommen und Nördlingen belagert hatte. Diese nun kamen der Fürst von Weimar und Gustavus Horn zu entsetzen, worüber es zu einer blutigen Schlacht geriet, deren Verlauf und darauf erfolgte Veränderung nicht vergessen werden wird, so lang die Welt stehet. Gleichwie sie aber auf unserer Seiten überall glücklich ablief, also war sie mir gleichsam allein schädlich und unglückhaft, indem sie mich meines Manns, der noch kaum bei mir erwarmet, im ersten Angriff beraubte. Überdas so hatte ich nicht das Glück, wie mir etwan hiebevor in anderen Schlachten widerfahren, for mich selbsten und meiner Hand Beuten zu machen, weil ich

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