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Die Lebensfreude

Die Lebensfreude

Titel: Die Lebensfreude Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emil Zola
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Gestade von Arromanches endlich hatte sie sprachlos, mit weit aufgerissenen Augen, das Herz von einem tiefen Seufzer geschwellt, dagesessen; von Arromanches nach Bonneville hatte sie trotz des Windes alle Minuten den Kopf zum Wagen hinausgesteckt, um das ihnen folgende Meer zu erblicken. Noch immer war das Meer da, es wird immer da bleiben wie etwas ihr Gehörendes. Langsam, mit einem einzigen Blicke schien sie von ihm Besitz zu nehmen.
    Die Nacht sank vom bleichen Himmel hernieder, an dem die Windstöße die zügellos dahin jagenden Wolken peitschten. Man unterschied inmitten der wachsenden Finsternis nichts als den blassen Streif der steigenden Flut. Es war ein weißer, stets sich ausbreitender Gischt, eine Folge von auf- und niederwogenden Feldern, die im sanften, wiegenden Dahingleiten alles mit Seetang überschwemmten und die Felsplatten überfluteten. In der Ferne aber war das Gebrüll der Wogen gewachsen, ungeheure Kämme krausten sich auf und ein tödlich-trauriges Dunkel lagerte am Fuße der Küstenfelsen auf dem verlassenen, hinter seinen Türen verrammelten Bonneville, während die auf der Höhe der Riesbänke zurückgelassenen Boote wie die Leichname großer, gestrandeter Fische dalagen. Der Regen tauchte das Dorf in einen rauchigen Nebel, nur die Kirche hob sich noch von einer fahlen Wolkenschicht in scharfen Umrissen ab.
    Pauline sagte nichts. Ihr kleines Herz war wieder schwer; sie unterdrückte den Atem und seufzte tief, ihr ganzer Odem schien über ihre Lippen zu entweichen.
    »Nicht wahr, ein bißchen breiter als die Seine ist das da?« sagte Lazare, der soeben hinter sie getreten war.
    Dieses kleine Ding überraschte ihn immer mehr. Seit sie da war, hatte ihn die Zaghaftigkeit eines großen linkischen Jungen befallen.
    »Oh ja!« antwortete sie sehr leise, ohne den Kopf zu wenden.
    Er wollte sie schon duzen, doch besann er sich eines Besseren.
    »Erschreckt Sie das nicht?«
    Jetzt sah sie ihn mit erstaunter Miene an.
    »Nein, warum? ... Ich bin gewiß, daß das Wasser nicht bis hierher steigen wird.«
    »Man kann es nicht wissen«, sagte er, einem Verlangen sie zu sticheln nachgebend. »Manchmal steigt das Wasser bis über die Kirche.«
    Sie lachte hell auf. Ihr sonst bedächtiges Persönchen überließ sich einem Ausbruch geräuschvoller, gesunder Heiterkeit, dem Frohsinn einer vernünftig denkenden, über jede Ungereimtheit sich belustigenden Person. Sie war es, die zuerst zu dem jungen Menschen »du« sagte und wie zum Spielen seine Hände ergriff.
    »Du hältst mich wohl für dumm, Vetter? ... Würdest du hier bleiben, wenn das Wasser über die Kirche ginge?«
    Da lachte Lazare ebenfalls und drückte die Hände des Kindes; beide waren von jetzt an gute Kameraden. Frau Chanteau kehrte gerade bei diesen Heiterkeitsausbrüchen in die Stube zurück. Sie schien glücklich und sagte, sich die Hände trocknend:
    »Die Bekanntschaft ist gemacht ... Ich dachte es mir schon, daß ihr beide euch verstehen würdet.«
    »Soll ich auftragen?« fragte Veronika auf der Schwelle zur Küche.
    »Ja, ja, mein Kind. Nur wäre es gut, wenn du vorher die Lampe anzündetest. Man sieht nichts mehr.«
    Die Nacht sank in der Tat so schnell hernieder, daß das Eßzimmer nur noch von dem roten Widerschein des Koks erleuchtet war. Das bedingte eine weitere Verzögerung. Endlich zog die Köchin die Lampe hernieder, und das Tischzeug erschien unter der Runde der lebhaften Helle. Jedermann nahm seinen Platz ein, Pauline zwischen dem Onkel und dem Vetter gegenüber der Tante. Plötzlich aber erhob sich diese noch einmal mit der Lebhaftigkeit einer alten, mageren Frau, die nicht stillsitzen kann.
    »Wo ist meine Reisetasche? ... Warte, mein Schatz, ich will dir deinen Becher geben... Nimm das Glas weg, Veronika. Das Kind ist an seinen Becher gewöhnt.«
    Sie zog einen schon verbeulten silbernen Becher hervor, den sie mit ihrem Mundtuche reinigte und vor Pauline hinstellte. Dann behielt sie die Reisetasche hinter sich auf einem Stuhle. Die Köchin reichte eine Nudelsuppe, wobei sie in ihrer mürrischen Art die Bemerkung machte, daß die Suppe viel zu lange gekocht habe. Niemand wagte sich zu beklagen: man hatte großen Hunger, die Brühe zischte in den Löffeln. Dann kam das Suppenfleisch. Chanteau, ein großer Feinschmecker, berührte es kaum und sparte seine Eßlust für die Hammelkeule auf. Als aber diese auf dem Tische erschien, war die Entrüstung allgemein. Das war ausgetrocknetes Leder, nicht zu genießen.
    »Ich weiß es

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