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Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche

Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche

Titel: Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen
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kaiserliche Völker aber nach Teutschland, zu sehen, was der Schwed machte, mit denen ich dann so wohl fortschlendern mußte, als wann ich auch ein Soldat gewesen wäre. Wir wurden, uns entweder zu erfrischen, oder weil die rote Ruhr und die Pest selbst unter uns regierte, an einem Ort in den kaiserlichen Erblanden etliche Wochen an die Donau ins freie Feld mit unserem Regiment logirt, da es mir bei weitem nicht solche Bequemlichkeiten setzte wie in dem edlen Italia. Doch behalf ich mich, so gut als ich konnte, und hatte mit meinem Springinsfeld, weil er mehr als eine Hundsdemut gegen mich verspüren ließe, den Frieden wiederum, doch nur proforma, geschlossen; dann ich laurete täglich auf Gelegenheit, vermittelst deren ich seiner los werden möchte. Solcher mein inniglicher Wunsch widerfuhr mir folgendergestalt, welche Begebenheit genugsam bezeuget, daß ein vorsichtiger verständiger, ja unschuldiger Mann, dem wachend und nüchtern weder Weib Welt noch der Teufel selbst nicht zukommen kann, gar leichtlich durch seine eigene blöde Gebrechlichkeit schlaf- und weintrunkenerweis in alles Unheil und Unglück gestürzt und also um alles sein Glück und Wohlfahrt gebracht werden mag.
    Gleichwie nun aber ich in meinem Gemüt auch um die allergeringste Schmach und vermeinte zugefügte Unbilligkeit ganz rachgierig und unversönlich war, also erzeigte sich auch mein Leib, wann er im geringsten verletzt wurde, gleichsam ganz unheilsam. Nicht weiß ich, ob derselbe dem Gemüt nachahmte, oder ob die Zärte meiner Haut und sonderbaren Complexion so grobe Stöße wie ein Salzburger Holzbauer nicht ertragen konnte. Einmal, ich hatte meine blauen Fenster und von Springinsfelds Faust die Wahrzeichen noch in meinem sonst zarten Angesicht, die er mir im Lager von Mantua eingetränkt, da er mich in obbemeldtem Lager an der Donau, als ich abermal im besten Schlaf lag, bei der Mitten kriegte, auf die Achsel nahm, mit mir also im Hemd, wie er mich ertappt gehabt, gegen des Obristen Wachtfeuer zulief und mich allem Ansehen nach hinweg werfen wollte. Ich wußte, nachdem ich erwachte, zwar nicht, wie mir geschah, aber gleichwohl merkte ich meine Gefahr, da ich mich ganz nackend befand und den Springinsfeld mit mir so schnell gegen dem Feuer zueilen sah. Derowegen fing ich an zu schreien, als wenn ich mitten unter die Mörder gefallen wäre. Davon erwachte alles im Läger, ja der Obrist selbst sprang mit seiner Partisan aus seinem Zelt, und andere Officier mehr, welche kamen der Meinung, einen entstandenen großen Lärmen zu stillen; denn wir hatten damals ganz keine Feindsgefahr, sondern nichts anders als ein schönes lächerliches Einsehen und närrisches Spectacul. Ich glaube auch, daß es recht artlich und kurzweilig anzuschauen gewesen sein muß. Die Wacht empfinge den Springinsfeld mit seiner unwilligen und schreienden Last, ehe er dieselbe ins Feuer werfen konnte; und als sie solche nackend sahen und als seine Courasche erkannten, war der Corporal so ehrliebend, mir einen Mantel um den Leib zu werfen. Indessen kriegten wir einen Umstand von allerhand hohen und niedern Officiern, der sich schier zu Tod lachen wollte und welchem nicht allein der Obrist selbst sondern auch der Obristleutenant gegenwärtig war, der allererst neulich den Frieden zwischen mir und dem Springinsfeld durch Drohung gestiftet hatte.
    Als indessen Springinsfeld sich wieder witzig stellte, oder, ich weiß selbst schier nit, wie es ihm ums Herz war, als er wieder zu seinen sieben Sinnen kommen, fragte ihn der Obriste, was er mit dieser Gugelfuhr gemeint hätte. Da antwortet er, ihm hätte geträumt, seine Courasche wäre überall mit giftigen Schlangen umgeben gewesen, derowegen er sie seinem Einfall nach, sie zu erretten und davon zu befreien, entweder in ein Feuer oder Wasser zu tragen fürs Beste gehalten, hätte sie auch zu solchem Ende aufgepackt und wäre, wie sie alle vor andern sehen, also mit ihr daher kommen, welches ihm mehr als von Grund seines Herzens leid sei. Aber beide der Obrist selbst und der Obristleutenant, der ihm vor Mantua beigestanden, schüttelten die Köpfe darüber und ließen ihn, weil sich schon jedermann satt genug gelacht hatte, für die lange Weil zum Profosen führen, mich aber in mein Gezelt gehen, vollends auszuschlafen.
    Den folgenden Morgen ging unser Proceß an und sollte auch gleich ausgehen, weil sie im Krieg nicht so lang zu währen pflegen als an einigen Orten im Frieden. Jedermann wußte zuvor wohl, daß ich Springinsfelds

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