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Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche

Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche

Titel: Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen
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wegen anderer, die mir vorgingen, sodann auch wegen meines Manns allzufrühen Tods nirgends zukommen konnte. Solches bedunkten mich eitel Vorbedeutungen meines künftigen Verderbens zu sein, welches dann die erste Melancholia, die ich mein Tage rechtschaffen empfunden, in meinem Gemüt verursachte.
    Nach dem Treffen zerteilte sich das sieghafte Heer in unterschiedliche Truppen, die verlornen teutschen Piovinzen wieder zu gewinnen, welche aber mehr ruinirt als eingenommen und behauptet wurden. Ich folgte mit dem, Regiment, darunter mein Mann gedienet, demjenigen Corps das sich des Bodensees und Wirtenberger Landes bemächtigt, und ergriff dardurch Gelegenheit, in meines ersten Hauptmanns, den mir hiebevor Prag auch gegeben, Hoya aber wieder genommen, Vatterland zu kommen und nach seiner Verlassenschaft zu sehen, allwo mir dasselbe Patrimonium und des Orts Gelegenheit so wohl gefiel, daß ich mir dieselbige Reichsstadt gleich zu einer Wohnung erwählete, vornehmlich darum, weil die Feinde des Erzhauses Österreich zum Teil bis über den Rhein und anderwärts, ich weiß als nit wohin, verjagt und zerstreuet waren, also daß ich mir nichts Gewissers einbildete, denn ich würde ihrentwegen mein Lebtage dort sicher wohnen. So mochte ich ohnedas nicht wieder in Krieg, weil nach dieser namhaften Nördlinger Schlacht überall alles dergestalt aufgemauset wurde, daß die Kaiserlichen wenig rechtschaffene Beuten meiner Mutmaßung nach zu hoffen hatten.
    Derowegen fing ich an auf gut bäurisch zu hausen: ich kaufte Vieh und liegende Güter, ich dingte Knecht und Mägd und schickte mich nit anderst, als wann der Krieg durch diese Schlacht allerdings geendigt, oder als ob sonst der Friede vollkommen beschlossen worden wäre. Und zu solchem Ende ließ ich alles mein Geld, das ich zu Prag und sonst in großen Städten liegen hatte, herzu kommen und verwendete das meiste hierzu an. Und nun siehe, Simplice, dergestalt seind wir meiner Rechnung und deiner Lebensbeschreibung nach zu einer Zeit zu Narren worden, ich zwar bei den Schwaben, du aber zu Hanau; ich vertät mein Geld unnützlich, du aber deine Jugend; du kamest zu einem schlechten Krieg, ich aber bildet mir vergeblich eine Friedenszeit ein, die noch in weitem Feld stund. Denn ehe ich recht eingewurzelt war, da kamen Durchzüg und Winterquartier, die doch die beschwerlichen Contributiones mit nichten aufhuben; und wann die Menge meines Gelds nicht ziemlich groß, oder ich nicht so witzig gewesen wäre, dessen Besitzung weislich zu verbergen, so wäre ich zeitlich caput worden; denn niemand in der Stadt war mir hold, auch meines gewesenen Manns Freunde nicht, weil ich dessen hinterlassene Güter genoß, die sonst ihnen erblich zugefallen wären, wann mich, wie sie sagten, der Hagel nicht hingeschlagen hätte. Dannenhero wurde ich mit starken Geldern belegt und nichtsdestoweniger auch mit Einquartierungen nicht verschonet. Es ging mir halt wie den Wittiben, die von jedermann verlassen sein.
    Aber solches erzähle ich dir darum nicht klagender Weis, begehre auch dessentwegen weder Trost, Hülf noch Mitleiden von dir, sondern ich sage dirs darum; daß du wissen sollst, daß ich mich gleichwohl nicht viel deswegen bekümmerte noch betrübte, sondern daß ich mich noch darzu freuete, wann wir einem Regiment mußten Winterquartier geben. Denn sobald solches geschah, machte ich mich bei den Officiern zutäppisch; da war Tag und Nacht nichts als Fressen und Saufen, Huren und Buben in meinem Hause; ich ließ mich gegen ihnen an, wie sie wollten, und sie mußten sich auch hinwiederum, wann sie nur einmal angebissen hatten, gegen mir anlassen, wie ichs haben wollte, also daß sie wenig Geld mit sich aus dem Quartier ins Feld trugen; worzu ich dann mehr als tausenderlei Vörtel zu gebrauchen wußte und trutz jedermann, der damals etwas darwider gesagt hätte. Ich hielt allezeit ein paar Mägd, die kein Haar besser waren als ich, ging aber so sicher, klüglich und behutsam damit um, daß auch der Magistrat, meine damalige liebe Obrigkeit, selbst mehr Ursach hatte, durch die Finger zu sehen, als mich deswegen zu strafen, sintemal ihre Weiber und Töchter, solang ich vorhanden war und mein Netz ausspannen durfte, nur desto länger fromm verblieben.
    Dies Leben führete ich etliche Jahr, ehe ich mich übel dabei befand, zu welcher Zeit ich jährlich gegen dem Sommer, wann Mars wieder zu Felde ging, meinen Überschlag und Rechnung machte, was mich denselbigen Winter der Krieg gekostet; da fand

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